FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Durchsuchung: Was ist zu tun?

(Protokoll eines Referats auf der /CL-Herbsttagung 1995)

Zur /CL-Herbsttagung: Rechtssicherheit in MailBoxen
Veranstalter: Kommunikation und Neue Medien e.V., München
Referent : padeluun, FoeBuD e.V., Bielefeld, AGfMB

Polizei und Staatsanwaltschaft vor der (Haus)Tür: Was tun, wenn MailBox-Betreiber(innen) angezeigt werden?

Was tun, wenn MailBox- und Firmenrechner einfach mitgenommen werden sollen? Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft Einsicht in Userdaten und in MailBoxrechner haben wollen, weil Raubkopien oder Pornos vermutet werden, die vielleicht arglistig eingespiet worden sind? Oft fehlt es Behörden an Information, was Datennetze überhaupt sind und was Eingriffe von Seiten der Behörden bewirken können. An mehreren Fällen der letzten Zeit wird exemplarisch dargestellt, wie bei solchen - begründeten oder unbegründeten Anzeigen zu verfahren ist.

Ich bin mit der Themenstellung nicht ganz glücklich. Denn keine 'vernünftige' MailBox hat in ihrem Angebot "Raubkopien" (Anmerkung 1) oder Pornografische Angebote (Anmerkung 2) - mich interessieren eher Themenstellungen, die damit zu tun haben, daß aus inhaltlichen Gründen eine Durchsuchung von der Staatsanwaltschaft beantragt wird. Zum Beispiel, daß User Texte einspielen, die unter den "Gummiparagraphen" 129a fallen. Und der Systembetreuung (oft aus Unkenntnis seitens der StA) "MittäterInnenschaft" unterstellt wird. Dieser Vortrag, den ich hier auf der /CL-Herbsttagung halte, richtet sich also an BetreiberInnengemeinschaften, denen Durchsuchungen wegen nichtlizensierter Software oder Porno-Gifs eher nicht drohen.

Dieser Text richtet sich auch an Strafverfolgungsbehörden, die sicherlich das eine oder andere lernen können. In diesem Bereich besteht ein großer Wissenbedarf, den dieser Artikel natürlich auch nur teilweise decken kann. Aber viele grundsätzliche Punkte sind angesprochen, die beiden Seiten helfen können, unnötige Härten und unnötige Arbeit zu vermeiden. Die Durchsuchungen bei uns waren unnötig. Es hätte mit einem einzigen Telefongespräch geklärt werden können. Für beide Seiten angenehmer (wir hätten natürlich auch zurückgerufen, um zu klären, ob wirklich die Kripo die gewünschte Useradresse abgefragt hat). Hätte die Kripo in Bielefeld sogar einen Login in der //BIONIC-MailBox gehabt, dann hätte der Befehl ANSCHRIFT ausgereicht, um diese gewünschte Adresse festzustellen (User können Adressen zwar auch gegen die Abfrage sperren, aber dann hätte es eben ein Anruf sein müssen). Da sich die //BIONIC neben der reinen Funktion eines wichtigen neuen Mediums auch als Experimentierfeld sieht, rechnen wir die bei uns erfolgte Durchsuchung einfach mit zum "Experimentierfeld" hinzu.

Wer mehr über diese Durchsuchung bei uns und die Hintergründe wissen möchte dem sei das Buch "Neonazis und Computernetze" von Burkard Schröder aus dem Rowohlt Verlag (rororo 14,80 DM) empfohlen.


Wie fast überall im Leben gibt es ein "Vorher", ein "Währenddessen" und ein "Nachher" Es empfiehlt sich, beim "Vorher" zu beginnen.

VORHER

Eine wichtige Vorausetzung haben Sie, verehrte Leserin, geehrter Leser, bereits erfüllt: Sie beschäftigen sich mit diesem Themenkomplex. Sie lesen diesen Text - haben sich vielleicht auch schon vorab intensiver mit der schwierigen Rechtsmaterie beschäftigt. Sie verschließen nicht die Augen und sagen schulterzuckend "mirdochegal", sondern sind wach und aufmerksam und gehen nicht fahrlässig mit dem Medium "MailBox / MailBox-Netze" um. Gratulation.

Ein, zwei Anmerkungen noch, die ich als Voraussetzung wichtig finde: Die MailBox-Scene in Deutschland (die speziell mit dem /CL-Netz eine weltweite Einzigartigkeit besitzt) hat sich aus einem Freakmedium mit viel 'anarchem' Einschlag heraus entwickelt. Mittlerweile ist die Scene, MailBoxbetreiberinnen und -Betreiber und deren Gemeinschaften, sehr erwachsen geworden. Es ist völlig klar, daß wir uns nicht in einem rechtsfreien Raum bewegen, sondern, daß uns die bereits jetzt geltenden Gesetze viele Rechte, Freiheit, Sicherheiten aber auch Pflichten auferlegt. Uns ist klargeworden, daß in einer Gesellschaft, die um einiges größer ist, als daß wir uns alle Namen und Gesichter merken können, Regelungen des Umgangs miteinander benötigt. Dabei benutzen wir die "schlechteste aller Regierungsformen" - die Demokratie - "aber wir kennen keine bessere". Einwurf aus dem Publikum: "Aber was für eine Demokratie!" - Wir haben eine Demokratie, die nicht perfekt ist, aber auf der schon ganz gut was aufgebaut werden kann. Unter anderem dafür, daß an einem Aufbau der Demokratie potentiell *alle* Menschen mitwirken können, haben wir das Medium Datennetze, besser: "Bürgerinnen- und Bürgernetze", geschaffen und arbeiten am weiteren Aufbau mit.

Die Rechtssprechung ist keine Angelegenheit, die 'Gerechtigkeit' schafft. Sie versucht - mehr oder weniger gleichmäßig - Ungerechtigkeit zu verteilen. Trotzdem ist eine Rechtsgebung schon einmal besser als gar nichts, auch wenn sie - gerade wenn wir am Aufbau von "Neuem" mitarbeiten - "Rechtssicherheit" nicht garantieren kann. 'Recht haben und recht bekomen' ist immer noch ein Unterschied (und das wird sich sicherlich auch nicht so schnell ändern) - und oft hat der Mensch oder die Gruppe mit dem kleineren Geldbeutel das Nachsehen. Hier ist dafür zu sorgen, daß wir uns - mit legalen Mitteln (das ist einfacher) - größere Geldbeutel beschaffen und wir müssen innerlich die in unseren Kreisen vorhandene "Ablehnung" des Rechts ablegen. Sicherlich war es wichtig, bestimmte Bestimmungen zu ignorieren (Modems ohne Zulassung zum Beispiel). Es ist gut zu wissen, daß wir jederzeit zu einem passiven oder aktiven Widerstand bereit wären. Aber es ist nicht nötig (außer wir wären hoffnungslose Polit-RomantikerInnen) permanent unter Beweis zu stellen, wie toll widerstandsbereit wir sind. Wir sind nämlich gar nicht 'gegen das System', sondern wir wollen das herrschende System verbessern. Das geht aber letztendlich auch nur, wenn wir selber tief begreifen, daß diese angestrebten Verbesserungen für ALLE Menschen eine Verbesserung darstellen, bzw. alle Menschen damit einverstanden sind. Was wiederum bedeutet, daß öffentliche Medien, denen wir uns bedienen, sowieso nicht 'konspirativ' sein dürfen, und wir uns im Umkehrschluß auch darum kümmern müssen, daß wir nicht nur "auf Vorfälle reagieren (womit wir dann immer ein bißchen zu spät dran wären" ), sondern, daß wir agieren - zum Beispiel die Gesetzgebung, die Rechtsauslegung, die öffentliche Meinung zum Wohle aller mit beeinflussen. Und niemand wird uns diese Einbringung verwehren - auch wenn das nicht bedeutet, daß uns irgendjemand rote Teppiche auslegt. Jedes Bit mehr an gesellschaftlicher Qualität erfordert die Herzen vieler Menschen, die sich dafür einsetzen. Und damit die Romantiker nicht einfach nur bei dem Wort "Herz" freundlich lächeln, schreibe ich auch noch dazu: Verdammt viel Arbeit und viel, viel Geld sind nötig.

Den Exkurs über Geld erspare ich uns an dieser Stelle einmal. Diejenigen, die sich nicht durch Geld korumpieren lassen, werden durch Geld nicht korumpiert und haben keine Angst davor; die anderen müssen das noch lernen ...

Diese einführenden Anmerkungen waren mir sehr wichtig - obwohl ich sie eigentlich als Selbstverständlichkeiten voraussetze. Die langen Einführungen habe ich mir von Erich Kästner abgeschaut.

Was hat das mit dem VORHER bei einer Hausdurchsuchung zu tun? Sehr viel. Bei einer Hausdurchsuchung geht es bei MailBox-BetreiberInnen erstmal nur um eins: Die Hardware soll nicht mitgenommen werden. Es ist zwar für viele /CL-Systeme kein Problem mehr, innerhalb weniger Viertelstunden Ersatzsysteme zu beschaffen, um wenigstens einen Notbetrieb in Gang zu bringen, aber ein komplettes Backup-System zu installieren dauert immerhin ein bis drei Tage. Alles andere ist erst einmal egal. Die Polizeibeamten haben den Auftrag, Beweise sicherzustellen - und genau das werden sie auch tun (sonst wären es 'schlechte' Polizisten).

Deshalb beschäftigen *Sie* sich *vorher* (u.a. jetzt) mit der Materie. Sie kennen wichtige Gesetze ("Fernmeldeanlagengesetz", "BTX-Staatsvertrag" und die Einschränkungen des Grundgesetzes Artikel 10 etc.) Sie brauchen die Gesetze nicht auswendig zu können. Es reicht, daß Sie die wenigen wichtigen Fundstellen kennen und kurz zitieren können. Sie zeigen damit, daß Sie sich auskennen - Vorsicht - verwenden Sie solche Kenntnisse niemals als Besserwisserei, sondern nur als Dokumentation Ihrer Kenntnis. Sie können Beamten niemals drohen oder unter direkten Druck setzen. 'Besserwisser' mögen die gar nicht (diese mögen Sie ja auch nicht - das ist also sehr verständlich) und es schwächt sofort Ihre Position. Bei der Durchsuchung, die ich bei der //BIONIC-MailBox erlebt hatte, war mein Einwand, daß ausgedruckte Textdateien kein "Beweis", sondern allenfalls ein "schwächerer Anscheinsbeweis" seien, ein für die durchsuchenden beamten ein deutlicher Beweis dafür, daß sie es hier nicht mit einem 'dummen Jungen' zu tun hatten. Allerdings wußte ich in diesem Moment auch genau, was gemeint war. Ein magisches Beschwörungsritual, wo ich nur "Fernmeldeanlagengesetz" rückwärts auszusprechen brauche und die Beamten werden sofort in die Wache zurückgebeamt - das gibt es nicht. Das wäre auch zu einfach und würde keinen Spaß machen. Lassen Sie Ihren Geist Funken sprühen.

Was kann VORHER noch getan werden? Nicht lachen - bringen Sie Geschäftszeiten an Ihrer Tür an. Das hat vermutlich wenig Sinn, wenn Ihre MailBox in Ihrer Privatwohnung steht. Aber da gehört ein sorgsam geführtes MailBox-Unternehmen sowieso nicht hin. Eine MailBox hat für alle MitarbeiterInnen jederzeit und für KundInnen zu festgelegten (und regelmäßigen!) Zeiten erreichbar zu sein. Bei uns in Bielefeld ist das die Zeit Montags bis Freitags, 14 bis 18 Uhr. Darauf können sich unsere Benutzerinnen und Benutzer verlassen; auch die Polizei. Also ist es nicht nötig, morgens um fünf vor der Tür aufzutauchen und - notfalls mit Schlosser im Schlepptau - die Tür aufzubrechen. Und erspart somit Ihnen, in Unterwäsche und blutleerem Gehirn einer Horde freundlicher, gutgekleideter Herren gegenüberzustehen. Also: Wenn der Polizeimann morgens klingelt - wenigstens einen gutausehenden Morgenmantel anziehen, Strümpfe und ordentliche Schuhe. Schließlich wollen Sie sich ja ihrem Gegenüber ebenbürtig fühlen.

Ihre Geschäftsräume sollten ordentlich aussehen. Sauber, aufgeräumt. Bedenken Sie: Die meisten Polizisten haben Ihr ganzes Leben lang mit dem Schmutz anderer Menschen zu tun. Da freut es sie richtig, wenn Sie mal mit 'ordentlichen' Leuten zu tun haben. Originalaussage eines LKA-Beamten: "Ich habe schon hunderte von Durchsuchungen bei MailBoxen gemacht. Immer war es ein voll verdrecktes Zimmer, ein Trampelpfad zum Rechner, der in Einzelteilen rumlag und ein feist grinsender Kerl, der meinte, daß er schlauer sei als ich...". Er gratulierte uns ausdrücklich zu unserer //BIONIC. Sowas hatte er eben noch nie zu sehen bekommen. Aber vernünftige politische MailBoxen bekommen eben seltener bis nie Besuch von der Staatsmacht. Ich erwähnte natürlich auch, daß die //BIONIC Gründungsmitglied der AGfMB (Arbeitsgemeinschaft freier MailBoxen e.V.) sei und erklärte kurz, was das ist. Der LKA-Mensch hatte schon davon gehört.

Durchsuchungen kommen nie überraschend - lediglich der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt. Drei Monate vor der Durchsuchung der //BIONIC gab es bereits von der Staatsanwaltschaft in Nürnberg (oder war es Erlangen?) eine Pressemitteilung über die Durchsuchungsabsicht bei uns.

Was eher überraschend ist, wie schnell in Deutschland eine Durchsuchung angeordnet ist. Speziell in unserem Fall häte es vollkommend gereicht, wenn die Ermittlungsbehörden sich aus allgemein zugänglichen Quellen informiert hätten. Bei der Durchsuchung der LINK-GOE hätte sogar eine Auskunft einer Buchhandlung gereicht. Hier sollten sich die Ermittlungsbehörden mal Gedanken machen, ob in einer Demokratie so etwas Gravierendes wie ein Einbruch in die Privatsphäre, so schnell statt vernünftigem kriminalistischem Ermitteln statthaft ist. Aber ich will nicht vom Thema abkommen...

Kennen Sie eine Rechtsanwältin oder einen Anwalt? Kennen Sie die Telefonnummer auswendig? Auch die Privatnummer? Nein? Schon verloren. Feuerleitern sind noch nie dann gebaut worden, wenn das Haus bereits in Flammen steht. Selbstverständlich gehört zu Ihrem Leben in und für die Öffentlichkeit ein gutes vertrauensvolles Verhältnis zu einem Anwalt. Wenn Ihnen ein User hundert Mark Nutzungsentgelte schuldet, lassen Sie einfach mal einen Anwalt ein Mahnverfahren einleiten. Rät er Ihnen nicht davon ab, dann vergessen Sie ihn. Sie brauchen einen Anwalt, der Sie gut berät und nicht *nur* auf sein Einkommen achtet. Wie nun genau Sie *den* Anwalt finden können, da kann ich kein abschreibefertiges Rezept bieten. Vielleicht nur soviel: Er sollte nicht jede Gesetzeslücke ausnützen, Moralist sein und ihm sollte der Rest der Welt nicht egal sein. Es gibt wenig Schlimmeres, als schmierige Rechtsverdreher. Aber er sollte genauso auch bissig sein können. Schließlich haben *Sie* recht - und nicht die anderen. Falls nicht, sollte es Ihnen Ihr Anwalt - quasi wie ein guter Freund - erklären. Sorgen Sie aber dafür, daß Ihnen Ihr freundlicher Anwalt auch Rechnungen für die Rechtsberatung stellt. Anwälte, die kostenlos arbeiten, taugen nur in sehr, sehr seltenen Fällen was.

Noch etwas: Wenn Sie bei einem Notfall, wie es eine Hausdurchsuchung darstellt, Ihren Anwalt brauchen, wird er garantiert gerade nicht im Büro sein. Sondern auf Termin im Amtsgericht oder (schauder) im Urlaub. Trotzdem wird Ihr Anwalt zehn Minuten später auf der Matte stehen - oder sein Büro hat für Ersatz gesorgt. Sein Büro, nicht Sie selbst, suchen dann einen anderen Anwalt - Sie haben nämlich gerade anderes zu tun. Nämlich eine Durchsuchung leiten. (Leiten? Ja, klar doch ;-) Wenn Sie wirklich keinen Anwalt finden, dann nehmen Sie den, den Ihre Eltern oder Tante Hilde und Onkel Karl immer nehmen...

Wir kommen (endlich) zum WÄHREND

Es klingelt. Und Sie wissen sofort Bescheid. Auch wenn die Leute vor der Tür überhaupt nicht nach Kriminalbeamten aussehen. Als erstes kommt der Austausch von Formalitäten. Sie bitten die Herren freundlich herein. Nur selten wird eine Wohnung gestürmt und Sie mit Pistole im Nacken auf den Boden gezwungen. Falls doch: Freundlich bleiben. Freuen Sie sich: Man hat Sie für 'richtig gefährlich eingeschätzt'. Sie leisten keinerlei Widerstand. Sie erklären nur freundlich, daß Sie unbewaffnet sind und nicht gedenken irgendwelchen Widerstand zu leisten. Hier müssen Sie sich einfach klarmachen, daß der nette Beamte Ihnen ja gar nichts Böses will, der würde auch viel lieber die tolle Software von der Durchsuchung gestern ausprobieren ;-) Sie kennen das vielleicht von Demonstrationen: Ein Polizeibeamter möchte gerne Ihre Personalien feststellen, weil Sie ihm irgendwie aufgefallen sind. Er kommt also auf Sie zu, faßt Sie am Arm oder stuppst Ihnen in den Rücken und sagt Ihnen, daß Sie den Platz, auf dem Sie gerade stehen, zu räumen haben. Die "normale" Reaktion ist "ey, faß mich nicht an" zu sagen. Das ist falsch. Sie sagen einfach: "Selbstverständlich", und freuen sich, daß Ihnen der nette Polizeibeamte mit Zerren und Stuppsen den Weg zeigt. Sie werden einfach nicht böse und die ersehnte Personalienfeststellung fällt leider aus. Es gibt keinen Anlaß, denn Sie haben keinen "Widerstand gegen die Staatsgewalt" geleistet. Lernen Sie die Technik der Deeskalation. Aikido kann dabei sehr hilfreich sein.

So ähnlich werden Sie sich auch in Ihrer Wohnung bei einer Durchsuchung verhalten. Ich möchte vorausfügen, daß sich bei allen Durchsuchungen, die ich bisher erlebt hatte (es waren zwei ;-) die Beamten sich *sehr* korrekt verhalten haben. Das mag an dem guten Klima in Bielefeld liegen oder an Polizeipräsident Kruse, der vielleicht entsprechende Dienstvorschriften von seinen Beratern verfassen ließ, aber auch in anderen Teilen Deutschlands verhalten sich Polizisten selten wie die GSG9 (wobei deren Verhalten - dem Lehrbuch nach - auch nur der Deeskalation dient).

Sie sind jetzt erst einmal nicht mehr Herrin oder Herr im eigenen Haus. Sie machen keine hastigen Bewegungen und nähern sich nicht irgendwelchen Lichtschaltern oder gar dem Computer. Am besten, Sie stehen mitten im Zimmer und atmen tief durch. Versuchen Sie innerlich ruhig zu sein. Ich komme mir zwar auch immer sehr 'cool' vor, aber in solchen Situationen überkommt auch mich stets ein unangenehmes Zittern. Ärgern Sie sich nicht, das ist normal. Brechen Sie am besten nicht in Tränen aus, das können Sie hinterher noch tun, wenn alles vorbei ist. Est einmal müssen Sie da durch.

Fragen Sie freundlich nach dem Grund und nach dem Durchsuchungsbeschluß. Der Staatsanwaltschaft ist da vermutlich schon der erste Fehler passiert (falls die nicht vorher diesen Text gelesen haben). Es fehlt der Hinweis, daß der Durchsuchungsbeschluß das FAG (Fernmeldeanlagengesetz) berücksichtigt. MailBoxen unterliegen nach dem BTX-Staatsvertrag eindeutig dem besonderen Schutz des FAG. Fordern Sie freundlich eine Nachbesserung. Mit den Worten "Da steht das Telefon" helfen Sie den Herren, diesen Vorgang in Bewegung zu setzen. Wenn die Ihnen das nicht glauben, ziehen Sie einen Artikel von Franz Werner-Hülsmann (oder anderen Juristen) aus dem Aktenordner (vergessen Sie nicht, vorher zu fragen, ob Sie das dürfen. Sie sagen: "Ich habe dazu Rechtsliteratur, sie steht in dem und dem Schrank mit der Ordnerbeschriftung 'MailBox-Recht' im dritten Fach von unten". Ich selber habe den Herren noch die Broschüre "Netze in den Maschen der Gesetze" von Rechtanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth geschenkt.) Unser MailBox-Medium ist neu. Sie können nicht davon ausgehen, daß nun zufällig ein Polizist sich mit dieser Thematik auskennt. Schließlich steht davon noch nichts im Polizeikalender (sowas ähnliches wie das "Schlaue Pfadfinderbüchlein" von Tick, Trick und Track). Aber auch Polizeibeamten sind lernwillig und -fähig. Und so eine Durchsuchung kann ja auch als kostenloses Bildungsseminar angesehen werden. Dann sind sie wenigstens nicht ganz erfolglos gekommen... Aufschiebende Wirkung hat das nicht. Es handelt sich lediglich um eine Formalie (Sie können natürlich auch darauf bestehen, daß die Durchsuchung zu einem späteren Zeitpunkt, aus formellen Gründen, noch einmal wiederholt wird ;-) Es gibt im Strafgesetzbuch auch einen Paragraphen, der sich mit einem "Gefährlichen Eingriff in eine Fernmeldeanlage" beschäftigt. Ich habe das noch nicht näher prüfen lassen, aber der ist ziemlich heftig (und kann übrigens auch dann zum Zuge kommen, wenn ihnen ein lieber Feind den Zugang abdreht). Auch Ermittlungsbehörden haben sich an die Gesetze zu halten; deshalb darf der Zusatz FAG im Durchsuchungsbeschluß nicht fehlen. Denken Sie aber daran: Damit wird sich hinterher beschäftigt. Eventuell wird ein Richter oder Staatsanwalt ein paar Schwierigkeiten bekommen, aber jetzt müssen *Sie* dafür sorgen, daß Ihre Fernmeldeanlage unangetastet bleibt.

Ach ja, Ihre Anwältin haben Sie zu diesem Zeitpunkt schon informiert. Sie dürfen auch eine Vertrauensperson hinzuziehen, zum Beispiel den Freund aus dem Haus nebenan. Die Polizei selbst bringt meist einen Stadtbediensteten als Zeugen (für Sie) mit, weil Sie auf die Anwesenheit einer Nicht-Polizeiperson bestehen könnten. Der Bedienstete der Stadt darf dann natürlich gehen, wenn Sie keinen Wert auf ihn legen. Immerhin ein fremder Mann weniger in der Wohnung.

Dann erkundigen Sie sich, wer die Durchsuchung leitet und merken sich den Namen (um Visitenkarte bitten), aber Namen merken ist nie falsch. Es ist einfach besser, wenn Sie auch Polizisten mit ihrem Namen anreden - wie im sonstigen Geschäftsleben auch. Dann fragen Sie, wer der Computerspezialist ist. Wenn Sie Glück haben, sind richtig gute Spezialisten vom LKA dabei. Warum Glück? Die sind sich dann nämlich sicher, daß Sie Ihnen kein X für ein U vormachen. Denn die haben in ihrem Leben schon mehr seltsame MailBox-Systeme gesehen, als Sie jemals zu Gesicht bekommen werden.

Erklären Sie ihm den Aufbau Ihres MailBox-Systems. Nützlich war bei uns, daß ich eine anschauliche Grafik bereit hatte, auf der genau aufgeführt war, wo welcher Server mit welcher Workstations vernetzt ist und welche Funtionen die einzelnen Komponenten in unserem Netz haben. Das erleichtert die Arbeit der Kollegen enorm.

Sie selber wissen schon längst, welche Informationen die Herren nun wirklich benötigen. In unserem Fall war das der Inhalt des Brettes /T-NETZ/PYROTECHNIK und die Adresse eines Users. Mitnichten also der Gesamtbestand. Nun erklärte ich den Herren erst einmal, was unsere MailBox eigentlich ist. Die kennen nämlich bisher nur von mir so genannte "Dreckssysteme" (Anmerkung 3). Auf die Frage, wieviel Plattenplatz unser System hätte, antwortete ich "vier Gigabyte", worauf der LKA-Mann sagte, daß das üblich sei. Ich verneinte. Denn auf unserem System liegt keinerlei Software (bis auf PGP, TELIX, CROSSPOINT und McAffee), sondern ausschließlich Texte. Das war verblüffend für die Fachleute. Und ein hervorragender Einstieg zu erklären, was wir mit unserem System eigentlich machen. Schließlich warteten wir noch auf den Anwalt; ich hatte gebeten, daß die Durchsuchung erst begonnen wird, wenn der Anwalt da ist.

Ich erklärte, daß die //BIONIC unter das FAG fällt ("Hrm"), ein laufendes Redaktionssystem (viele Journalisten arbeiten hier und ich wies auch meinen Presseausweis vor) ist ("Quatsch, MailBoxen haben mit Presse nichts zu tun"), daß die //BIONIC ein wichtiger Netzknoten ist und die Beschlagnahme einen größeren Teil der politischen Datennetze erst einmal lahmlegen würde ("uns doch egal") und daß wir die Friedensgruppen in Ex-Yugoslavien mit Informationen versorgen und sie eine schlechte Presse hätten, wenn sie das System lahmlegen würden. Kommentar: "Schlechte Presse interessiert uns nicht." Womit die Herren recht hatten, die hat sie auch nicht zu interessieren, wie sollten sie sonst ihren Job machen. "Gut", sagte ich. "Wenn Sie heute abend aber Fernsehen gucken und sehen, daß soundsoviele Menschen in Sarajevo gestorben sind, weil Hilfstransporte nicht ankamen, dann haben Sie ein schlechtes Gewissen...". Darauf kam kein Kommentar. Wir stellen fest: Polizeibeamte haben ein Gewissen.

Erstaunt war man auch, daß sowohl CDU, als auch SPD, die Grünen, JUSOS, die Gewerkschaften etc. das System nutzen.

Ich machte deutlich: "Sie benötigen zwei Sachen. Den Brettbestand von /T-NETZ/PYROTECHNIK und die Adresse von C., der die beanstandete Nachricht geschrieben hat. Nichts weiter." Der leitende Beamte telefonierte mit der Staatsanwalt, die weiterhin auf die Beschlagnahme bestand. Ich ging mit dem LKA-Spezialisten schon einmal nach unten. Für die FoeBuD-Räume, wo das eigentliche System steht, gab es zwar überhaupt keinen Durchsuchungsbeschluß, aber ich wollte nicht kleinlich sein. (Im Zweifelsfall kommt sowieso die Klausel "Gefahr im Verzug".) Außerdem wollten wir ja alles schnell und problemlos hinter uns bringen.

Hier erklärte ich noch einmal die gesamte Anlage. Die Modem interessierten nur am Rande. Sie wären aber sicherlich genauer angeschaut worden, wenn ich mich "störrisch" angestellt hätte. Natürlich haben nicht alle Modems eine Zulassung - zumindest damals nicht. Heute sind Modems ohne die dummen Beschränkungen einer Zulassung leider fast nicht mehr zu bekommen...

Wieder oben angekommen telefonierte der Leiter der Aktion immer noch (oder schon wieder) mit der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft bestand immer noch auf der Mitnahme des Komplettsystems. Zwischenzeitlich setzte sich der LKA-Spezialist an den Rechner und ich klärte ihn auf, daß (ich war natürlich eingeloggt) er alle Superuserrechte hätte und bitte sehr vorsichtig sein solle... Er überzeugte sich von den Platten und deren Größe im Server etc. Als es dann um die Suche nach bestimmten Daten ging (von denen ich nicht genau wußte wo sie lagen), ließ er mich nach einem langen prüfenden Blick selber an den Rechner. Bevor ich etwas eintippte, erklärte ich jetzt jedes mal, was ich nun als nächstes tun würde. "Ich rufe jetzt den Norton Commander auf" - nicken - mit zwei Fingern langsam eintippen - nicken - dann erst auf Return drücken. "Ich drücke ALT-F7 um die Datei zu suchen" - nicken - warten - Return drücken. Und so weiter. Eine falsche Bewegung - und das Vertrauen ist dahin. Polizisten sind es gewohnt, daß sie belogen werden und daß jemand versucht sie auszutricksen - deswegen sind vorsichtige Bewegungen einfach angesagt.

An meinen Arbeitsrechner wurde ein portabler Streamer angeschlossen und die dafür bestimmte Software - nach Nachfrage und meiner Erlaubnis - auf meinem Rechner installiert (das beschleunigt die Ausführung). Über den Datenbestand des Brettes wurde eine Prüfsumme berechnet (die fehlerhafter Weise nicht auf dem Protokoll der Durchsuchung vermerkt worden ist. Diese Prüfsumme ist dafür da, daß nicht behauptet werden kann, daß die Daten von den Ermittlungsbehörden nachträglich verändert worden sind. Ohne Angabe der Prüfsumme auf dem Protokoll - das ja von mir unterschrieben worden ist - ist das allerdings nutzlos.). Und dann wurde der eigentliche Brettinhalt auf Streamer gesichert.

Nebenbei: Diese Streamer sind zu klein, um alle Daten von einer MailBox zu sichern. Hier sollte die Polizei dringend mit größeren externen DAT-Streamern ausgestattet werden.

Zwischenzeitlich bekam ich mit, wie der Beamte am Telefon seine Trumpfkarte aus dem Ärmel holte: "Die Beschlagnahme der //BIONIC-MailBox würde nicht die Verhältnismäßigkeit der Mittel garantieren". Damit war das Thema vom Tisch. Es ist schön, wenn man Fachleute auf seiner Seite hat. Dieser Satz war mir selbst nämlich nicht eingefallen... An dieser Stelle einen Dank an den Beamten vom Staatsschutz, der sehr verantwortlich gehandelt hat.

Einen Knackpunkt gab es noch. Bei MailBox-Durchsuchungen sind die Kriminalbeamten es gewohnt, stets die gesamte Userliste mitzunehmen. Die Herausgabe verweigerte ich. Begründung: "Keine/r der eingetragenen User/innen, hat mit dieser Angelegenheit etwas zu tun." Lediglich der *eine*, um dessen Nachricht es ging. Diese Adresse gebe ich heraus, aber sonst keine, schon allein aus datenschutzrechtlichen Gründen. "Aber bei uns sind die Daten doch sicher", meinte der LKA-Mann. Ich grinste etwas schief: "Ich lese auch Datenschutzberichte." Damit war auch dieses Thema vom Tisch. Ich suchte die Adresse heraus und die Beamten verglichen diese mit dem bereits fertig ausgeschriebenen Durchsuchungsbeschluß für C. Alles korrekt, die Hälfte der Mannschaft setzte sich ins Auto, um zu C. zu fahren.

Soweit der Erlebnisbericht. Ich denke, daß Sie einige Tips daraus entnehmen können. Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt (ich verweise auf das Kapitel NACHHER, das eigentlich zum Großteil zum Kapitel VORHER gehört) leider keine Möglichkeit, einfach 10-20 Punkte aufzschreiben und gut. Das gehört zur Avantgarde der Netzarbeit dazu, flexibel auf Anforderungen zu reagieren und dabei Bestand zu haben. Noch ein paar weitere Hinweise:

Sie werden Ihrer Anwältin eine Vollmacht unterschreiben, daß sie für Sie Tätig geworden ist. Auf dieser Vollmacht sollte nicht stehen "Wegen Durchsuchung", sondern "Wegen Beschlagnahme". Falls nichts beschlagnahmt wird, bitten Sie die Beamten, wenigstens einen Werbeprospekt Ihrer MailBox zu beschlagnahmen. Dann müssen Sie nämlich nicht selbst für Ihren Anwalt aufkommen, sondern diese Kosten trägt dann die Staatskasse (wenn das Verfahren eingestellt wird). Eine Rechtsschutzversicherung kommt dafür *nie* auf.

Es kann natürlich auch sein, daß Sie den Inhalt des persönlichen Postfachs einer Userin oder eines Users herausgeben müssen. Dazu sind sie derzeit gesetzlich verpflichtet ("Erweiterung des G10"). Bei fast allen MailBox-Systemen sind diese Daten im Klartext lesbar im Betriebssytem abgelegt. Also kein Problem. Da aber die meisten vernünftigen MailBoxen ZERBERUS verwenden (hier sollte ich vieleicht darauf hinweisen, daß ich Mitgesellschafter der ZERBERUS GmbH bin), werden Sie nur verschlüsselte Daten herausgeben können. Nach der neuen Telekommunikationsverordnung wären Sie allerdings verpflichtet, diese Daten entschlüsselt bereitzustellen, so daß die Ermittlungsbehörden, diese bloß noch abrufen brauchen. (Als Anmerkung sei hinzugefügt, daß dieses Ansinnen einer Demokratie nicht gerecht wird. Da müssen die Damen und Herren PolitikerInnen noch einmal nacharbeiten.) Diese Daten sind verschlüsselt abgelegt, damit Systembetreiber nicht in der Persönlichen Post ihrer UserInnen herumschnüffeln können. Es gibt keinen Weg (abgesehen davon, sich ein Programm zu hacken, das den Code knackt) diese Daten zu entschlüsseln. Die ZERBERUS GmbH wird niemals ein Programm in Umlauf bringen, das allen Systembetreibern ermöglicht diese Daten zu knacken. Sie können diese Daten maximal zu uns einsenden und wir könnten versuchen, ein Programm zu konstruieren, das das Postfach dieses einen User entschlüsselt. Da aber schon bei der Cryptierung des Userpasswortes ein Einwegverfahren verwendet wird, ist das nicht einfach. Es würden Kosten von bis zu mehreren 10.000 DM entstehen, die Sie in der Regel nicht tragen könnten (aber müßten). Zeit also, sich mit der Telekommunikationordnung zu beschäftigen und etwas 'dagegen zu unternehmen'.

Ich halte es auch nicht für rechtens, daß eine Verteilerliste beschlagnahmt wird. Dazu fehlen mir aber momentan die genauen Kenntnisse der gesetzlichen Gegebenheiten. Auch hier könnten (zu viele) Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch Verbindungsdaten dürfen nicht so einfach beschlagnahmt werden. Die haben auf einer MailBox nicht vorhanden zu sein. Sie verstoßen bereits heute gegen geltendes Datenschutzrecht. Ebenfalls Daten, wann sich welcher User in das System eingeloggt hat. Also: Gewöhnen Sie Ihren Systemen ab, zuviel mitzuspeichern.

Noch ein paar Fälle:

Bei einem unserer Bekannten wurde der Rechner wegen "Raubkopien" beschlagnahmt. Dummerweise zwei Tage vor Abgabe einer Diplomarbeit. Auf Anraten unseres Anwalts machte er einen Termin mit der Kripo, bestätigte, daß nicht lizensierte Software auf dem Rechner war (wer hat die nicht...?) und löschte diese Programme unter Aufsicht. Er konnte anschließend den Rechner wieder mitnehmen. Wie kam es zu der Beschlagnhame bei ihm? Ganz einfach: Sein Name war in mehreren "Dreckssystemen" der Umgebung in den Userlisten gespeichert. In der Anfangsphase seiner DFUe-Erfahrungssammlung hat er sicherlich auch 'gesaugt wie blöde' (wer hat das nicht...?). Diese Phase war zwar schon lange (über drei Jahre) vorbei, aber Gottes Mühlen mahlen halt langsam.

Wobei es nicht so gefährlich ist, wenn man sich *mal* in solchen Systemen umgeschaut hat (wer hat das nicht...?). Ein Paderborner Staatsanwalt meinte mal lächelnd zu mir (nachdem er die Praxis des Userlistenabgleichs erläutert hatte), daß es mir doch wohl aufgefallen sei, daß weder die //BIONIC noch die HSP (in Paderborn) jemals mit einer Durchsuchung wegen "Raubkopien" behelligt worden sei. Auf deutsch: Ganz blöd sei er schließich ja auch nicht ;-)

Noch etwas lernen wir: Von wichtigen Texten haben wir immer eine Sicherheitskopie außerhalb der eigenen Räume aufbewahrt (Es gab schon Einbrüche in Universitäten, wo plötzich eine verzweifelte Studentin auf eine leere Tischplatte starren mußte...)

Bei einer Beschlagnahme nützt kein Jammern und Wehklagen. In Hamburg wurden im Zuge des Nasa-Hacks alle Rechner von Steffen Wernery und Wau Holland einbehalten. Damit war die Lebenserwerbsbasis von beiden zunichte gemacht. Dazu befragt meinte der damals zuständige Oberstaatsanwalt Giessler, daß ja schließlich das Sozialamt helfen würde. Das glaubte er wirklich... Naja. Man müßte sich dann etwas einschränken...

Zum NACHHER (was teilweise eigentlich zum VORHER gehört)

Weisen Sie die freundlichen Beamten darauf hin, daß für die meisten Ermittlungsfälle auch das Ausfüllen eines Userantrags reichen würde. Dann hätten sie vollen Zugriff auf das System und brauchen nicht mehr zu denken, daß das ein 'konspiratives Medium' sei. Dank InternetHype hat sich an dieser Meinung ja sowieso schon einiges geändert.

Machen Sie Ihrem (durchaus verständlichen) Ärger nicht über das Netz Luft. Es sieht wirklich blöde aus, wenn man - wie es ein Münchner Sysop mal machte, erst einmal eine Hasstirade auf "die Bullen" losließ und Rechtsanwalt Günter von Gravenreuth Schläge mit Todesfolge androhte. Sowas zeugt von schlechtem Character und einer nicht gerade guten Kinderstube.

Informieren Sie - wenn Sie wollen - sachlich das Netz. Schicken Sie eine Persönliche Nachricht an "Kommunikation und Neue Medien e.V.", an den "FoeBuD e.V." und die "AGfMB e.V." (Adressen im Anhang) - Und geben Sie sich nicht die Blöße, dabei nach einem Rechtsanwalt zu fragen. Ich kenne drei Rechtsanwälte, die sich in dieser Materie auskennen. Wenn ich das richig einschätze, ist keiner davon an dem Amtsgericht, das für Sie zuständig ist, zugelassen. Das MUSS vorher geregelt sein. Aber besser ein unbekannter Anwalt als gar keiner. Im Zweifellsfall müssen Sie sich doch einfach einen aus dem Telefonbuch klauben. Aber das ist nur was für Luser... Profis kennen ihren Anwalt vorher ;-)

Zu tun ist: Gesellschaftpolitische Lobbyarbeit. Mitgestaltung von Dienstvorschriften. Seminare für Richter, Staatsanwälte und die Polizei. Hier wären unter anderem auch die (Landes-)Zentralen für politische Bildung angesprochen. Öffentlichkeitsarbeit. Diese Arbeit MUSS koordiniert werden. Viele Köche schaden dem Brei mehr, als daß sie den (Informations-)Hunger stillen können. Werdet z.B. Mitglied in der AGfMB. Das ist ein Verein, der sich genau dieser Thematik verschrieben hat und für UserInnen genauso da ist, wie für SystembetreiberInnen- Gemeinschaften (oder Einzelgesellschaften). Der Verein hat sich (natürlich) noch nicht konsolidiert (sprich: Hat noch viel zu wenig Mitglieder und Geld, um wirklich arbeiten zu können), aber erst einmal geht es darum, über Mitgliedbeiträge genügend Geld für die eigentliche Arbeit zusammenzubekommen. Uns hat bei unserer Durchsuchung allein schon die Erwähnung des Namens geholfen, was will man mehr. Das war mir das Geld allemal wert.

/CL-Systeme sollten darüber nachdenken, ob sie nicht nur den üblichen Mitgliedbeitrag oder Netzpauschale an K.u.N.M. überweisen, sondern schon einmal den angestrebten Satz von 1 DM pro User und Jahr (es darf auch mehr sein). Wir müssen 'einfach' die gemeinsamen Strukturen stärken, dann wäre auch ein zugkräftigeres Handeln möglich. Überlegen Sie sich das. Ich denke, daß die meisten BetreiberInnen und Betreiber von MailBoxen gelernt haben (auch unter dem Eindruck des InternetHypes), wie wichtig gemeinsam getragene Strukturen sind. Und diese Arbeit ist ganz sicher eine Arbeit, die von berufenen Leuten professionell gemacht werden sollte. Lotto spielen ist teurer - und die Gewinnchancen sind geringer.


Jetzt die Adressen:

Kommunikation und Neue Medien e.V.
Postfach 418
80604 München
Tel : 089-1675106
Fax : 089-131406
eMail: cl-service@link-m.de


FoeBuD e.V.
Marktstr. 18
33602 Bielefeld
Tel : 0521-175254 (Montags bis Freitags 17-19 Uhr)
Fax : 0521-61172
eMail: padeluun@bionic.zerberus.de

AGfMB e.V.
c/o Bernhard Wrede
Rofuhr 84
D-59581 Warstein
Tel : 02925-3770
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Anmerkungen:


  1. Den Begriff "Raubkopie" gibt es im Recht nicht. Es handelt sich um nicht lizenzierte Software, "geraubt" worden ist nichts. Was nicht davon ablenken soll, daß die Benutzung und Weitergabe von nichtlizensierter Software moralisch und rechtlich verwerflich ist.

  2. In den Diskussionen in den Datennetzen wird der Pornographie- Begriff immer wieder gerne in Frage gestellt. Ich halte es da so, wie es von Rena Tangens definiert worden ist: "Pornographie" ist eine Ansammlung von Inhalten, die zur Befriedigung von niederer Gier gesammelt, bezogen und konsumiert werden. So kann eine Sammlung von zehn erotischen Zeichnungen, die in bestimmten Kontext, zum Beispiel in einem literarischen Werk, veröffentlicht worden sind, als Sammlung in einem anderen Kontext (zum Beispiel als GIFs in einer MailBox) sofort dadurch pornographischen Charakter haben. So sprach "Die Zeit" von einem Video, das zeigt, wie der (neue) Herrscher eines Landes den (ehemaligen) Herrscher foltert, von "politischer Pornographie". Das Video war zum Verkaufsschlager geworden. In diesem Zusammenhang kann auch überlegt werden, ob das wahllose Konsumieren von WWW-Seiten nicht auch Pornographiekonsumzüge trägt...

  3. "Drecksysteme" ist eine Variable. Darunter stelle ich pauschal alle MailBoxsysteme, die a) PD-Soft in Mengen, b) "Raubkopien*1", c) Gif's d) Chat ohne Ende und sonstigen Müll anbieten. In schächerer Form trifft das auch alle MailBoxen, die heute noch "einen Sysop haben", und sich als "Förderer der DFÜ" bezeichnen. Außerdem kann diese Bezeichnung auch ambitionierte, aber schlampig aufgemachte "Nicht-Drecksysteme" treffen. Haßt mich wegen dieser Bezeichnung, oder nehmt es zum Anlaß, Euer Systemkonzept zu überdenken. (Ich falle hier in das sceneübliche "Du", da es nur solche Leute angeht.) Weitergedacht ist auch T-ONLINE, Internethype und jegliche Form der Gierbefriedigung die Förderung vom "Dreckssystem". Im Zweifelsfall noch einmal die Fußnote Nummer 2 zu "Pornografie" durchlesen. Wahrscheinlich kann ich an dieser Stelle schon wieder "Siezen" ;-)

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