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[FYI] Paperboy gewinnt vor BGH- "Deep Links" zulaessig
<http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py
?Gericht=bgh&Sort=3&Datum=2003&Art=pm&client=10&Blank=1&nr=26553&id=1
058521926.93>
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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 96/2003
Internet-Suchdienst für Presseartikel nicht rechtswidrig
Der u.a. für das Urheber- und Wettbewerbsrecht zuständige I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über eine Unterlassungsklage
gegen die Betreiber des Internet-Suchdienstes "Paperboy" zu
entscheiden. Der Suchdienst wertet eine Vielzahl von Websites
(Internetauftritten), vor allem von Zeitungsartikeln, auf
tagesaktuelle Informationen aus. Auf Anfrage erhalten Internetnutzer
kostenlos Auflistungen der Veröffentlichungen, die ihren Suchworten
entsprechen, in die auch Stichworte, Satzteile und einzelne Sätze aus
den Veröffentlichungen aufgenommen sind. Die erste Zeile enthält
jeweils die Quelle in Form eines Hyperlinks (elektronischen
Verweises), mit dessen Hilfe die Veröffentlichung unmittelbar
abgerufen werden kann. Das Anklicken des Hyperlinks führt nicht auf
die Startseite (Homepage) des Internetauftritts des
Informationsanbieters, sondern unmittelbar auf die ("tieferliegende")
Webseite mit der Veröffentlichung (sog. Deep-Link). Der Nutzer wird
so an den Werbeeintragungen auf der Startseite vorbeigeleitet. Die
Beklagten bieten an, dem Nutzer täglich alle tagesaktuellen
Veröffentlichungen zu seinen Suchworten per E-Mail zu übermitteln.
Die Klägerin verlegt die Presseerzeugnisse "Handelsblatt" und "DM".
Einzelne Artikel daraus macht sie auch im Internet auf ihren Websites
öffentlich zugänglich. Sie ist der Ansicht, "Paperboy" verletze durch
die Einbeziehung ihrer Websites in seine Suche ihre
urheberrechtlichen Befugnisse an den Artikeln und ihre Rechte an den
Datenbanken, in denen die Artikel für den Internetzugriff gespeichert
seien. Das Suchdienstangebot sei zudem wettbewerbswidrig.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat
sie, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist,
abgewiesen. Die Revision gegen das Berufungsurteil hatte keinen
Erfolg.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs verletzt der Suchdienst der
Beklagten keine Rechte der Klägerin. Mit den Hyperlinks, die den
unmittelbaren Aufruf von Artikeln ermöglichten, nähmen die Beklagten
keine Nutzungshandlungen vor, die den Urheberberechtigten oder den
Herstellern der von ihrem Suchdienst abgefragten Datenbanken
vorbehalten seien. Die Beklagten handelten auch nicht deshalb
rechtswidrig, weil sie es Nutzern von "Paperboy" durch Deep-Links
ermöglichten, unmittelbar den Volltext von Artikeln aus
"Handelsblatt" und "DM" abzurufen und zu vervielfältigen. Ein
Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne
technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich mache,
ermögliche dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender
vornehmen könne. Es sei seine Entscheidung, ob er das Werk trotz der
Möglichkeit, daß nach dem Abruf auch rechtswidrige Nutzungen
vorgenommen würden, weiter zum Abruf bereithalte. Auch ohne Hyperlink
könne ein Nutzer unmittelbar auf eine im Internet öffentlich
zugängliche Datei zugreifen, wenn ihm deren URL (Uniform Resource
Locator), die Bezeichnung ihres Fundorts im World Wide Web, genannt
werde. Ein Hyperlink verbinde mit einem solchen Hinweis auf die
Datei, zu der die Verknüpfung gesetzt werde, lediglich eine
technische Erleichterung für ihren Abruf. Er ersetze die sonst
vorzunehmende Eingabe der URL im Adreßfeld des Webbrowsers und das
Betätigen der Eingabetaste. Ob das Setzen eines Hyperlinks in der
Form eines Deep-Links urheberrechtlich unzulässig sei, wenn der
Linksetzende dazu technische Sperren umgehe, könne offenbleiben, weil
die Klägerin nicht dargelegt habe, daß sie technische Schutzmaßnahmen
gegen den unmittelbaren Zugriff auf "tieferliegende" Webseiten ihrer
Internetauftritte anwende.
Die Beklagten handelten auch nicht wettbewerbswidrig, wenn es ihr
Suchdienst durch Hyperlinks ermögliche, unmittelbar auf Artikel
zuzugreifen, die im Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt"
und "DM" öffentlich zugänglich seien. Dadurch würden die Leistungen
der Klägerin nicht unlauter ausgebeutet. Der Suchdienst biete der
Allgemeinheit einen erheblichen Zusatznutzen, indem er eine Vielzahl
von Informationsquellen erschließe. Die Herkunft der nachgewiesenen
Artikel werde nicht verschleiert. Es sei auch nicht unlauter, wenn
die Nutzer durch Deep-Links an den Startseiten der Internetauftritte
der Klägerin vorbeigeführt würden. Auch wenn der Klägerin dadurch
Einnahmen für die Werbung auf den Startseiten entgingen, könne sie
nicht verlangen, daß nur der umständliche Weg über die Startseiten
gegangen werde und die Möglichkeiten der Hyperlinktechnik ungenutzt
blieben.
Wenn die Klägerin das Internet für ihre Angebote nutze, müsse sie
auch die Beschränkungen in Kauf nehmen, die sich aus dem
Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Internets für die
Durchsetzung ihrer Interessen ergäben. Ohne die Inanspruchnahme von
Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks (gerade in der Form von
Deep-Links) sei die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren
Informationsfülle im World Wide Web praktisch ausgeschlossen. Die
Tätigkeit von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks müsse
deshalb grundsätzlich jedenfalls dann hingenommen werden, wenn diese
lediglich den Abruf vom Berechtigten öffentlich zugänglicher
Informationsangebote ohne Umgehung technischer Schutzmaßnahmen
erleichterten.
Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 259/00
Karlsruhe, den 18. Juli 2003
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-422
Telefax (0721) 159-831
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