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Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Marquardt im Internet-Prozeß freigesprochen

Streit um elektronische Querverweise zu strafbaren Texten

Berlin (AP) Im bundesweit ersten Prozeß um elektronische Querverweise zu strafbaren Texten im Internet ist die PDS-Politikerin Angela Marquardt am Montag in Berlin freigesprochen worden. Amtsrichterin Meline Schröer sagte in der Urteilsbegründung, Marquardt sei nicht nachzuweisen gewesen, daß sie die strafbaren Inhalte der linken Zeitschrift "Radikal" kannte, als sie über einen Link auf ihrer Homepage eine elektronische Verbindung ermöglichte. Die grundsätzliche Frage, ob die Einrichtung von solchen Querverweisen im Internet strafbar sein kann, beantwortet das Urteil nicht.

Links sind nach Angaben des Zeugen Andrew Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club in einer speziellen Programmiersprache gefertigte Hinweise auf Adressen im Computernetz World Wide Web. Wird das entsprechende Feld auf dem Bildschirm mit der Maus angeklickt, wählt sich der Computer automatisch zu der Adresse und deren Angebote durch. Angela Marquardt, zeitweise stellvertretende PDS-Bundesvorsitzende, hatte nach Angaben ihres Anwalts im Dezember 1995 eine solche Verbindung zum Internet-Angebot von "Radikal" eingerichtet.

Gestritten wurde in dem Berliner Musterverfahren um eine Ausgabe der Untergrundzeitschrift, die etwa ein halbes Jahr später erschien und über einen niederländischen Anbieter im Internet abrufbar war. Darin wird unter anderem eine Anleitung zu Sabotageakten gegen Bahnlinien beschrieben und gebilligt. Die Staatsanwaltschaft wertete den "Radikal"-Artikel als Billigung sowie Anleitung zu Straftaten und Marquardts Querverweis als Beihilfe dazu. Sie forderte 3.000 Mark Geldstrafe.

Berliner Zeitung, 30.6.97, Nachrichtenticker

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft, JPL, 7.7.97
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