[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Beckstein: Kann kein Arabisch. (Krypto böse?)
- To: debate@lists.fitug.de
- Subject: Beckstein: Kann kein Arabisch. (Krypto böse?)
- From: Thomas Roessler <roessler@does-not-exist.org>
- Date: Tue, 18 Sep 2001 10:29:33 +0200
On 2001-09-18 06:05:51 +0200, Joerg-Olaf Schaefers wrote:
>[Scheinbar geht es auch auch ohne Kryptoprogramme. Die boesen
>Menschen haben einfach nur kommuniziert ...]
Beckstein war gestern abend das einzige, das in "Report aus München"
wirklich sehenswert war: Man habe bei irgendwelchen möglichen oder
tatsächlichen Übeltätern CD-ROMs gefunden. Diese seien (Gesicht
verzieht sich noch etwas verkrampfter als sonst) auf arabisch
beschriftet gewesen und hätten auch arabische Inhalte gehabt. Das
habe einen vor "größte Probleme" gestellt. Dann wurde, wenn ich das
richtig in Erinnerung habe, noch vom Moderator mitgeteilt, daß "die
Spezialisten des LKA" auf den CDs nichts terroristisch Relevantes
gefunden hätten, daß aber natürlich noch etwas Steganographisches
hätte auf den CDs versteckt sein können, das man dann nicht finden
könne.
Frei nach dem Motto: Wo nichts ist, wir aber viel Geld ausgegeben
haben, um das herauszubekommen, ist bestimmt Steganographie.
Der Rest der Sendung war dann (soweit ich ihn mir angetan habe)
schon beinahe komisch in seiner Diffusität.
Münchner Polizeipräsident (imitiert offenbar die Verkniffenheit und
Verkrampftheit seines Innenministers) will selbst nichts Konkretes
zu Kryptographie sagen, dies sei ein europäisches Problem, das auch
auf europäischer Ebene besprochen gehöre. (Ob da auch über Arabisch
debattiert wird, das ja anscheinend ebenso schwer zu knacken ist?)
An einer anderen Stelle wird unterstellt, die Geheimdienste könnten
ohnehin alles Verschlüsselte lesen (gezeigt wird ASCII-Armor, also
wieder PGP als Beispiel) - dann sagt ein Interviewpartner (wirre
blonde Stehhaare, Amerikaner => Kryptoexperte), daß die Terroristen
ja womöglich etwas Unbrechbares oder gar etwas noch gar nicht
Bekanntes verwenden könnten. Was denn nun? Ein IT-Experte aus
Deutschland (drei Mini-Tower auf dem Schreibtisch, zwei Bildschirme,
KDE) gibt eine bedeutungsschwangere, aber letztlich schwachsinnige
Demonstration davon, wie Steganographie aussieht. Andy
Müller-Maguhn spricht darüber, daß eine Netz-Komponente eines
kommenden Krieges nicht unwahrscheinlich sei und man z.B. mit
Angriffe auf kritische Netzinfrastrukturen rechnen müsse.
Daraus folgert dann der Moderator, daß das Internet (unendliche
Weiten?) ein ideales Kommunikationsmedium auch für Terroristen sei.
Ich habe es lange nicht mehr erlebt, daß ein derart unreflektiertes
Zusammenklatschen unverdauter und unzusammenhängender
Informationsbrocken als Journalismus verkauft wird. Aber vielleicht
liegt es ja daran, daß ich länger kein "Report aus München" mehr
geschaut habe.
--
Thomas Roessler http://log.does-not-exist.org/