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Re: Frage (ich bin Voll-Laie) ; wasserdichte Rechtschreibautomatik



On Thu, Oct 14, 1999 at 09:46:41AM +0200, Jens Hoffmann wrote:
> Hi,
> 
> On Wed, Oct 13, 1999 at 05:16:04PM +0200, K.Peter Meyer wrote:
> 
> > Allerdings bei Linux-Commandline von Klarheit und Präzision zu sprechn -
> > tztztz
> 
> Wieso nicht.

Das Unix-CLI hat sich ueber die Jahrzehnte weiterentwickelt. Zum einen
haben sich unterschiedliche Dialekte entwickelt, bei denen gleiche
Befehlsoptionen desselben Programms unterschiedliches bewirken oder
bestimmte Optionen beim einen Dialekt existieren, beim anderen nicht.
Es herrscht Inkonsequenz, ob Optionsbuchstaben kombinierbar sind oder nicht,
ob sie ein vorangestelltes '-' haben muessen oder nicht, ob es im GNU-Stil
eine Langformgibt, ob ein Optionsargument an die Option angehaengt werden
muss oder einen separaten argv-Eintrag braucht, etc. Ausser ok (0) und Fehler
(1) gibt es keine Einheitlichkeit bezueglich der exit-Values, so dass man 
in Shell-Scripten (und davon gibt es auch etliche Dialekte) sich bei ordent-
lichen und portablen Fehlerbehandlung wirklich einen abbricht. POSIX hat da
wenig vereinheitlicht, sondern eher recht viel Etabliertes zusammengewuerfelt.
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele fuer fehlenden Klarheit und Praezision,
Inkonsistenz, Inkonsequenz, resultierend aus der historischen Entwicklung.

Es ist lediglich so, dass du und ich und jeder andere, der Unix trotzdem
(oder gerade deswegen) schaetzt, dass wir uns mit den Unix-Eigenheiten
arrangiert haben. Fortsetzung ...

> > Man benötogt eher ein gutes Langzeitgedächtnis für die ständig
> > unterschiedlichen Parameter.
> >
> 
> Ein externes Langzeitgedaechtnis existiert in Form der (hoffentlich)
> mitinstallierten Man-Pages.

... Die Man-Pages sind lediglich Eselsbruecken fuer die Wissenden. Als ich
mit Unix vor 15 oder mehr Jahren anfing, habe ich instinktiv das Richtige
getan, mich eine Woche hingesetzt und die zwei Meter der damaligen
PCS-Cadmus-Dokumentation *durchgelesen* - genau wie bereits Jahre davor
mit der PDP- und VMS-Literatur. Gegenueber letzteren Manuals ist das
Unix-Manual absolut saumaessig - selbst der Permuted Index (weiss jemand, der
nur in der Linux-Welt aufgewachsen ist, ueberhaupt noch, was das ist?)
ist nur dann verwendbar, wenn man bereits weiss, was man eigentlich sucht.
Wenn man allerdings genau das macht, naemlich alles erst mal lesen und sich
seine eigene Mindmap konstruiert, dann erscheint Unix logisch, wesentlich
logischer als zusammengehauener Windows-Kram, bei dem zwar ein hoch-
heiliger und -offizieller Style-Guide existiert, der aber bereits von M$
selbst um des optischen Gimmicks wegen jederzeit ueber den Haufen geworfen
wird (und eine Windows-Hilfe, welche vor allem die Bedienung der Online-
hilfe erklaert, ist keine Hilfe und noch ein paar Stufen unterhalb der
Unix-Manpages).

Es bleibt aber, unabhaengig vom gewaehlten Paradigma der Nutzung eines
Werkzeugs, stets die Notwendigkeit, sich mit den Besonderheiten des Objekts
auseinanderzusetzen. Man stelle sich etwa ein Lamento eines Bildhauers vor,
der sich beklagt, er muesse zum Bearbeiten um seinen Stein herumlaufen, weil
der bekloppte Entwickler seines Meissels ihm so ein gerades Eisen gegeben
habe und keinen abgewinkelten Eckmeissel, mit dem man um Ecken herum 
schlagen kann. Man wuerde den Bildhauer in die Klappsmuehle sperren. Beim 
Computer, der um mehrere Groessenordnungen komplizierter zu handhaben ist, 
erwartet nicht nur einen Eckmeissel ("ich will Einknopfbedienung: auf 
dem Knopf hat zu stehen: Loese Problem!"), sondern auch noch die Verwendbar-
keit ohne eigenes Investment. 

Menus sind hervorragende Strukturierungsmittel fuer Arbeitsablaeufe - wer 
keine ordentliche Arbeitsstruktur besitzt, wird in Menus ebenso suchen wie
auf einem unaufgeraeumten Schreibtisch und nichts wiederfinden - durch
letzteres "kreatives Chaos" definiert sich allerdings mangels anderer
sichtbarer Merkmale das selbsternannte Genie. Ich habe unlaengst im
Fernsehen einen Bericht ueber "Messies" gesehen (Mesnschen, welche
ihre Wohnung bis zur Decke mit Muell vollstellen, weil sie nicht in der
Lage sind, Dinge zu ordnen und zu strukturieren und so auch unfaehig sind, 
unwichtige Dinge wie Muell wegzuwerfen). Ich denke, im Computerbereich ent-
wickelt sich ein wesentlich schlimmeres Messytum, hervorgerufen gerade durch
das Desinteresse von Anwendern, sich mit dem Gegenstand auseinanderzusetzen
und eigene Strukturen und Strukturvorstellungen zu bilden. Ein Blick auf
einen graphischen Desktop zeigt bereits, wie es um den Anwender bestellt ist.
Mehr als 5 bis 7 (die "five-to-seven-Regel" bei Diagrammen) Fenster sind
nicht mehr zu ueberschauen - im wahrsten Wortsinne: weil sie sich teilweise
ueberdecken. Ein mit Icons uebersaeter Hintergrund ist ebenso unbrauchbar -
es kann mir niemand weismachen, er/sie muesste permanent mit 30 oder mehr
Dokumenten herumwirbeln und ein Griff in eine Schublade ("Folder", "Ordner",
"Directory", "Verzeichnis", "Menu", oder wie man die Metapher nennt) waere
zu kompliziert und zu aufw(a)endig (die Wand in auf"waen"dig ist da wohl
vor allem die Mauer im Kopf, an der geistigen (Auf-)Wendigkeit mangelt es).

> > Aber da fehtlt's dem Betreffenden ja bereits im Kurzzeitbereich. Insoweit
> > ACK
> 
> Och. Ich kann mir die Parameter auch nicht merken. Ist aber auch nicht noetig.
> Nach Lektuere diverser Handbuecher und allgemeiner Werke ueber Unix und Linux
> verstehe ich das System halbwegs. Daher reicht eine einfache Referenz...

Siehe oben. Du bist aber ein Fossil: es ist aus der Mode gekommen,
Handbuecher und Dokumentation zu lesen - beim Auto liest man die
Bedienungsanleitung ja auch erst dann, wenn man beim Platten den
Wagenheber sucht. Allerdings: wieviele Bedienknoepfe und -hebel hat so ein
Auto im Vergleich zu einem Computer mit zehntausenden unstrukturierten
Dateien und Programmen auf einer Platte? Und im Vergleich dazu suchen wir
trotzdem in einem begrenzten Volumen von ein paar Kubikmetern Blech nach
Wagenheber oder Warndreieck?

Hol "hat unlaengst eine Sonnenbrille im Auto wiedergefunden, stand so nicht
in der Bedienungsanleitung" ger

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