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Beckstein: Kann kein Arabisch. (Krypto böse?)



On 2001-09-18 06:05:51 +0200, Joerg-Olaf Schaefers wrote:

>[Scheinbar geht es auch auch ohne Kryptoprogramme. Die boesen 
>Menschen haben einfach nur kommuniziert ...]

Beckstein war gestern abend das einzige, das in "Report aus München" 
wirklich sehenswert war: Man habe bei irgendwelchen möglichen oder 
tatsächlichen Übeltätern CD-ROMs gefunden.  Diese seien (Gesicht 
verzieht sich noch etwas verkrampfter als sonst) auf arabisch 
beschriftet gewesen und hätten auch arabische Inhalte gehabt.  Das 
habe einen vor "größte Probleme" gestellt.  Dann wurde, wenn ich das 
richtig in Erinnerung habe, noch vom Moderator mitgeteilt, daß "die 
Spezialisten des LKA" auf den CDs nichts terroristisch Relevantes 
gefunden hätten, daß aber natürlich noch etwas Steganographisches 
hätte auf den CDs versteckt sein können, das man dann nicht finden 
könne.

Frei nach dem Motto: Wo nichts ist, wir aber viel Geld ausgegeben 
haben, um das herauszubekommen, ist bestimmt Steganographie.

Der Rest der Sendung war dann (soweit ich ihn mir angetan habe) 
schon beinahe komisch in seiner Diffusität.

Münchner Polizeipräsident (imitiert offenbar die Verkniffenheit und 
Verkrampftheit seines Innenministers) will selbst nichts Konkretes 
zu Kryptographie sagen, dies sei ein europäisches Problem, das auch 
auf europäischer Ebene besprochen gehöre.  (Ob da auch über Arabisch 
debattiert wird, das ja anscheinend ebenso schwer zu knacken ist?)

An einer anderen Stelle wird unterstellt, die Geheimdienste könnten 
ohnehin alles Verschlüsselte lesen (gezeigt wird ASCII-Armor, also 
wieder PGP als Beispiel) - dann sagt ein Interviewpartner (wirre 
blonde Stehhaare, Amerikaner => Kryptoexperte), daß die Terroristen 
ja womöglich etwas Unbrechbares oder gar etwas noch gar nicht 
Bekanntes verwenden könnten.  Was denn nun?  Ein IT-Experte aus 
Deutschland (drei Mini-Tower auf dem Schreibtisch, zwei Bildschirme, 
KDE) gibt eine bedeutungsschwangere, aber letztlich schwachsinnige 
Demonstration davon, wie Steganographie aussieht.  Andy 
Müller-Maguhn spricht darüber, daß eine Netz-Komponente eines 
kommenden Krieges nicht unwahrscheinlich sei und man z.B. mit 
Angriffe auf kritische Netzinfrastrukturen rechnen müsse.

Daraus folgert dann der Moderator, daß das Internet (unendliche 
Weiten?) ein ideales Kommunikationsmedium auch für Terroristen sei. 

Ich habe es lange nicht mehr erlebt, daß ein derart unreflektiertes 
Zusammenklatschen unverdauter und unzusammenhängender 
Informationsbrocken als Journalismus verkauft wird. Aber vielleicht 
liegt es ja daran, daß ich länger kein "Report aus München" mehr 
geschaut habe.

-- 
Thomas Roessler                        http://log.does-not-exist.org/