FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Leserkommentare zum Somm-Urteil

Hier haben Sie Gelegenheit Ihre Meinung zum Urteil gegen Felix Somm kund zu tun.

Spielregeln:

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Es ist sicher leicht, auf das Urteil zu schimpfen. Ebenso ist es
leicht, den Entgegnungen der Verteidiger zu folgen. Jedoch kann
dieses Urteil Bestand haben. Die formalen und juristischen Fehler
zu bekritteln ist wenig sinnvoll, wenn die Hauptschlagrichtung des Urteils in der Berufungsinstanz bestehen bleibt, weil man zu an Nebenkriegschauplätzen verweilte.

Diese Gefahr abzuwenden bedeutet zuerst einmal, den Urteilstext ernstzunehmen und dessen Hauptlinie zu erkennen. Eine mögliche Kurzfassung möchte ich beisteuern:

Zur Last gelegt werden Herrn Somm die Mittäterschaft bei der Verbreitung von gewalt-, kinder- und tierpornographischen Schriften in dreizehn Fällen.

Herr Somm ist als Geschäftsführer automatisch haftbar für die Taten der
Gesellschaft.

CompuServe Deutschland ist reiner Leitungsanbieter und 100% Tochter von
CompuServe USA. Als reiner Leitungsanbieter fällt eine Betrachtung des §5TDG weg. Ohne diesen Leitungsanbieter, wäre die Tat nicht möglich gewesen. CompuServe Deutschland hat nur den Zweck, CompuServe USA Kunden zuzutreiben. Deshalb gerät CompuServe Deutschland "in den Genuß" der Mithaftung.

"Die auf dem Newsserver gespeicherten und abrufbaren gewalt-, kinder- und tierpornographischen Darstellungen stellen eine Gefahrenquelle dar. Denn von ihnen geht die Gefahr von Fehlentwicklungen bei Kindern und Jugendlichen und von Kindesmißbrauch durch Erwachsene aus. Erwachsene könnten bei Gewaltpornographie Opfer von Tätern mit entsprechenden Neigungen werden."

Die Newsgruppen aus dem Bereich alt.sex(sic!) und alt.binaries.pictures sind am Namen als Verbreitungsmedium derartiger Pornographie zu erkennen. Nur Postings, die in den Gruppen on-topic sind, werden beurteilt¹. Es ist zumutbar, daß diese Gruppen überwacht werden oder nicht angeboten werden. Die Möglichkeit zur Sperrung demonstrierte CompuServe USA mehrere Wochen im Januar 1996 selbt.

Das Urteil ergeht, weil diese Sperrung aufgehoben und durch eine Filtersoftware ersetzt wurde. Durch Entfernen der Filtersoftware und Neuinstallieren anderer Software konnte nach der Aufhebung der Sperrung Zugang zu den Newsgruppen erlangt werden. Deswegen liegt eine öffentliche Zugänglichmachung vor, auch wenn diese nicht genutzt wurde.

Das Tatmotiv ist der schnöde Mammon. Die Handlung (Entsperrung) erfolgte gemeinschaftlich und vorsätzlich. "Der Angeklagte und CompuServe USA wußten nicht nur, daß auf dem Newsserver der Muttergesellschaft gespeicherte harte Pornographie i.S.d. §184Abs3 StGB für die Kunden in Deutschland abrufbar war, sie wollten dies auch." Dies geht aus den Erklärungen zur Entsperrung hervor.

Der Umsatzverlust und der Kundenverlust ist in Anbetracht des Gefahrenpotentials zumutbar. "Der Schutz der Jugend ist ein Ziel von bedeutsamem Rang und ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen, ebenso wie der Schutz Erwachsener, insbesondere vor sexuell motivierter Gewalt. Demgegenüber ist das Interesse von CompuServe USA an der Nutzungsbereithaltung von Foren für harte Pornographie für ihre Kunden in Deutschland nicht schutzwürdig."

Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt, "denn es ist zu erwarten, daß der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen wird und künftig auch ohne die Einwirkung den Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Insoweit ist beim Angeklagten eine günstige Sozialprognose zu stellen. Dies gilt insbesondere, als der Angeklagte nicht mehr Geschäftsführer von CompuServe Deutschland ist."

¹ Es wird also nicht gefordert, einen Newsserver voll zu kontrollieren.
Auch der Betrieb eines Newsservers ist nicht strafbar.

Lutz Donnerhacke (Mon Aug 3 16:18:21 MET DST 1998 )

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