[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: Verlust der Verfassung



Wolfgang Kopp:

>[Lutz Donnerhacke:]
>> Problem mit der EU. Rechtsdogmatisch wird derzeit der EuGH als übergeordnete
>> Instanz der einzelstaatlichen Verfassungsgerichte angesehen.

> Das ist nicht ganz zutreffend. Dogmatisch gibt es derzeit zwei  
> Perspektiven, die sich nur praktisch sehr weit angenähert haben.

> Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts fließt die Legitimation der EU  
> in Deutschland immer noch aus den Zustimmungsgesetzen zu den Verträgen  
> (sog. Brückenbild). Dementsprechend ist die Ausübung der auf die EG  
> "übertragenen" Hoheitsgewalt in Deutschland durch das Grundgesetz  
> beschränkt, das aber seinerseits wieder mit seinem Art. 23 den deutschen  
> Rechtsraum fast ohne Vorbehalte öffnet.

Man sollte vielleicht hinzufügen, daß die fast vorbehaltlose Öffnung
rechtsdogmatisch sehr zweifelhaft ist und so zwar in Teilen der
deutschen Rechtslehre, aber Bundesverfassungsgericht bisher nicht
vertreten wird.

> Solange das nicht der Fall  
> ist und der EuGH einen dem Grundgesetz im Wesentlichen vergleichbaren  
> Grundrechtsstandard sichert, gewährt dieser den Grundrechtsschutz im  
> Einzelfall und dem BVerfG ist (durch Art. 23 GG) eine Prüfung untersagt.

Das Bundesverfassungsgericht ist nicht der Meinung, daß ihm eine
Prüfung untersagt wäre, sondern daß es zwar eine Prüfungskompetenz
hat, diese aber nicht ausübt, solange der EuGH einen vergleichbaren
Grundrechtsschutz gewährleistet. Das ist rechtsdogmatisch natürlich
nicht haltbar. Für die Praxis hat es jedenfalls die Folge, daß der
Grundrechtsschutz leerläuft. M.W. hat der EuGH noch nie auf Klage
eines Bürgers eine Rechtsnorm wegen Verletzung von Grundrechten für
unanwendbar erkärt. Der EuGH prüft die Normen zwar verbal am Maßstab
der Grundrechte, hält sie bisher aber stets für zulässig. (Das habe
ich allerdings nur aus einer Sekundärquelle und nicht überprüft. Wenn
es nicht stimmen sollte, bitte ich um Korrektur.)

Hauke