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Re: [FYI] CDU begibt sich auf den Netzpfad - "Patentschutz nur



On 19 Aug 2001, at 11:49, Stefan Krempl wrote:

Klarerweise ein Formelkompromiss, der einen Dissens verdecken soll, IMHO:

Erste Fraktion (Basso Continuo):

> Der auch durch internationale Verpflichtungen abgesicherte Schutz
> immaterieller Rechte muss grundsätzlich auch für Leistungen im Bereich
> der Softwareentwicklung gelten. Deshalb sollen Patente auf
> Softwareentwicklungen auch nach deutschem Recht erteilt werden können.

Zweite Fraktion (Solisten im Wechselgesang):

> Patente auf Software dürfen aber nur bei Offenlegung des Quellcodes
> erteilt werden. 

> Patentrechtsinhaber sind zu verpflichten, lizenzfreie
> Schnittstellen zu schaffen oder zu ermöglichen.

> Im Interesse der
> Innovationsfähigkeit sollte die Laufzeit von Software-Patenten kurz
> bemessen sein und 5 Jahre nicht überschreiten. 

> Berechtigte
> Sicherheitsinteressen von Anwendern müssen Vorrang vor Urheberrechten
> der Entwickler haben.

Wie das zusammengehen soll, das waere ja die eigentlich interessante Aussage. 
So, wie es dargestellt ist, passt es nicht. Software an sich (als 
"Textgewebe", "linguistisches Konstrukt") ist ja auch bei Patenten auf 
computer-implementierbare Erfindungen nie Gegenstand von Patentanspruechen. 
"Patente auf Software" gibt es schlicht nicht, auch nicht beim US-PTO, beim 
EPA oder beim DPMA. Was meint dann die CDU-Kommission mit ihrer Aussage?

Richtig ist vielmehr, dass prinzipiell Patentansprueche mit funktionalen 
Merkmalen durch Kombination aus Software plus zugehoerigem Prozessor verletzt 
werden koennen. Dieser Tatbestand - und nichts anderes - ist der Kern der 
derzeitigen Debatte ueber "Softwarepatente". Der Patentanspruch sagt aber 
nicht immer, ob stets eine Verletzung durch Software plus Prozessor im 
Fadenkreuz ist und/oder auch eine Verletzung durch Hardware (z.B. ASIC-
Baustein); der Begriff hierfuer lautet "Ambivalenzbereich".   

Wenn man also Rechtspflichten fuer den Anmelder / Patentinhaber an den 
Tatbestand "Patent auf Software" knuepfen will, muesste man erst einmal 
praezise klaeren, was dameit gemeint sein soll.

Die Zwangslizenz-Frage ist schon des oefteren andiskutiert worden, z.B.

http://www.jurpc.de/aufsatz/20000223.htm  

(dort Absatz 78) sowie das LuGeHo-Gutachten unter

<http://www.sicherheit-im-internet.de/download/Kurzgutachten-Software -
patente.pdf>  

dort Seite 135 bis 136.

Der Fuenf-Jahres-Vorschlag waere nur international zusammen mit einer 
Aenderung von TRIPS machbar.

"Berechtigte Sicherheitsinteressen von Anwendern" klingt gut und hat 
zweifellos einen wahren Kern. Die eigentliche Aufgabe ist aber damit noch 
nicht geloest.

Im uebrigen ist in dem Heise-Artikel noch ein Fehler:

"Ein vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten kam 
daher im vergangenen Jahr zu dem Schluss, Open-Source-Software vom 
Patentschutz auszunehmen."

Das LuGeHo-Gutachten hat (im Kern) lediglich vorgeschlagen, eine 
Patentverletzung dort per Legalfiktion auszuschalten, wo der textuelle Aspekt 
von Software gegenueber dem funktionalen Aspekt dominant ist; d.h. solange 
man Software-Code nicht mit dem Prozessor zusammenbringt, auf dem sie 
ablaufen soll, kann man damit alles machen, ohne _patentrechtlich_ belangt 
werden zu koennen.  

--AHH