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[FYI] Strukturwandel der medialen Öffentlichkeit - Wird das Medienethos ausgehöhlt?



http://www.jurpc.de/aufsatz/20010136.htm

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Rafael Capurro *  

Strukturwandel der medialen Öffentlichkeit - Wird das Medienethos 
ausgehöhlt?  

JurPC Web-Dok. 136/2001, Abs. 1 - 35  

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Kurzfassung  

Die Massenmedien, so die Ausgangsbeobachtung, haben ein ambivalentes 
Verhältnis zum Internet. Während vor etwa einem Jahr die Berichte 
über das Internet in den Massenmedien vorwiegend negativ waren, lässt 
sich in letzter Zeit eine Trendwende feststellen. Das sollte aber 
nicht darüber hinwegtäuschen, dass die hierarchische Struktur 'Ein 
Sender viele Empfänger' durch das Internet insofern grundsätzlich in 
Frage gestellt ist, als jeder Empfänger zugleich ein Sender werden 
kann. Darauf reagieren die Massenmedien mit Internet-Angeboten, bei 
denen eine stärkere Interaktion gegeben ist. Die Macht des Senders 
bleibt aber dabei letztlich unangetastet. Damit stellt sich die 
Frage, inwiefern das herkömmliche Medienethos, also die tatsächlichen 
Strukturen, die das zwischenmenschliche massenmediale Verhältnis 
bisher prägten, durch das Internet ausgehöhlt werden. 

Aufgabe der Ethik ist es, über die Begründung von Ethos bzw. Moral 
nach- und vorzudenken. Ein Strukturwandel der Öffentlichkeit zeichnet 
sich ab, der nicht weniger radikal ist, als der Wandel von einer 
oralen zu einer Schriftkultur oder von einer Printkultur zur heutigen 
noch herrschenden Kultur der audiovisuellen Massenmedien. Angesichts 
der Globalität der Weltvernetzung wird die Frage nach einem 
Weltinformationsethos gestellt, bei der nicht mehr nur um die 
Verantwortung der Sender-Oligopole und ihrer Mitarbeiter, die 
Journalisten, geht, sondern um eine komplexe weltweite Struktur, in 
der die Rollen Sender/Empfänger austauschbar sind.  

Hierbei geht es weniger um die Kodifizierung einer neuen 
Informationsmoral, als vielmehr um die Ausbildung einer solchen 
Moral, in welcher, so meine Vermutung, der Stellenwert der bisherigen 
Oligopole abgeschwächt ist. Die unterschiedlichen moralischen 
Traditionen lassen sich weniger durch universale Imperative als durch 
situationsbezogene Desiderative in Einklang bringen. Jenseits einer 
Ethik des Ge- oder Verbots, tritt eine Ethik des Angebots ein. Das 
alte Ethos der Massenmedien des 20. Jahrhunderts wird in der Tat 
ausgehölt. Es ist jetzt unsere Aufgabe, an einem veränderten, durch 
die Weltvernetzung geprägten Weltinformationsethos aktiv 
mitzuarbeiten.  

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