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Re: [FYI] SWPAT



> > > Der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts (EPA) hat sich für
> > > die uneingeschränkte Patentierbarkeit von Software ausgesprochen.
> > > Wie das Handelsblatt berichtet, empfiehlt die Behörde die Streichung
> > > der bislang bestehenden Klausel des Europäischen
> > > Patentübereinkommens, wonach Computerprogramme "also solche" nicht
> > > patentierbar sind.  
> > 
> > Richtig waere hier:  "wonach Computerprogramme nicht patentierbar
> > sind".
> 
> Art. 52 Abs. (2) EPÜ sagt in Verbindung mit Art. 52 Abs. (3) EPÜ ganz 
> klar, dass nur Computerprogramme "als solche" vom Patentschutz 
> ausgeschlossen sind.

Du sagste es:  "in Verbindung mit ..."
Es besteht aber kein Grund, diese Verbindung herzustellen.
Natuerlich ist ein Ding nur als solches ein Ding.
Abs. 3 ist tautologisch.
Er weist diejenigen, die vielleicht eine programmierbare Werkzeugmaschine
fuer nicht patentierbar halten, darauf hin, dass eine Werkzeugmaschine
kein Computerprogramm ist, auch wenn sie eines enthaelt.
Abs. 3 dient nur der Verdeutlichung von bereits gesagtem, und haette
daher eigentlich in einen Kommentar statt ins Gesetz gehoert.
Im Nachhinein ist klar zu erkennen, dass Abs 3 vor allem der 
Expansion und Aushebelung des Patentierbarkeitsbereichs diente.

Aehnliche Aushebelungs-Paragraphen findet man in vielen Gesetzen und
Vertraegen, die von der internationalen Patentlobby gemacht werden. So
auch in TRIPS 27(1).  Eigentlich alles ziemlich diffus und genau genommen
harmlos.  Aber fuer diejenigen, die ihre Rechtsauslegungskompetenz zur
Ausweitung des Patentwesens einsetzen wollen, hervorragend als Hebel
geeignet. Ein aus dem Recht des real existierenden Sozialismus u.a.
bestens bekanntes Prinzip.

> Zum Nachlesen:
> 
> http://www.european-patent-office.org/legal/epc/e/ar52.html

oder in der Amtssprache Deutsch:

http://www.european-patent-office.org/legal/epc/d/ar52.html

 
> Am Problem aendert das allerdings nicht viel. Auf Art. 52 (3) EPÜ 
> bzw. der entsprechenden Klausel im DE PatG §1 hat sich m.W. noch nie 
> irgendeine Beschwerdekammer bzw. Gericht eingelassen. Alle bisher 
> ergangen Zurueckweisungen haben sich darauf gestuetzt, dass das 
> gewohnheitsrechtlich begruendete Erfordernis der "Technizitaet" im 
> Einzelfall nicht gegeben gewesen sei.

Abs 3 wurde immer wieder herangezogen, um zu erklaeren, dass
Computerprogramme doch zum Patentierungsgegenstand werden koennen, wenn
sie einen technischen Effekt haben.  

In diesem Argumentationszusammenhang wird dann immer das `als solche'
verschaemt-abschwaechend hinzugefuegt.  Ich kann gerne Beispiele
heraussuchen, wenn das gewuenscht ist.

Eines, das mir einfaellt, ist die Argumentation des BGH-Richters Mellulis
von 1997, die in

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-mellu97de.html

zitiert und rezensiert wird.

> Ergo wuerde der "Basic Proposal" nur das festschreiben, was derzeit - 
> more or less - Stand der Rechtsprechung ist.

deutsch: Basisvorschlag
 
> Von einer Ausweitung der Patentierbarkeit auf reine 
> Geschaeftsverfahren _ohne_ zugrundeliegende IT-Infrastruktur ist 
> nicht (mehr?) die Rede. Patente wie das US 5,851,117 "Cleaner 
> Teaching Method" waeren in EP wohl nicht moeglich:

Im Moment vielleicht nicht.
Aber grundsaetzlich steht dem kaum etwas entgegen.

Die Argumente fuer eine ausweitende Interpretation findet man etwa in
einem Artikel von R. Nack in GRUR International dieses Jahres.

S. auch den Text, den Peter Kuhm hier hin schickte sowie

	http://www.european-patent-office.org/tws/appendix6.pdf

Da bleiben keine klaren Grenzen uebrig, und sie wuerden auch nicht viel
helfen, denn praktisch alle interessanten Geschaeftsverfahren setzen eine
IT-Infrastruktur voraus.

-phm