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Fitug-Stellungnahme gegen Softwarepatente?



Vor einer Woche war ich mit einer Delegation bei EU-Gesetzgebern,
eine Zusammenfassung unserer Vorstellung ist unter

	http://www.eurolinux/news/

zu finden.  Von dort aus kommt man auch zu Briefen mehrerer
Softwarefirmen, die ihre Bedenken vor gegen die Patentschutzausweitung
ausdruecken.

Eigentlich werden hier Regelungen durchgedrueckt, die weitaus
folgenreicher und schwerwiegender sind als alles, was auf debate@fitug.de
seit einigen Monaten die Gemueter erregt.

Letztlich geht es auch um die Durchsetzung einer Form der Zensur. Wer
kuenftig sich auf der Ebene einer Programmiersprache oeffentlich
ausdrueckt, muss damit rechnen, verklagt zu werden.

Maechtige Lobbies wollen in Europa diese Form der Zensur.  Selbst im
franzoesischen Industrieministerium haben sie sich diese Woche
durchgesetzt.  Unter der Moderation von INPI (Institut Nationale de la
Propriete Intellectuelle) wurde die entscheidende Sitzung ganz von
der Patentlobby bestimmt.  INPI selbst ist Teil dieser Lobby, aber sie
vertreten in diesem Falle den franzoesischen Staat.   

Gegen SWPAT stimmten nur aful.org und w3.org.  Abrahamatic, der Leiter des
W3C, warnte, das Internet sei nur moeglich gewesen, weil es zu seiner
Entstehungszeit keine Softwarepatente gab, und dank Softwarepatenten werde
das Internet zunehmend monopolisiert und unfrei werden.

Ebenfalls im Namen des Staates sprach Patentanwalt Breese, der sich
besonders durch von Unwissen strotzende, verleumderische Behauptungen
ueber Linux, GNU, Richard Stallman und AFUL einen Namen gemacht hat.

In Deutschland ist die Situation viel schlimmer als in Frankreich.
Frankreich legt immerhin wert auf Unabhaengigkeit von den USA.  Es hat
eine starke Lobby fuer freie Software, und selbst der Industrieminister
hat angemerkt, dass man auf die Folgen von SWPAT auf die freie Software
achten sollte und Vertreter von AFUL in die Beratungskommissionen
einbeziehen sollte.

In Deutschland wird, soweit ich erkennen kann, alles hinter verschlossenen
Tueren ausschliesslich von Patentjuristen entschieden.

Im wesentlichen geht es derzeit um die Aenderung des Europaeischen
Patentuebereinkommens.  Artikel 52.2 soll dahingehend geaendert werden,
das kuenftig Computerprogramme als solche (nicht mehr nur
computergesteuerte Industrieprozesse) patentierbar sein sollen.

Fuer diese Entscheidung gibt es keine vernuenftigen Argumente.  Dennoch
sind alle einflussreichen Leute dafuer.  Beweggruende sind, soweit ich
sehe:

(1) Gewohnheitsdenken:  Probleme, die frueher mechanisch geloest wurden,
    werden heute informatisch geloest.  Das Wesen der Sache hat sich
    geaendert, aber man moechte die gleichen Rechte wie frueher absichern.
    Sie sehen ihre Felle davonschwimmen und hassen freie Software 
    (es gab in Paris gehaessige Reden gegen freie Software, nicht nur
    seitens Breese.  Microsoft fuehrt derzeit auch eine Kampagne in
    dieser Richtung)
(2) Begriffliche Verwirrung:  Juristen wissen nicht, was Software ist.
    Sie verwechselen Software mit den bunten Kisten, mithilfe derer sie
    aus Marketinggruenden zu Hardware verkleidet wird.  Sie sind auch
    nicht in der Lage, zwischen Programm und Prozess zu unterscheiden. 
(3) Expansionsimus der Apparate: Patentaemter und Patentabteilungen wollen
    sich selbst erhalten.  Sie profitieren von einem komplizierten
    Rechtssystem.
(4) Interessen monopolistischer Konzerne, denen Rechtsunsicherheit
    nuetzt 
(5) Goldgraebertraeume: sehr viele kleine Leute hoffen, mit einer einzigen
    Idee das grosse Los zu ziehen und fuer alle Zukunft auszusorgen.

Es steht sehr viel auf dem Spiel, und es ist ein Skandal erster Ordnung,
dass Juristen meinen, diese Sache unter sich und ohne Teilnahme von
Sachkennern ausmachen zu wollen.

Hier ist FITUG gefragt.

Wir brauchen eine offizielle Erklaerung von FITUG.

Es gibt bereits die Arbeitsgruppe http://swpat.ffii.org/ag/, die auch dank
Sponsoren unsere Reise nach Bruessel finanziert hat.  Aber es waere
sicherlich nicht uebertrieben, wenn FITUG eigenstaendig aktiv wuerde.

Staatliche Behoerden haben unter Vorwaenden wie KiPo und Sicherheit
desoefteren die Funktionsfaehigkeit des Internet bedroht, aber keine
dieser Bedrohungen war so systematisch und zerstoererisch wie die durch
Softwarepatente.

Das sollten auch einige der Philosophen und Schoengeister erkennen, die
sich gerne zu allen moeglichen Themen aeussern.  Hier ist ein Thema, das
viel folgenschwerer ist als die meisten anderen. 

-phm