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Internetworld, GI, MPI und Brüsseler Inzucht



In der Märzausgabe der deutschsprachigen Monatszeitschrift Internetworld S.42 
wird ausführlich über die beiden Themen des HBS-Seminars vom November
berichtet.

Zu Wort kommen u.a. Rainer Kuhlen (Informationswissenschaft Uni Konstanz),
Fritz Teufel (IBM-Patentabteilung), Marita Strasser (BMJ), Wolfgang Tauchert
(DPMA) und Hartmut Pilch (FFII).

In einem Schaukasten wird auf 
	
	FFII
	http://www.ffii.org/

	Gruselkabinett der Europäischen Softwarepatente
	http://swpat.ffii.org/vreji/pikta/

sowie EPA, DPMA und BPatG verwiesen.

Derweil hat die Generaldirektion Binnenmarkt es endlich geschafft, unter

        http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/intprop/indprop/softreplies.htm

ein paar mehr Konsultationseingaben zu veröffentlichen.  Entgegen den
Forderungen der Eurolinux-Allianz nur als schwer konsultierbare PDF-Dateien.
Aber immerhin.

Dort findet man z.B. einen schönen Text von Günter Schölch, Prüfer am DPMA,
über die Gefahren der grenzenlosen Patentierbarkeit.  Ferner

- ein Plädoyer für Swpat von Prof Heinrich Mayr im Namen der Ges f Informatik (GI)
- ein Plädoyer für grenzenlose Patentierbarkeit von Prof Straus und Prof Schricker
  im Namen des Münchener Max-Planck-Institutes für internationales Patent-,
  Urheber- und Wettbewerbsrecht.  Letztere verwenden die von ihrem Junior-Partner 
  Daniele Schiuma in
 	
	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/iic-schiuma00/

  ausgeführte Argumentation, derzufolge es nichts zu diskutieren gibt, weil
  der TRIPS-Vertrag die Frage bereits entschieden hat.  Die MPI-Leute fordern
  daher eine klare Bestimmung, wonach auch die Veröffentlichung von
  Quelltexten im Internet eine Patentverletzung darstellt, und wonach auch
  mathematische Methoden und Geschäftsverfahren patentierbar sind, sofern sie
  automatisiert ablaufen. 

Es sei angemerkt, dass das MPI zusammen mit dem Fraunhofer-Institut zu der
Bietergemeinschaft gehört, die vom BMWi den Zuschlag für die derzeit laufende
Swpat-Studie erhielt.

Derweil behauptet die Generaldirektion Binnenmarkt unter

	  http://www.aipla.org/html/symposium/zourek.pdf

dass zwar nur 100 von 1400 Konsultationseingaben sich für Swpat ausgesprochen
hätten, dass aber diese 100 Eingaben den überwiegenden Teil der relevanten
Branchen verträten.  

Der Fall des GI und des MPI ist charakteristisch für die gesamte Diskussion.
Mayr und Straus vertreten einen unreflektierten Glauben ihrer Generation an die
segensbringende Wirkung des "geistigen Eigentums".  Insoweit nur
rechtssystematisch argumentiert wird, findet man beim MPI Ansätze
von wissenschaftlicher Denkweise.  Es handelt sich allerdings eher um
Schriftgelehrtentum als um die Denkweise eines Programmierers oder
Mathematikers, der ein ein System zum Funktionieren bringen muss.
  
Solches stringentes Denken könnte man von dem Informatiker Prof Mayr erwarten.
Leider wird man aber enttäuscht.  Es geht bei ihm um die Paradigmen-Debatte,
die Endres in "Informatik-Spektrum" anstieß.  Endres formulierte jedoch
wenigstens ein paar klare Standpunkte, während Mayr nur Versteck zu spielen
scheint.

Die Generation von Mayr, Endres, Straus, Schricker, Tauchert usw hat das
Glück, an Schaltstellen großer Institutionen zu sitzen.  Ihre Argumente
drücken den Konsens einer bestimmten Glaubensgemeinde aus.  Sie mussten sich
noch nie eine kritischen Befragung der Grundaxiome gefallen lassen und haben
daher diesbezüglich auch keine wissenschaftliche Methodik entwickelt.  Im
Moment fürchten sie nichts so sehr wie eine offene Diskussion.  Eine solche
Diskussion könnte nämlich auch ihren Anspruch, für große Verbände zu sprechen,
auf einmal zerplatzen lassen.

Daher verwundert es nicht, dass die Glaubensbrüder bei der Brüsseler
Generaldirektion Binnenmarkt der Diskussion vorgreifen und noch vor dem
22. März einen Richtlinien-Vorschlag unterbreiten möchten.  Von den
Gemeindemitgliedern innerhalb der Bundesregierung (BMJ) sowie anderen
Regierungen erhielt sie dazu zumindest am 21. Dezember ermutigende Signale,
wie man auch in obigem Zourek-Bericht nachlesen kann.

Beim gestrigen EU-Ministerrats-Mittagessen wurden diese Signale möglicherweise
ein wenig gedämpft.  Die Bundesregierung wurde ausnahmsweise von einem
BMWi-Staatsekretär vertreten, und Vertreter mehrerer europäischer Regierungen
äußerten mehr oder weniger diffuse Vorbehalte gegen den Vorschlag der GDBM,
die geplante Richtlinie an der Rechtsprechung des EPA auszurichten.

Derweil hat bei der GDBM Tony Howard das Swpat-Dossier von Bernhard Müller
übernommen.  Er nennt sich "Senior IP expert"

	http://www.oecd.org/dsti/sti/s_t/scs/prod/grv_programme.pdf

und hat seine Karriere, wie man unter

	http://www-rsc.shef.ac.uk/chemdex-uk/WebmSrch.asp

erkennen kann, beim Britischen Patentamt gemacht.

Bekanntlich wurde die Expansion des Patentwesens in Brüssel besonders von
einigen Briten vorangetrieben, darunter John Mogg und dem besonders
hartgesottenen Glaubenskrieger Robert Hart, dem die GDBM Ende 1999 den Auftrag
für eine "unabhängige Studie" erteilte.  Mehr dazu unter

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/clsr-rhart97/

Die GDBM hält auch in oben zitiertem Zourek-Papier an ihrer Sprachregelung
fest, wonach es sich um eine "unabhängige Studie" handelte.

Heinz Zourek stammt offenbar aus dem deutschsprachigen Raum.  Sein Papier
wurde, wie bei der GDBM üblich, in trautem Kreise auf einer
Patentjuristenkonferenz bekanntgegeben.

Offenbar befördert die GDBM grundsätzlich nur gläubige Gemeindemitglieder nach
Brüssel zur Arbeit am Swpat-Dossier.  Möglicherweise werden wir noch wehmütig
and die guten alten Zeiten mit Erik Noteboom und Bernhard Müller zurückdenken
müssen.

-phm