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Re: [FYI] OLG München: Keine Haftung für Netzinhalt
- To: Fitug <debate@fitug.de>
- Subject: Re: [FYI] OLG München: Keine Haftung für Netzinhalt
- From: "Axel H Horns" <horns@t-online.de>
- Date: Sat, 15 Apr 2000 13:09:31 +0100
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On 15 Apr 00, at 10:37, Sierk Hamann wrote:
> Das Netz war schneller: CD Bench
>
> http://www.afs-rechtsanwaelte.de/
>
> Hamann
Daraus:
http://www.afs-rechtsanwaelte.de/urteile78.htm
------------------------------ CUT -------------------------------
[...]
Die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte) ist mit den anderen
deutschen Hochschulen über das Wissenschaftsnetz WiN verbunden, ein
eigenes Datennetz, welches seinerseits Übergänge zum europäischen und
US-amerikanischen Internet hat. Über das WiN bezieht die Beklagte im
Wege der sog. Spiegelung die Daten für den von ihr betriebenen FTP
(File Transfer Protokoll)-Server. Über diesen Universitäts-Server
bietet die Beklagte unentgeltlich u.a. den Zugang zu sog. Software-
Archiven verschiedener Provider zur Nutzung für Forschung und Lehre
im Internet an. Bei den Software-Archiven handelt es sich um
Sammlungen freier Software (sog. freeware), welche im allgemeinen
unentgeltlich genutzt, also auch heruntergeladen (download), werden
kann. Sollte ein Entgelt fällig werden, so ist dieses unmittelbar vom
Nutzer an den Software-Autor zu entrichten. Insgesamt werden auf dem
Server der Beklagten zur Zeit sieben Software-Archive mit mehr als 40
Software-Paketen gespiegelt. U.a. bietet die Beklagte das sog. Simtel-
Archiv, ein Software-Archiv des US-amerikanischen Providers Simtel,
mit ca. 20.000 Software-Paketen an, welche ihrerseits in verpackter
Form, d.h. als sog. Archiv-Dateien vorliegen. Vorliegend
streitgegenständlich ist eine solche Datei mit dem Namen ,,pn cdb2l
.zip". Öffnet man diese Datei, erhält man eine Beschreibung des
Inhalts der Datei, in welcher u.a. die Dateien ,,cdbench.exe" und
,,cdbench.txt" aufgeführt sind (AS 2). Ruft man die zuletzt genannten
Dateien auf, so erscheint auf dem Bildschirm die Bezeichnung "CD-
BENCH v 2.1-Freeware by Pino Navato" (AS 7). Hinsichtlich des Inhalts
der Homepage des Software-Autors Pino Navato wird auf die AnI. B 2
Bezug genommen. Eine Zugangsbeschränkung gibt es für den Universitäts-
Server nicht.
[...]
Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist ergänzend auf
folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:
1. Der Klägerin stehen die von ihr auf der Grundlage der für sie
eingetragenen Wortmarke "CDBench" gegen die Beklagte geltend
gemachten Ansprüche gemäß § 14 Abs. 2 Nr.2 MarkenG nicht. zu, weil
sich die Beklagte einerseits mit Erfolg auf § 23 Nr.2 MarkenG berufen
kann, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist, und andererseits
nach Auffassung des Senats eine Verantwortlichkeit der Beklagten
gemäß § 5 Abs. 2 Teledienstegesetz (TDG) nicht gegeben ist.
1.1. Zu Recht geht allerdings die Klägerin davon aus, daß das Angebot
der Beklagten, über ihren Universitäts-Server im Internet u.a.
Sammlungen freier Software zu nutzen, auch dann als Handeln im
geschäftlichen Verkehr gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG anzusehen ist, wenn
diese Zugangsvermittlung unentgeltlich und bestimmungsgemäß zu
wissenschaftlichen Zwecken erfolgt. Denn insoweit ist auch nach
Auffassung des Senats ausschlaggebend, daß eine Zugangsbeschränkung,
etwa im Sinne eines geschlossenen Benutzerkreises, nicht existiert,
so daß sich das Angebot der Beklagten faktisch an jedermann richtet.
Weiterhin ist der Klägerin zuzugeben, daß es auf die im einzelnen
streitige Benutzung der für Hardware eingetragenen Wortmarke
"CDBench" seitens der Klägerin innerhalb der sog.
Benutzungsschonfrist, § 25 MarkenG, nicht ankommt.
1.2. Der Senat ist aber mit dem Landgericht der Auffassung, daß die
Beklagte hinreichend glaubhaft gemacht hat, daß die Bezeichnung
"CDBench" von den angesprochenen Verkehrskreisen als eine
beschreibende Angabe verstanden wird. Der Auffassung der Klägerin,
daß zwar die Begriffe "CD", "Bench" und "Benchmark" jeweils
beschreibend seien, jedoch die Bezeichnung "CDBench" eine
sprachregelwidrige Wortneubildung sei, vermag sich der Senat nicht
anzuschließen. Denn hierbei ist die Klägerin von allgemeinen
Wortbedeutungen ausgegangen und hat die Auffassung der angesprochenen
Verkehrskreise, das sind im weiteren Sinne PC-Anwender im Internet,
außer Acht gelassen. Hiernach kann schon nicht davon ausgegangen
werden, daß ein nicht ganz unerheblicher Teil der interessierten
Verkehrskreise den Gebrauch der Bezeichnung "CDBench" als Hinweis auf
die betriebliche Herkunft auffaßt.
Auf die Frage, ob hieraus auch folgt, daß die Kennzeichnungskraft der
Marke der Klägerin ,,praktisch auf null reduziert" ist oder - im
Hinblick auf die bindende und im Verletzungsfall zu beachtende
Eintragungsentscheidung des Bundespatentamts - ein, wenn auch nur
abgeschwächter, das Normalmaß unterschreitender Grad an
Unterscheidungskraft festzustellen ist, kam es vorliegend nicht an.
Denn die Beklagte kann sich, wovon das Landgericht zu Recht
ausgegangen ist, vorliegend mit Erfolg auf § 23 Nr.2 MarkenG berufen.
Den diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts schließt sich der
Senat an.
1.3. Im übrigen ist der Senat zu der Auffassung gelangt, daß sich die
Beklagte auch mit Erfolg auf § 5 Abs. 2 TDG berufen kann. [...]
Maßgeblich für die Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten für die
von ihr angebotenen Inhalte ist § 5 TDG, der eine Sonderregel für
alle öffentlich-rechtlichen und privat-rechtlichen Haftungsfragen
hinsichtlich der über die Informations- und Kommunikationsdienste
bereitgestellten Inhalte darstellt. Hiernach sind Anbieter sowohl für
ihre eigenen Inhalte verantwortlich, wie auch für Inhalte Dritte,
sofern sie sich diese zu eigen machen, § 5 Abs. 1 TDG, während sie
für fremde, nicht zu eigen gemachte Inhalte Dritter gemäß § 5 Abs. 2
TDG nur dann verantwortlich sind, wenn sie diese unter positiver
Kenntnis, also wenigstens mit bedingtem Vorsatz, bereithalten und
ihnen die Nutzungsverhinderung technisch möglich und zumutbar ist.
Hieraus folgt zunächst, daß die Auffassung der Klägerin, ein "fremdes
Angebot" im Sinne von § 5 Abs. 2 TDG liege nur vor, wenn die Beklagte
auf das von ihr bereitgestellte Angebot keinerlei
Einwirkungsmöglichkeit hat, so nicht zutreffend ist. Dementsprechend
ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Umstand, daß die
Beklagte zur Zeit sieben Software-Archive mit mehr als 40.000
Software-Paketen zur Nutzung anbietet, nicht geeignet, eine generelle
Verantwortlichkeit der Beklagten zu begründen, denn dieser Umstand
taugt zur maßgeblichen Abgrenzung der eigenen von fremden Inhalten
nicht.
Nach Auffassung des Senats sind als ,,eigene" Inhalte vielmehr sowohl
die selbst hergestellten als auch die zu eigen gemachten Inhalte
Dritter anzusehen. Beide Voraussetzungen liegen nach dem unstreitigen
Sachvortrag der Parteien nicht vor. Soweit die Beklagte, wie
vorliegend, lediglich den Zugang zu fremden Inhalten herstellt, ohne
auf diese Inhalte Einfluß nehmen zu können, ist sie sogar gemäß § 5
Abs. 3 TDG von jedweder Verantwortlichkeit für diese Drittinhalte
freigestellt. In jedem Fall kann gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 4 TDG eine
Unterlassung im Sinne einer Sperrung der Nutzung etwaiger
rechtswidriger Inhalte nur verlangt werden, wenn diese Sperrung
technisch möglich und zumutbar ist.
Die Frage, was technisch möglich ist, ist zwischen den Parteien
heftig umstritten. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang lediglich,
daß eine definitive Löschung der streitgegenständlichen Datei nur auf
dem Quell-Server des US-amerikanischen Providers Simtel möglich ist
und anderenfalls bei jeder sog. Spiegelung, die nach Angaben der
Beklagten täglich erfolgt, die streitgegenständliche Datei einzeln
herausgefiltert werden muß. Dies überschreitet nach Auffassung des
Senats die Grenze der Zumutbarkeit. Hierbei ist der Senat davon
ausgegangen, daß der Diensteanbieter nicht jeden nur denkbaren
Aufwand betreiben muß, um- die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu
vermeiden, sondern die Bedeutung des Einzelfalls und der
erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die
Auswirkungen. auf andere Teile des Dienstes und andere Nutzer im
Verhältnis zueinander gesehen werden müssen. Hiernach sind Maßnahmen
zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte dann als unzumutbar
anzusehen, wenn sie, wie vorliegend, einen erheblichen Aufwand
erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf
entsprechende lnformationsangebote über andere Netzverbindungen mit
einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden kann.
2. Auch soweit sich die Klägerin auf ihr zustehende Titelschutzrechte
beruft, steht ihr der gemäß § § 5 Abs. 1, Abs. 3, 15 Abs. 2 MarkenG
geltend gemachte Unterlassungsanspruch im Hinblick auf § 5 TDG nicht
zu. In diesem Zusammenhang besteht Veranlassung darauf hinzuweisen,
daß die Bezeichnung, unter der ein Computerprogramm in den Handel
kommt, grundsätzlich dem Werktitelschutz nach § § 5 Abs. 1, Abs. 3,
15 MarkenG zugänglich ist, denn bei Computerprogrammen handelt es
sich um Werke, bei deren Bezeichnung -neben dem Markenschutz für den
Datenträger als Ware - ein Titelschutz für das im Programm liegende
immaterielle Arbeitsergebnis in Betracht kommt. Auf die Frage, ob der
Bezeichnung "CDBench" von Haus aus Unterscheidungskraft zukommt und
ob an die Unterscheidungskraft nur ähnlich geringe Anforderungen zu
stellen sind, wie bei Zeitungs- oder Zeitschriftentiteln, kam es
vorliegend nicht an, zumal die Klägerin eine Benutzung der
Bezeichnung ,,CDBench" in Alleinstellung nicht ausreichend glaubhaft
gemacht hat. Die äußerst allgemein gehaltene eidesstattliche
Versicherung des Geschäftsführers der Klägerin vom 28.7.1999 (AS 3)
genügt hierfür nicht, zumal sie im Widerspruch zum sonstigen Vortrag
der Klagerin und insbesondere zu den von der Klägerin vorgelegten
Bildschirmausdrucken (AS 11, BK 5) und CDs (AS 1 S.1 und BK 2) steht.
Hiernach ist allenfalls die Benutzung der Bezeichnung "CDBench Pro"
bzw. "CDBench Pro Win DEMO" als glaubhaft gemacht anzusehen. Auch in
diesem Zusammenhang ist allerdings eine Verantwortlichkeit der
Beklagten gemäß § 5 TDG aus den oben unter Ziff. 1.3 dargelegten
Gründen im Ergebnis nicht gegeben.
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Das OLG Muenchen *wollte* sich hier offensichtlich zum TDG aeussern,
denn sonst haetten sie es einfach beim Hinweis auf § 14 Abs. 2 Nr.2
MarkenG belassen koennen, um noch anzumerken, es "koenne
dahingestellt bleiben", ob Haftungspriviligierung nach § 5 TDG
greift. Beachtlich, dass selbst fuer Mirroring keine Haftung
angenommen wurde ...
"Hiernach sind Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde
Inhalte dann als unzumutbar anzusehen, wenn sie, wie vorliegend,
einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch
einen Zugriff auf entsprechende lnformationsangebote über andere
Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen
werden kann." -- Das wird die IFPI gar nicht erfreuen, denn auch bei
RPS gibt es zahlreiche Umgehungsmoeglichkeiten.
--AHH