FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Phono-Industrie will Provider zu Hilfssherrifs machen

[Wenn es um Arbeitsplaetze geht, sollen alle anderen Ueberlegungen hintan stehen - so jedenfalls die von MP3 und anderen digitalen Verbreitungs-Verfahren moeglicherweise wegrationalisierten Berufe. Und - natuerlich - immer dieselbe Leier: Die Provider sollen kontrollieren, kontrollieren und nochmal kontrollieren. Vielleicht sollte sich die Phono-Industrie mit der CSU zusammentun, um einen Wunschzettel aufzustellen, was die Cyber-Hilfssherrifs aka Proviver so alles im Blick behalten sollen. --AHH]

http://www.mamo.de/redak/19990216/html/Article/r440000000_16798.html


Wirtschaft / 16.02.1999

Musikpiraten erobern das Internet

Industrie besorgt: Neue Technik erlaubt kostensparendes Herunterladen von Audiodateien

Von unserem Redaktionsmitglied

Jens Koenen

[...] "MP3 droht zur Massenbewegung zu werden, und das Problem ist das Auffinden der Quellen - anders als bei der physischen Piraterie mit gefälschten CD's", faßt ein Sprecher des Bundesverbandes der Phonografischen Wirtschaft in Hamburg die Sorgen der Musikbranche zusammen. Auf rund 10 Mio. DM beziffert er die Verluste durch Musikpiraterie im Jahr 1997. Im Laufe der Jahre sei durch gefälschte CD's immerhin ein Schaden von 110 Mio. DM entstanden. Das ist gemessen am Gesamtumsatz der Branche, der 1997 rund 5,4 Mrd. DM erreichte, allerdings ein relativ kleiner Anteil - nicht zuletzt dank des intensiven Vorgehens des Verbands gegen die Piraten.

[...]

Dies allerdings hört der Musikhandel wiederum nicht gerne. Schließlich wird er durch den direkten Verkauf von Musik über das Internet ausgeschaltet. "Noch ist das ganze in den Anfängen, wenn es aber durchgeht, sieht es für uns ganz bitter aus", so Rénée Genzel, Leiterin der Musikabteilung des Medienhauses Prinz in Mannheim. Letztlich seien auch Arbeitsplätze im klassischen Musikhandel bedroht. Helfen könne nur ein weltweites Schutzrecht und das dauere erfahrungsgemäß sehr lange.

MP3 stellt die Industrie und den Verband vor neue Herausforderungen: Die Anbieter der illegalen Musik wechseln ständig ihre Internetadresse, und einige Provider zeigen sich zunächst wenig kooperativ. "Der Gesprächskontakt ist nicht immer ganz einfach herzustellen, aber mit einigen Anlaufschwierigkeiten klappt es dann doch", berichtet der Verbandsprecher. So stellen sich einige Provider auf den Standpunkt, sie seien für die Inhalte generell nicht haftbar. Das sieht der Phonografische Verband freilich anders. Er fordert endlich klare Vorgaben der Politik. Es könne nicht angehen, die Provider von jeglicher Verantwortung freizusprechen, nur weil es momentan keine technischen Möglichkeiten einer Kontrolle gebe, heißt es beim Verband.

MP3 dürfe aber nicht generell verdammt werden, die Technik sei auch für die phonografische Industrie interessant. Aber sie müsse beherrschbar bleiben. "Es kann ja durchaus sein, daß morgen eine Kontrolltechnik erfunden wird", so der Verbandssprecher. "Der Provider muß verpflichtet werden, uns an den wichtigen Internetknoten nachschauen zu lassen, welche illegale Musik durchkommt", fordert er. Wenn die Musik erst auf dem freien Markt sei, sei eine Kontrolle unmöglich. "Dabei geht es uns nicht darum, von den Providern zusätzliche Gebühren für Urheberrechte zu kassieren, wir wollen nur die Kontrolle."


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