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Europaeische Softwarepatente: Trivialer als in den USA
- To: neues@ffii.org
- Subject: Europaeische Softwarepatente: Trivialer als in den USA
- From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
- Date: Fri, 17 Nov 2000 16:06:54 +0100 (CET)
- cc: swpat@ffii.org, debate@fitug.de
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- Sender: owner-debate@fitug.de
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Europäische Softwarepatente: "Trivialer als in den USA"
Informatiker veröffentlichen "Europäische
Softwarepatent-Horrorgallerie"
Europäische Patentamtschefs wollen nächste Woche 30000 Tretminen
aktivieren
Zur sofortigen Freigabe
München - Das Europäische Patentamt (EPA) hat in den letzten Jahren
entgegen dem Buchstaben und Geist der geltenden Gesetze 30000 Patente
auf Programmieraufgaben, Geschäftsideen und organisatiorische
Verfahren erteilt. Würde auch die nationale Rechtsprechung konsequent
dem Willen des EPA folgen, so wäre es demnach heute in Europa nicht
mehr erlaubt, medizinische Diagnosen automatisiert durchzuführen.
Ebenso betroffen wären zahlreiche recht alltägliche Verfahren wie die
Abhaltung von Prüfungen in Schulen, die Anbahnung von Geschäften an
der Börse, die Erzeugung von Einkaufszetteln aus Kochrezepten, die
dynamische Festlegung von Verkaufspreisen, das Sprachenlernen durch
Vergleichen der eigenen Aussprache mit der eines Lehrers. All diese
Verfahren verletzen europäische Patente, sofern man sie auf
naheliegende Weise rechnergestützt organisiert. Nicht minder
gefährlich ist aus der Sicht von Fachleuten die Blockierung von
Netzwerk-Standards wie MIME und CGI, die Zupflasterung der
Betriebssystem-Ebene mit Tausenden von Patenten auf hardwarenahe
Rechenaufgaben wie z.B. die Differenzierung zwischen benutzten und
unbenutzten Speicherblöcken.
Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII)
hat eine Datenbank veröffentlicht, die einen Überblick über die
umstrittenen europäischen Patente ermöglicht. Dazu werden einige
eindrucksvolle Beispielpatente, Statistiken und Studien präsentiert.
Der Patentdatenreferent des FFII, Arnim Rupp, empfiehlt allen
Diskutanten einen Blick in die Datenbank:
Wer in den Patentschriften des EPA schmökert, stellt schnell fest,
dass es hier weder um Software noch um innovative
Programmierlösungen geht. Hier werden einfach systematisch ganze
Problemfelder in Besitz genommen. Diese lächerlich trivialen und
gruselig breiten EPA-Patente sind aber vor nationalen Gerichten
bisher nicht unbedingt einklagbar. Die amerikanischen Großkonzerne,
denen die gesetzeswidrig erteilten EPA-Patente zum Großteil
gehören, warten noch auf eine Änderung des Europäischen
Patentübereinkommens. Wenn die Diplomatische Konferenz nächste
Woche in München das falsche Signal setzt, wird Deutschland hoffentlich
die Ankündigung des BMJ wahr machen und aus dem EPÜ austreten. Der
Ernst der Lage rechtfertigt dies. Es geht jetzt nämlich nicht mehr
um die Pflege dieses oder jenes Organisationsrahmens für das
europäische Patentwesen sondern um die Entschärfung von 30000
Tretminen und die Wiederherstellung elementarer Rechtssicherheit
für Europas IT-Unternehmer und Bürger.
Für Daniel Rödding, Geschäftsführer eines Softwareunternehmens in
Paderborn, ist die Lage sehr ernst:
Ein Blick in die Patentdatenbank des FFII zeigt anschaulich, was
Softwarepatente in Europa heute für den Großteil der
EDV-Unternehmen bedeuten. Auf einem solchen Minenfeld haben kleine
Softwareunternehmen kaum noch Chancen. Für mein Unternehmen habe
ich die Konsequenzen bereits gezogen: Ich werde voraussichtlich ab
Mitte nächsten Jahres weite Teile der Software-Entwicklung in einem
Land durchführen, in welchem es kein so hoch entwickeltes
Patentrecht gibt und wo eine Änderung der Rechtslage in den
nächsten Jahren auch nicht zu erwarten ist. Im Bereich bestimmter
Technologien wird mir die Entwicklung von Software in Deutschland
einfach zu riskant, das läßt sich mit Blick auf rechtliche Risiken
in der Zukunft aus der Kleinunternehmerperspektive nicht mehr
verantworten.
Bisher haben sich bereits 200 Softwarefirmen und 55000 Unterzeichner
der Eurolinux-Petition für ein softwarepatentfreies Europa in
ähnlichem Sinne geäußert.
Auf der "Diplomatischen Konferenz" werden derweil Patentreferenten von
20 europäischen Staaten über einen vom EPA-Präsidenten Dr. Ingo Kober
entworfenen "Basisvorschlag zur Revsion des Europäischen
Patentübereinkommens" verhandeln. Darin schlägt das EPA u.a. vor, eine
universelle Patentierbarkeit festzuschreiben (Art 52) und dem
EPA-Vorstand Gesetzgebungsvollmachten einzuräumen (Art 33). Die
Tagesordnung wurde vom EPA so festgelegt, dass nur eine 2/3-Mehrheit
der nationalen Patentdelegationen sich noch in Einzelfragen
durchsetzen kann. Andernfalls wird der Wille des EPA innerhalb von
wenigen Monaten in allen europäischen Staaten rechtsgültig, sofern
deren Parlamente nicht beschließen, aus dem Europäischen
Patentübereinkommen (EPÜ) auszusteigen.
Verweise
* Europäische Softwarepatente: Datenbank und Beispielsammlung -
http://swpat.ffii.org/vreji/pikta/indexde.html
* Eurolinux-Petition für eine softwarepatentfreies Europa -
http://petition.eurolinux.org/index.de.html
* Dr. Swen Kiesewetter-Köbinger: Über die Patentprüfung von
Programmen für Datenverarbeitungsanlagen -
http://swpat.ffii.org/vreji/prina/patpruef.pdf
* Vergleichsbericht über die Prüfung von Softwarepatenten am
Europäischen, Amerikanischen und Japanischen Patentamt -
http://www.jpo-miti.go.jp/saikine/repo242.htm
* Bundesjustizministerium fordert Moratorium in Sachen Swpat und
droht mit EPÜ-Austritt -
http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,100120,00.html
* Schutz der Informatischen Innovation vor dem Missbrauch des
Patentwesens - http://swpat.ffii.org
* Leicht verständliche Einführung in die Problematik -
http://www.save-our-software.de
Über den FFII - www.ffii.org
Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII
e.V.) ist ein gemeinnütziger Verein, der die Entwicklung offener
Schnittstellen, quelloffener Programme und frei verfügbarer
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Zusammenwirken freier und proprietärer Software zum Zwecke eines
langfristigen Aufbaus informationeller Gemeingüter auf der Grundlage
offener Standards, fairen Wettbewerbs und der Achtung legitimer
Urheberrechte einsetzt. Der FFII koordiniert eine Arbeitsgruppe zum
Schutz der digitalen Innovation vor Softwarepatenten, die von
erfolgreichen deutschen Softwarefirmen unterstützt wird. Der FFII ist
Gründungsmitglied der EuroLinux-Allianz für eine Freie Informationelle
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2000-07 SWPAT-AG des FFII