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[ffii] Hochschulpatentgesetz verabschiedet (fwd)



Date: Sat, 9 Feb 2002 02:15:04 +0100
From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
To: neues@ffii.org
Cc: swpat@ffii.org
Subject: [ffii] Hochschulpatentgesetz verabschiedet

Wir warnten im April 2001 vor dem

        Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmererfindergesetzes
        Gesetz zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen
        http://swpat.ffii.org/cnino/bmbf014/

Der Bundestag verabschiedete diese Gesetz jedoch recht unbekümmert.
Es leuchtete selbst relativ kritisch gesonnenen Abgeordneten ein, dass
"Professoren nicht weiterhin privilegiert werden sollten".  Sie
merkten dabei aber nicht, dass die Hochschullehrerprivilegien
lediglich ein kleineres Übel waren, mit denen der Gesetzgeber in den
50er Jahren umsichtig der besonderen Ökonomie der Grundlagenforschung
Rechnung trug, die ja nicht umsonst als eine öffentliche Aufgabe
betrieben wird.

In der


        BMBF-Presseerklärung
        http://www.bmbf.de/presse01/561.html

wird eingangs der Zweck des Gesetzes recht unumwunden beschrieben:

   Am heutigen Donnerstag tritt eine Änderung des
   Arbeitnehmererfindungsgesetzes in Kraft. Damit werden Hochschulen
   das Recht erhalten, Erfindungen ihrer Mitarbeiterinnen und
   Mitarbeiter zum Patent anzumelden und damit die wirtschaftliche
   Verwertung zu forcieren.

Frau Bulmahn missversteht offenbar die Bedeutung dieses Gesetzes:

   "Damit werden Ergebnisse der Hochschulforschung schneller und
   gezielter in die Anwendung gebracht", sagte
   Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn. "Die systematische
   Erschließung von wirtschaftlich verwertbaren Ergebnissen der
   Forschungsarbeit in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist
   eine gute Investition für künftige Innovationen. Bislang
   brachliegendes Innovationspotenzial an den deutschen Hochschulen
   wird mit dem neuen Arbeitnehmererfindungsgesetz mobilisiert."

Eine "Forcierung der wirtschaftlichen Verwertung" bedeutet
keinesfalls, dass Ergebnisse der Hochschulforschung schneller und
gezielter in die Anwendung gebracht werden.  Es bedeutet lediglich,
dass die Hochschulen stärker profitieren -- sofern das System
für sie funktioniert.

Selbst die neue tendenziöse Studie der Generaldirektion Binnenmarkt
konnte nur belegen, dass (insbesondere über Genpatente) erhebliche
Lizenzgebühren an die Hochschulen fließen können, nicht aber dass dies
die Wirtschaft belebt.  Selbst innerhalb der Universität kommt es
zudem, wie selbst diese GDBM-Studie belegt, durch die zentralisierte
Zwangsverwertung zu erheblichen Zeit- und Reibungsverlusten.

   Bis jetzt hatten allein die Forscherinnen und Forscher und Lehrenden
   und nicht die Hochschule das Recht, ein Forschungsergebnis zum Patent
   anzumelden und wirtschaftlich zu verwerten. In der Vergangenheit ist
   von diesem Recht viel zu selten Gebrauch gemacht worden, und damit die
   Option für eine wirtschaftliche Nutzung entfallen. Mit dem
   novellierten Arbeitnehmererfindungsgesetz erhalten die Erfinderinnen
   und Erfinder an den Hochschulen - nicht nur die Professoren - künftig
   30% der Lizenzeinnahmen, während die jeweilige Hochschule 70% der
   Einnahmen aus einer Patentverwertung erhält und damit neben dem
   erfreulichen Rückfluss von Mitteln auch den Verwertungsaufwand decken
   kann.

   Aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm der Bundesregierung wird jetzt
   mit UMTS-Mitteln der systematische Aufbau und Ausbau des
   Hochschulpatentsystems unterstützt. Dafür werden bis zum Jahr 2003
   rd.  35 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In den Ländern
   entstehen zur Zeit Patent- und Verwertungsagenturen, die mit der
   professionellen Patentverwertung an den Hochschulen beginnen.
   Bundesforschungsministerin Bulmahn forderte die Hochschulen auf,
   die neuen Möglichkeiten aktiv zu nutzen. Sie gehe davon aus, dass
   mit In-Kraft-Treten des neuen Arbeitnehmererfindungsrechts
   langfristig ein großer Innovationsschub von den Hochschulen
   ausgehen wird.

Kurzfristig wird es jedenfalls zu erheblichen finanziellen Belastungen
kommen.  Prof. Cap u.a. sagt gar eine "weitere Verschlechterung des
Hochschulstandortes Deutschland" voraus.  Bulmahns langfristige
Prognosen erscheinen unbegründet.Interessant sind auch manche der
Meinungsbeiträge aus dem Hochschul-Milieu, die nicht unbedingt
Patenten abgeneigt sind, aber dennoch eher eine bürokratische Lähmung
als eine Belebung erwarten, z.B.:

        http://forum.golem.de/phorum/read.php?f=21&i=652&t=649

Besonders beachtenswert ist auch, dass der Hochschul-Patentapparat
auch die Arbeit von Hilfskräften und Studenten für Patentanmeldungen
zwangsweise in Anspruch nehmen kann.  Publizieren unter GNU GPL o.ä.
wird damit unmöglich gemacht.

Kürzlich meinte ein Rechteverwerter der Universität Berkeley, es sei
ein Fehler gewesen, die Grundlagen des Internet einfach so
herzuschenken:

  http://www.salon.com/tech/feature/2002/01/04/university_open_source/print.html

Streben unsere Gesetzgeber eine Rückkehr zum guten alten Btx an?

Unser Pochen auf einer klaren Begrenzung der Patentierbarkeit
(technische Erfindung = Lehre über Wirkungszusammenhänge von
Naturkräften) gewinnt jetzt umso mehr an Dringlichkeit.

-- 
Hartmut Pilch                   http://offen.ffii.org/ffii/Members/phm/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
100K Stimmen 300 Firmen gegen Logikpatente:  http://www.noepatents.org/









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