Re: [FYI] (Fwd) FC: Frank Sudia's anti-crypto stand: Razor bladegenie is out of the bottle

[PILCH Hartmut <phm@a2e.de>]

> > Auch wenn er im Ansatz Recht hat.
>
> Wo bitte? Überzeug mich mal.

> Wenn ich so was lese:

> > ALL your freedoms that are worth anything are 100% derived
> > from the presence of a strong and effective government, to
> > enforce them against your local warlord.

> kommt es mir eher so vor, als habe der gute Mann sich an
> Hobbes besoffen.

Sudia hat insoweit recht, wie er sich gegen allzu reflexhaftes
Bürgerrechtsgeschrei wendet, welches bei jeder technikbedingten
Veränderung der Kräfteverhältnisse immer nur die Privatsphäre ausdehnen
will und aufschreit, sobald die Veränderung einmal zugunsten der
Gläsernheit verläuft.  Er hat Recht, wenn er darauf verweist, dass alle
Freiheiten vom Funktionieren einer Ordnung abhängen, und dass dies u.a.
eine kybernetische Frage ist.  Die Forderung:  erst eine Ordnung
anvisieren, in der bestimmte Freiheiten verwirklichbar sind, und dann von
"Freiheiten" o.ä. reden, finde ich ziemlich heilsam.  Beim üblichen
Politisieren kursiert noch immer zu viel Naturrechtsglaube und zu viel
unbegründete Behauptungen wie etwa "Zurückweichen der Privatsphäre = Weg
in den Stasistaat", dazu emotionale Parolen wie "Überwachungsstaat" und
"Polizeistaat", an denen sich Leute festklammern, ohne zu merken, dass die
längst ausgelutscht sind.  Das erinnert an altlinke Rhetorik, wonach die
Wiederaufrüstung Westdeutschlands unweigerlich in den "Faschismus" führen
müsse.

Heute las ich einen Bericht davon, dass CSU-Politiker genau jene sonst nur
von Bürgerrechtlern bekannten Privatsphäre/Überwachungsstaat-Argumente
vorbrachten, als es darum ging, Steuerinspektoren Rechte zu
Überraschungsuntersuchungen zwecks Aufdeckung von Korruption etc
einzuräumen.  Auf einmal waren die Rollen umgekehrt.  Meine Vermutung ist,
dass es in beiden Fällen um eine unfundierte angstpropagandistische
Verbrämung eines Unbehagens handelt.

Sudia verhält sich eigentlich nicht diesen Einsichten entsprechend.  Er
nutzt die Gunst der Stunde, um Unterstützung für lange geplante
Lieblingsprojekte zu mobilisieren, die mit den dringenden Problemen nichts
oder wenig zu tun haben.  Er setzt auf genau die Art von reflexhaftem
Aufschrei-Politisieren, welche er seinen Gegnern vorwirft, und verkennt
die mathematische Natur von Kryptographie, tut so als handele es sich um
"Geräte" und "Produkte", die seinen Regulierungsträumen gehorchen könnten.
Die Kritik, auf die er antwortete, traf eigentlich ins Schwarze, und er
konnte nur antworten, indem er die Frage auf den Nebenkriegsschauplatz der
Datenschutzideologie verlagerte.  Auf diesem Nebenkriegsschauplatz kann
Sudia tatsächlich Punkte gewinnen.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
89000 Stimmen gegen Logikpatente:            http://www.noepatents.org/