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[FYI] Das Phänomen Napster und Kopierschutz im Internetzeitalter
- To: debate@fitug.de
- Subject: [FYI] Das Phänomen Napster und Kopierschutz im Internetzeitalter
- From: "Axel H Horns" <horns@ipjur.com>
- Date: Tue, 1 Aug 2000 18:23:55 +0000
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Das Phänomen Napster und Kopierschutz im Internetzeitalter
Kolumne: Nur Peitsche und kein Zuckerbrot
[...]
Ergo das Dilemma: Napster ist nach heutiger Rechtslage in seiner
derzeitigen Form illegal. Aber eine kategorisches Verbot von Napster
wird mehr schaden als nützen. Bei der Hektik dieser Tage lohnt es
sich vielleicht, ganz gegen den Usus des schnellebigen
Internetzeitalters, eine historische Perspektive zu geben.
1. Der Ursprung des Kopierschutzes im späten Mittelalter in Venedig
und England war nicht etwa der Schutz der Autoren, sondern die
Erhöhung der Staatseinnahmen und die Sicherung der staatlichen
Kontrolle (sprich: Zensur) durch exklusive Veröffentlichungsrechte.
Damals wie heute hat der Widerstand dagegen, wenn auch formal
illegal, immer ein Element "zivilen Ungehorsams", insbesondere wenn
Kopien gratis sind. Ein Napsterino wie FreeNet vermarktet seine
Software explizit als Werkzeug für Dissidenten in autoritären
Staaten: Die Softare verteilt verschlüsselte digitale Dateien und
kommt nicht nur ohne zentrales Verzeichnis aus, sondern macht zudem
den Urheber der Datei unkenntlich. Im modernen Recht sind
Urherberrecht und Kopierschutz ein schwieriger Balanceakt zwischen
wirtschaftlichem Anreiz für kreative Leistungen und Interesse der
Allgemeinheit. Diese Balance ist im Internetzeitalter noch nicht
gefunden worden, aber Medienunternehmen können nicht mit einer
bedingungslosen Absegnung ihrer heutigen Geschäftsgrundlage rechnen.
2. Die Medienindustrie hat schon mehrfach in der Verfolgung von
Technologien geirrt. Am bekanntesten ist wohl der fast ein Jahrzehnt
dauernde Prozess Hollywoods gegen Sonys Videorekordertechnologie.
Heute sind Videos eine der wichtigsten Säulen für Filmeinnahmen. Und
wenn später digitale Vervielfältigungsmaschinen kategorisch verboten
worden wären, gäbe es heute keine PCs mehr. Glücklicherweise wurde
der PC in der diesbezüglichen US-Gesetzgebung der frühen neunziger
Jahre explizit ausgenommen. Napster ist sicherlich ungewöhnlich
explosiv, aber bisher hat es CD-Umsätze sogar noch steigen lassen.
3. Legal und wirtschaftlich fragwürdige Systeme wie Napster sind
außerdem keineswegs die größte Bedrohung für Geschäfte mit
digitalisierbaren Waren und Dienstleistungen. Die größte
Wertvernichtungsmaschine auf dem Internet in dieser Hinsicht ist
Yahoo. Der Dienst lebt von Werbeeinnahmen und bietet eine
unvorstellbare Fülle von digitalen Leistungen - völlig legal -
umsonst an. Hierbei zerstört es das Geschäftssystem unzähliger
Serviceanbieter auf dem Internet.
[...]
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