[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[FYI] SPD: Netzwerkgesellschaft und Netzwerkpartei?



http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/8963/1.html

--------------------------------- CUT -------------------------------

Die SPD will zur Online-Partei werden

Florian Rötzer   22.10.2000

Der Bundesgeschäftsführer vertraut auf das Allheilmittel Internet,
will die Partei öffnen und flexibilisieren, aber fordert gleichzeitig
weiterhin Geschlossenheit und Disziplin bei weitgehender
Inhaltslosigkeit

Es muss sich etwas tun. Alle Parteien trocknen von unten, also vom
Nachwuchs her, aus. Der SPD geht es nicht anders. Aber seitdem man
das Internet als wirtschaftliches Allheilmittel erkannt hat, soll es
jetzt auch der alternden Partei helfen, die sich zur Online-Partei
umbauen will, um wieder Volkspartei und Partei für die Jugend zu
werden.

[...]

Immerhin, soviel zur Offenheit, will die SPD "mindestens zehn von
Außen in den Bundestag" bringen. Für eine offene Netzwerkorganisation
mit vielen Allianzen und lockeren Beziehungen ist das nicht viel,
aber ein Anfang. Doch irgendwie bricht durch all die Offenheit im
bemühten Jargon der Jetztzeit noch alte Autorität durch. Man will bei
aller Auflösung, Vermittlung und Dynamik natürlich Profi bleiben,
sonst würde man ja womöglich angesichts all der sich schnell
bildenden und wieder zerfallenden Netzwerke überflüssig. Am
wichtigsten bleibt, die Selbstdarstellung in Richtung auf die Medien
beherrschen zu wollen, wozu eine "professionelle
Kommunikationskompetenz" notwendig ist, was schlicht heißt: Werbung
ist im Kampf um die Aufmerksamkeit alles - und wer die nicht
erreicht, kann sowieso abdanken. Bei Machnig geht das so: "Klar
strukturierte Medienkommunikation ist eine Voraussetzung dafür, in
Massengesellschaften Gehör zu finden." Deutlicher noch - und schon
ziemlich eingebildet, bestenfalls: die "Partei muss Subjekt der
Vermittlung der eigenen Politik werden". Im Kampf mit den Medien also
soll die Partei, die Online-Partei oder die SPD-Netzwerkorganisation
mit unterschiedlichsten Allianzen, bestimmen können, was die Medien
als kollektive Aufmerksamkeitsorgane berichten.

Der Wunsch ist verständlich. Wer hätte nicht gerne, dass man so
wahrgenommen wird, wie man dies gerne möchte. Allerdings verlangt
dies eine Wiederkehr des Stalinismus. So weit will Machnig natürlich
nicht gehen, aber gleichwohl kommt er, wenn es um die Verführung der
Aufmerksamkeit geht, bei er dann nicht mehr die "individualisierte
Gesellschaft" der Netzwerke, sondern die Medien in der
Massengesellschaft im Vordergrund stehen, auf ganz alte Tugenden
zurück, die man in jeder hierarchischen Organisation findet: "ein
geschlossens Erscheinungsbild, Disziplin und verbindliche
Aufgabenteilung". Wahrscheinlich wird sich die geforderte
"Organisationskompetenz für eine individualisierte Gesellschaft" und
eine "Online-Partei" aber doch anders darstellen.

--------------------------------- CUT -------------------------------



http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,99358,00.html

----------------------------- CUT --------------------------------

SPIEGEL ONLINE - 21. Oktober 2000, 12:59
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,99358,00.html

SPIEGEL exklusiv

Strategiepapier der SPD

Die Sozialdemokraten wollen raus aus verrauchten Hinterzimmern und
rein ins Internet: Statt auf langatmigen Sitzungen sollen sich die
Genossen künftig über den "Roten PC" austauschen.

Eine neue Verankerung seiner Partei in der Gesellschaft fordert der
SPD-Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig. Im SPIEGEL warnt Machnig
seine Partei, "den Anschluss an wichtige Erfahrungen, Wissensbestände
und Haltungen" zu verlieren.

Die Verjüngung der Organisation sei für die SPD "eine Frage ihrer
Existenzfähigkeit geworden". Setze sich die Überalterung der Partei
fort, werde sie "bald einen bedrohlichen Mitgliederschwund erleben".

Weil sie sich nicht mehr auf ein festgefügtes Milieu stützen können,
müssten die Sozialdemokraten zu einer "Netzwerkpartei" werden, deren
Mitglieder und Anhänger "viel mehr als heute in unterschiedlichem
Maße, zu unterschiedlichen Zeiten und verschiedensten Themen aktiv
werden".

Die Zukunft der SPD sieht der Geschäftsführer in einem "Nebeneinander
von Mitglieder- und Unterstützerpartei": "Deshalb will die SPD Online-
Partei werden." Ein großer Teil der Kommunikation zwischen der Basis
und dem Parteiapparat soll künftig auf elektronischen Wegen erfolgen.
Dabei sei das hauptamtliche Personal künftig vor allem als
"Dienstleister sowie als Koordinations- und Kommunikationsexperten
gefragt".

© SPIEGEL ONLINE 42/2000 Vervielfältigung nur mit Genehmigung des
SPIEGEL-Verlags

----------------------------- CUT --------------------------------


http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nf/0,1518,99300,00.html

----------------------------- CUT --------------------------------

D A S   S P D - D O K U M E N T

Netzwerkgesellschaft und Netzwerkpartei

Von Matthias Machnig

Netzwerkgesellschaft: So bezeichnet der amerikanische Soziologe
Manuel Castells das Ergebnis der gesellschaftlichen Umwälzung in den
letzten beiden Jahrzehnten. Anzeichen für diese neuen Formationen
gibt viele in der Wirtschaft, der Arbeitswelt oder den Lebenswelten.
Parteien stellen sich die Frage, ob sie nicht selber zur
Netzwerkorganisation werden müssen.

[...]

----------------------------- CUT --------------------------------