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heise online: TKUeV: Die Innere Sicherheit wird teuer



Diese Meldung aus dem heise online Newsticker wurde Ihnen
von Verlag Heinz Heise <em@ct.heise.de> gesandt.
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wie kann es nur so weit kommen. wo hat fitug hier seinen input gegeben ???
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TKÜV: Die Innere Sicherheit wird teuer

Der Leiter der Zentralstelle für organisiertes Verbrechen bei der
Generalstaatsanwaltschaft Celle, Hans-Dieter Jeserich, fordert von den
Mobilfunkbetreibern höhere Investitionen in ihre technische Infrastruktur.
Künftig müsse es möglich sein, die IMEI-Gerätenummer eines Mobiltelefons
für eine gerätebezogene Überwachung zu ermitteln und den Standort von
Handys festzustellen, auch wenn mit diesen gerade nicht telefoniert werde,
sagte Jeserich auf einer Tageskonferenz zur neuen
Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) in Münster. 

Zu der Veranstaltung hatte das Institut für Informations-,
Telekommunikations- und Medienrecht sowie das Institut für
Kriminalwissenschaften der Universität Münster geladen. Während sich die
Parteien in Berlin mit der Ausweitung der Telefonüberwachung[1] befassten,
diskutierten die Teilnehmer in Münster das Thema "Innere Sicherheit auf
Kosten von Netzbürgern und Providern"[2] sehr kontrovers. 

Jürgen Ullrich vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technik verteidigte
den Ansatz der TKÜV und warnte vor den Folgen falscher Interpretationen.
Weder führe die Überwachung der Telekommunikation in den Überwachungsstaat,
der jede E-Mail mitlese, noch sei sie eine geheime Sache, die für
Missbrauch aller Art offen sei. Jede TK-Überwachung müsse richterlich
angeordnet werden und der Provider sei schriftlich zu informieren. Wie
Ullrich waren auch die Vertreter des BKA, des Verfassungsschutzes und des
Bundesinnenministeriums (Task Force Sicheres Internet) mit der TKÜV
zufrieden, wenngleich sie sich über einzelne Formulierungen des Entwurfs
"unglücklich" zeigten. 

Eine deutlich forcierte Position bezog hingegen Hans-Dieter Jeserich, der
die TKÜV in der gegenwärtigen Formulierung für ausbaufähig hält.
Insbesondere bemängelte er eine Überwachungspraxis, die der technischen
Entwicklung hinterherlaufe und die lückenhafte Globalisierung: Schon das
Telefonat aus dem Ausland mittels Roaming stelle die überwachenden Behörden
vor große Probleme. Von den TK-Providern forderte Jeserich eine bessere
technische Infrastruktur. So müsse es möglich sein, die IMEI-Gerätenummer
eines Mobiltelefons für eine gerätebezogene Überwachung zu ermitteln, auch
müsse es möglich sein, den Standort eines nicht telefonierenden Handys
herauszubekommen. 

Die Praxis der Mobilfunkbetreiber, die den Standort eines Telefons nur alle
15 bis 30 Minuten ermitteln, charakterisierte Jeserich als "untragbar".
Deutliche Kritik übte er auch an den Überwachungsmöglichkeiten im Netz der
Netze: "Völlig defizitär ist die Internet-Überwachung, die weithin nicht
funktioniert und horrende Kosten verursacht. Bei einem größeren
Ermittlungskomplex fallen bei uns bis zu eine Million Mark an." 

Eine technische Antwort auf Jeserich gab Michael Rücker, bei der Utimaco AG
für das Interception Management System zuständig, das nach TKÜV-Richtlinien
entwickelt wurde und bei den meisten deutschen Providern installiert ist.
Rücker gab zu bedenken, welche Datenflut zu bewältigen wäre, wenn die
Position aller eingeschalteten Handys ermittelt würde. Sehr skeptisch
zeigte sich Rücker im Gespräch mit heise online auch bei der Übertragung
der Gerätenummern: "Es ist ja nicht so, dass einfach nur alle
Empfangsstationen umgerüstet werden müssten, sondern es müsste tief in der
Software der Provider gearbeitet werden. Ein Entwicklungsaufwand von zwei
Jahren ist realistisch." 

Hannes Federrath von der TU Dresden konzentrierte sich in seinem Referat
auf die Überwachungsschnittstellen, bei denen kleinere Provider erheblich
unter Druck geraten würden: für 100 Teilnehmer müssten sie sechs Interfaces
bereitstellen, für 100.000 wären es 134. Fedderath bemängelte die
elektronische Übermittlung einer Überwachungsanforderung, die nicht einmal
durch eine digitale Signatur geschützt sei. 

Ähnlich wie Federrath rechnen auch Harald Summa vom Verband der
Internet-Provider und Salomon Grünberg, Senior Regulatory Manager von
MCIWorldcom. Summa bezifferte die Kosten für eine TKÜV-konforme
Installation bei einem ISP mit 10 POPs und 10 Routern auf zwei Millionen
Mark. Grünberg sprach von dreistelligen Millionenbeträgen für seine Firma
und verwies auf eine Rechnung von UUNet, nach der allein für die Router 60
Millionen veranschlagt werden müssten. Aus dem Kreis der Teilnehmer wurde
Unmut darüber laut, dass die Industrie für die Kosten der Überwachung
aufzukommen habe. Dabei wurde das Beispiel Holland angeführt, wo der Staat
immerhin die Kosten für Überwachungsinterfaces und Software übernehmen
muss. (Detlef Borchers) (em[3]/c't)

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 http://www.heise.de/newsticker/data/em-12.05.01-001/

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 [1] http://www.heise.de/newsticker/data/dwi-11.05.01-002/
 [2] http://www.uni-muenster.de/Jura.tkr/veranstaltungen/tkuev/Programm.html
 [3] mailto:em@ct.heise.de

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