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das ende vom RPS ?




http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,75923,00.html

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EU entscheidet gegen MP3-Filter

Von Christiane Schulzki-Haddouti

Die letzte Woche verabschiedete EU-Richtlinie hat der Musikindustrie 
einen herben Rückschlag beschert: Internet-Provider müssen keine 
Filter gegen Raubkopien einsetzen. Die Plattenbosse können jetzt nur 
noch auf die Urheberrechts-Richtlinie hoffen.

Ifpi-Geschäftsführer Peter Zombik versuchte bis zuletzt, 
Filtersoftware gegen MP3-Dateien durchzusetzenDie vom europäischen 
Parlament verabschiedete E-Commerce-Richtlinie sorgt hier zu Lande 
für Überraschungen: Sobald sie in deutsches Recht umgesetzt ist 
(innerhalb der nächsten 18 Monate), werden Internet-Anbieter kein 
Filtersystem gegen illegale Musikdateien installieren müssen. Die 
deutsche Landesgruppe des internationalen Musikverbandes Ifpi, die 
heftig für ihr Filtersystem "Rights Protection System" (RPS) wirbt, 
kann dann nur noch auf die freiwillige Kooperation der Provider 
setzen.

Die Richtlinie sieht vor, dass Provider bei "Caching" und "Hosting" 
keine Verantwortung für Online-Inhalte mehr tragen. EU-Kommissar 
Frits Bolkestein stellte klar, dass "Vermittler nicht für die 
Informationen verantwortlich sind, wenn sie eine rein passive Rolle 
spielen, die in der bloßen Weiterleitung von Informationen Dritter 
besteht". Die Richtlinie begrenze auch die Verantwortlichkeit für 
andere Vermittlertätigkeiten wie die Informationsspeicherung.

Die Formulierung aus dem deutschen Teledienstegesetz, auf die sich 
Ifpi mit RPS beruft, fehlt in der Richtlinie. Unter deutschem Recht 
haften Provider dann, wenn sie Kenntnis über fremde illegale Inhalte 
erlangen und ihnen eine Sperrung "technisch möglich" und so 
"zumutbar" ist. Ifpi hatte in Brüssel bis zuletzt darauf gedrängt, 
diesen Wortlaut auch in die EU-Regelung zu übernehmen, ist aber 
gescheitert.

Artikel 15 der Richtlinie verbietet den EU-Staaten eindeutig den 
Einsatz von Filtersystemen für übermittelte oder gespeicherte 
Informationen. Stattdessen muss der Kläger für jede Raubkopie den 
entsprechenden Provider weiterhin per Gericht zur Sperrung 
veranlassen. Die Drohung von Ifpi, ein digitales 
Grenzbeschlagnahmegesetz zu initiieren, hat damit ihre Wirkung 
verloren. Für den Einsatz eines Filtersystems kann die Musikindustrie 
allein auf die freiwillige Kooperation einzelner Provider hoffen. Es 
ist schon abzusehen, dass nicht alle mitmachen werden.

Die Musikindustrie setzt jetzt vor allem auf die geplante europäische 
Richtlinie zum Urheberrecht. Der derzeitige Entwurf sieht allerdings 
vor, dass Caching rechtlich "unbeachtlich", der Provider daher nicht 
haftbar sei. Ifpi befürchtet deswegen, dass technische Schutzsysteme 
wie RPS sich "nicht durchsetzen lassen". Auch verteidigt die 
Europäische Kommission derzeit die Freiheit, private Kopien 
herzustellen. Nach Ansicht der Ifpi ist jedoch auch "die Privatkopie 
die Nutzung fremden geistigen Eigentums". Mit einer ersten 
politischen Einigung rechnet man in Brüssel frühestens Ende Mai.

Haftung in Einzelfällen auch unter EU-Recht

Das Urteil gegen AOL, das das Landgericht München Anfang April 
gefällt hatte, wäre hingegen unter EU-Recht möglich: Im Fall 
gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Verfügungen ist der 
Dienste-Anbieter weiterhin haftbar für Inhalte auf seinen Servern. 
Gemäß Artikel 14 muss der Provider die Informationen sperren oder 
entfernen, sobald er erfahren hat, dass diese illegal sind.

Gegen AOL geklagt hatte die Hit-Bit-Software GmbH, einer der größten Anbieter von MIDI-Files in Deutschland. Sie hatte Schadenersatz in sechsstelliger Höhe verlangt. AOL hingegen hatte eine Haftung abgelehnt. Das Gericht hatte der Klage stattgegeben, da AOL die MIDI-Dateien in einem von Scouts betreuten Forum bereit gehalten hatte. Gemäß Teledienstegesetz sei der Provider haftbar, wenn er "Kenntnis" von den Musikstücken habe, hatte das Gericht die Entscheidung begründet. Sämtliche Musikstücke im Pop- und Unterhaltungsbereich seien urheberrechtlich geschützt. Wenn AOL solche Musikstücke für den Download bereit halte, sei deshalb ein "bedingter Vorsatz" gegeben. Die Scouts wären in der Lage gewesen, sehr schnell und einfach etwaige Urheberrechtsverletzungen festzustellen.