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Re: Bremse des Fortschritts...



On 14 Nov 99, at 8:07, Heiko Recktenwald wrote:

> Verstehe ich es richtig, DVDs kann man, wenn es nach dem Willen des
> Erfinders geht, nicht kopieren ?

Audio-CDs kann, technisch gesehen, jeder kopieren. Das wollten die 
Rechteverwerter bei DVDs schon auf der technischen Ebene verhindern, 
indem sie die technischen Spezifikationen durch Druck auf die 
Geraeteindustrie entsprechend ausgestalten liessen. Dies ist an sich 
schon bedenklich (Stichwort: "Kulturelles Erbe", was ist, wenn die 
zur Entschluesselung faehigen Geraete kaputt sind), aber nehmen wir 
mal an, die gewaehlte Kyptotechnik waere gut konstruiert. Dann wuerde 
der technische Kopierschutz funktionieren, und insoweit waere Ruhe im 
Karton.

De Facto haben die Rechteverwerter aber niemals die Absicht gehabt, 
eine technisch saubere Loesung implementieren zu lassen, denn sonst 
haetten sie nicht seit Jahren auf die diversen Gesetzgeber 
eingewirkt, Gesetze zu erlassen, die die Kopierschutzvorrichtungen 
nochmals zu schuetzenswerten Rechtsguetern zu erklaeren. Im Grunde 
genommen haben diese Kopierschutzmechanismen nur eine symbolische 
Funktion; ihre technische Sperrwirkung begrenzt sich auf Dummies und 
Laien. Wie mn bei CSS sieht, hat man sich offensichtlich noch 
nichtmal die Muehe gemacht, etwas "state-of-the-art"-Gemaesses zu 
schaffen. Der eigentlich intendierte Schutz soll dadurch 
funktionieren, indem die Oeffentlichkeit von den spezifischen 
Ressourcen abgeschnitten wird, die man benoetigt, um sich mit den 
Schwachstellen der Kopierschutzmechanismen auseinandersetzen zu 
koennen. Der rechtlich faktisch nicht durchsetzbare Schutz des 
digitalen Werkes als solches soll ersetzt werden durch einen 
rechtlichen Schutz der Kopierschutzeinrichtung, wobei man sich 
erhofft, dass der letztere einfacher durchsetzbar sein wird als der 
erstere.

Es gibt in der Rechtspolitik derzeit eine fatale Neigung, Zaeune zu 
bauen: Das eigentliche zu schuetzende Rechtsgut ist das 
Partizipationsinteresse des Urhebers. Darueber ist vor langer langer 
Zeit mal Konsens erzielt worden. Nun sieht man dieses Rechtsgut durch 
die digitale Kopierbarkeit gefaehrdet. Flugs zieht man einen Zaun in 
Gestalt eines "Ruehr-die-Kopierschutzmechanismen-nicht-an"-Gesetzes 
um das Partizipationsinteresse der Urheber herum und sperrt damit die 
Oeffentlichkeit auch aus Arealen aus, die sie eigentlich 
legitimerweise bertreten duerfen sollten. Wir werden es noch erleben, 
dass jetzt die Integritaet der Kipierschutzmechanismen wiederum zu 
einem schuetzenwerten primaeren Rechtsgut gemacht wird, und man wird 
einen weiteren Zaun ziehen, rings um die Kopierschutzmechanismen. 
Einen Anfag haben die im Zusammenhang mit dem CSS-Crack bekannt 
gewordenen rechtlichen  Schritte gemacht. Bald wird man sich ueber 
bestimmte Aspekte von Verletzlichkeiten von Kryptosystemen nicht mehr 
in der Oeffentlichkeit unterhalten koennten, wenn als Ausfluss der 
Eroerterungen auch Kopierschutzmechanismen gefaehrdet sein koennten. 
Usw. usf. Es wird eine Inflation von abstrakten 
Gefaehrdungstatbestaenden geben. Ich halte diese Entwicklung fuer 
gefaehrlich.

Axel