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Re: Softwarepatente



> [...]
> > Soweit diese Debatte nicht nur polemisch, sondern auf akzeptablem
> > fachlichen Niveau gefuehrt worden ist, scheint deutlich geworden zu
> > sein, dass es bislang auch niemandem aus dem Lager der Kritiker der
> > bisherigen Patentpraxis gelungen ist, ein konhaerentes ueberzeugendes
> > Begriffsraster vorzuschlagen, mit dem in Patentanspruechen zwischen
> > markrooekonomisch mit positiven (zumindest ohne gravierende negative)
> > Folgen monopolisierbaren Algorithmen (hier wieder im weitesten Sinne
> > verstanden) wie chemischen Verfahren und makrooekonomisch nur mit
> > negativen Folgen monopolisierbaren Algorithmen (z.B. solche, die
> > normalerweise nur auf v. Neumann'schen Universalrechnern ausgefuehrt
> > werden) unterschieden werden kann.
>
> Als entscheidendes Kriterium habe ich seit einiger Zeit die Kopierbarkeit
> / Replizierbarkeit vorgeschlagen.

Ein Software-Patent ist ein Patent, was allein durch eine algorithmische
Abbildung der Patentschrift verletzbar ist. Die algorithmische Abbildung muss
auf beliebige (digitale) Informationsspeichermedien (z.B. Papier, RAM,
Festplatte, Phosphor auf dem Bildschirm) kopierbar sein.

Enthält ein Software-Patent einen Algorithmus, so kann er also durch
algorithmische Abbildung (z.B. ein Interpreter) "zum Laufen" gebracht werden,
oder er kann einfach nur ausgedruckt werden. Wenn ein solcher Ausdruck, oder
eine solche Benutzung des Algorithmus durch einen Dritten zum verletzen des
Patents führen kann, dann ist das Patent ein Software-Patent. Somit ist sowohl
das Kopieren als auch das Interpretieren der Software enthalten.

>
>
> Ein Kochrezept kann nicht Gegenstand von Patentanspruechen sein.  Wohl
> aber die Nutzung dieses Rezepts zur Erzeugung nicht-replizierbarer
> materieller Gueter.  Eine solche Nutzung erfordert naemlich einen
> industriellen Kontext, in dem das ganze makrooekonomisch meist nicht
> besonders schaedlich ist.
>
> > Die Ursache hierfuer liegt darin, dass sowohl die proprietaere
> > Kraftstoffeinspritzung in einem Verbrennungsmotor als auch die
> > Darstellung eines Grafik-Objektes auf einem Bildschirm eines LINUX-PCs
> > auf der gleichen Sorte von Universalmaschine abgewickelt wird. Ich
> > sehe keine Moeglichkeit einer stringenten Unterscheidung im
> > Erteilungsverfahren mehr.
>
> Die Weiterentwicklung von Programmen zur Steuerung der
> Kraftstoffeinspritzung sollte nicht durch Patente behindert werden. Auf
> den Vertrieb kompletter Motoren hingegen koennte Patente durchaus zielen,
> ohne Schaden anzurichten.

Ein Motor, der gut geformt und designed ist, kann nicht durch algorithmische
Abbildung produziert werden, wobei das Ergebnis reine (digitale) (1)
Information ist (die auf Informationsspeicher kopierbar ist). Denn entweder
das Ergebnis ist Information (immateriell) oder ein Motor (materiell) oder
eine Mischung von beidem. (2) Ist es eine Mischung, lässt sich die
algorithmische Abbildungsvorschrift so verändern, dass der materielle Teil
verschwindet. Diese Definition wird solange klar bleiben, bis wir à la Star
Trek auch Materie in reine, mit Lichtgeschwindigkeit transportierbare
Information wandeln können. Da es bis dahin vermutlich noch eine Weile hin
ist, kann sie gut Basis für rechtsdogmatische Argumentation sein, oder?

Xuân. :o)

(1) Das Ergebnis der algorithmischen Abbildung muss keine digitale Information
sein, sie kann auch analog oder sonst wie geartet sein. Die Eigenschaft
"kopierbar" ist schon dann erfüllt, wenn die Kopie als Kopie des Originals zu
erkennen ist, also noch alle wesentlichen Informationen, wenn auch nicht mehr
unbedingt exakt enthält. Die Erweiterung auf "analog" ist u.U. sinnvoll, falls
die ersten Quantencomputer(-Programme) kommen, denn dort ist ja alles nur noch
wahrscheinlich und nichts mehr diskret. Möglicherweise könnte jemand wegen
mangelndert Diskretheit der Information da ein Hintertürchen sehen, genauso
wie "Software als solche" nicht patentiert werden kann, aber "Software als
solche" ein Patent verletzen kann, und damit "Software als solche" trotzdem
exclusiven Status bekommt.

(2) Mischung zwischen immateriell und materiell in diesem Sinne ist nicht,
dass Information immer an seinem Medium klebt, das Medium gehört zur
Information dazu, ohne selbst als materiell zu gelten, wenn Aufgabe des
Mediums die Speicherung der Information ist.