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Informationsfreiheitsgesetz: Endlich vorgelegt




Aus der FTD vom 7.6.2001

Generelle Geheimniskrämerei der Behörden
wird abgeschafft
Von Peter Ehrlich, Berlin

Alle Bürger sollen in Zukunft prinzipiell Zugang zu den Akten der
öffentlichen Verwaltung bekommen. Das sieht der von
Bundesinnenminister Otto Schily gestern vorgelegte Entwurf für ein
"Informationsfreiheitsgesetz" vor.

Die Neuregelung wird zunächst nur für den Bund gelten, soll aber nach dem
Willen Schilys auch von Ländern und Gemeinden übernommen werden. Bisher
müssen Bürger meist ein bestimmtes Interesse nachweisen, bevor sie an
Akten und andere Vorgänge kommen können. In den USA und auch anderen
europäischen Ländern sowie auf EU-Ebene gibt es dagegen weit gehende
Auskunftspflichten des Staates. In Deutschland existieren bisher nur in Berlin,
Brandenburg und Schleswig-Holstein Informationszugangsgesetze.

Auf der Internetseite des Innenministeriums (www.bmi.bund.de) fordert die
Regierung die Bürger auf, sich zu dem Gesetzentwurf zu äußern. Die
Onlinediskussion beginnt damit schon vor Beschluss des Gesetzes im
Bundeskabinett.

Bis jetzt kaum Auskunftsrechte

Die Regierung räumt ein, dass Informationszugangsrechte bisher in
Deutschland die Ausnahme sind. Nur im Stasi-Unterlagengesetz und im
Umweltinformationsgesetz gibt es solche Auskunftsrechte. Nun wird ein "Recht
auf Zugang zu amtlichen Informationen" allgemein festgeschrieben. Dazu
gehören Akten und andere Schriftstücke, elektronische Aufzeichnungen,
Filme, Fotos und Karten. Gebühren für die Informationen sollen nur dann
verlangt werden, wenn es sich um sehr umfangreiche Auskunftsanträge
handelt. Damit die Bürger auch wissen, wo sie suchen, und wonach sie fragen
müssen, sollen Organisations- und Aktenpläne allgemein zugänglich gemacht
werden. Die Auskünfte der Behörden können schriftlich und mündlich erteilt
werden, Bürger sollen sich auch Akten kopieren dürfen.

Ausgenommen sind nur Notizen und interne Vorentwürfe, Informationen aus
laufenden Verwaltungsverfahren, unter Geheimschutz stehende Angaben und
Angaben über Dritte, damit deren Recht auf Datenschutz nicht verletzt wird.
Angaben über Amtsträger oder Gutachter, die an einem
Verwaltungsverfahren beteiligt waren, müssen wiederum gegeben werden.

Lehnt die Behörde einen Antrag ab, muss sie das begründen und auch
mitteilen, wann die Information öffentlich zugänglich wird. Der
Bundesdatenschutzbeauftragte darf sich künftig auch "Bundesbeauftragter für
Informationsfreiheit" nennen. Er soll Beschwerden von Bürgern prüfen, denen
die Auskunft verweigert wurde.


© 2001 Financial Times Deutschland

URL des Artikels:

              http://www.ftd.de/pw/de/FTDNQB86XMC.html