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Re: [FYI] SZ: Ein Staat mit tausend Augen



Hi Michael,

On Tue, 06 Jan 2004 00:01:08 +0100 you wrote:

> Öffentliche Plätze waren früher anders überwacht - der Schupo, der an 
> der Ecke steht, ist selber im Auge der Öffentlichkeit; 

Nicht nur früher - hier läuft auch ein "Bezirkspolizist" (keine Ahnung
wie die genau heißen) durch die Innenstadt und Autopolizeistreifen
drehen ihre Runden.
Deren Reichweite war und ist aber naturgemäß begrenzt. Aber als
"Passant" muss man trotzdem ständig mit deren Auftauchen rechnen,
was bereits Schutzwirkung und Abschreckung erzeugt, ganz zu schweigen
von der "Ansprechspartnerfunktion", die wiederum dem Bürger als
Passanten das nötige Sicherheitsgefühl vermittelt - ich sehe häufig
Mitbürger, die sich mit den Polizisten unterhalten.
Das hat aber eine ganz andere "Überwachungsqualität" als eine Batterie
von schwenk- und zoombaren Videokameras, die im Extremfall jeden Winkel
und jede Gesichtsfalte beobachten können. Zumal sich ein Polzist
vielleicht Gesichter merkt, aber das Gesicht bleibt im Kopf des
Polizisten, wo hingegen die Aufnahmen und Daten der Kameras in
irgendwelchen Computersystemen verarbeitet werden und irgendwelchen
Datenbanken verschwinden.
Dann haben wir aber auch das Vakuum, das durch
die Abwesenheit physischer Polizeipräsenz in den Städten erzeugt wird.
Erst letztens im Lokalfernsehen die Meldung, dass wieder Polizeiwachen
in zwei Nachbarstädten geschlossen werden. Das schafft wiederum die
Abschreckung für Kriminelle ab und erzeugt bei den Bürgern ein
Unsicherheitsgefühl, beides dann kompensiert durch Videoüberwachung,
die, so vermute ich mal, einfach kostengünstiger ist, als die
personalintensivere Polizeipräsenz vor Ort.

> die Nachbarn, 
> die uns ins Fenster hineinsehen, müssen sich das selbst auch gefallen 
> lassen.

Ja, das lasse ich mir auch "gern" gefallen, bzw. macht es mir nicht so
viel aus (ich wohne im Erdgeschoss und mein Wohnzimmerfenster hat keine
Gardinen);) Eine Videokamera die ein paar Meter entefernt ebenfalls in
mein Wohnzimmer zoomen kann, nicht. 


> Moderne Kommunikationstechnik macht aus dieser zweiseitigen Beziehung 
> eine einseitige; 
(...)

ACK.

> Warum nicht ein paar Jahre warten und den Bürgern Kameras in die Hand 
> geben, deren Bilder drahtlos an die Obrigkeit gesendet werden? 

Statt ein paar Dutzend festinstallierter Videokameras eine Masse mobiler
Videokameras? Nein Danke. Zumal Du auch da das Problem hast, nicht
überblicken zu können, was mit den Videodaten geschieht. 
Warum werden wohl Fotohandys in Schwimmbädern verboten?

Da wir bei Gedankenspielen sind: Installationen von Videokameras zum
Gebäudeschutz (Lagerhallen und dergleichen) mit begrenztem Radius,
Installation *einzelner*, erkennbarer und ausgezeichneter Kameras als
ultima ratio und nach Abwägung der Alternativen und der
Verhältnismäßigkeit an auch für die Schupos und Autostreifen nicht
einsehbaren Stellen (hier gibt es eine Stelle am Stadtpark, die nicht
beleuchtet ist und an der regelmäßig Leute überfallen werden) mögen auch
OK sein, wenn sie mit der von Dir angesprochenen Transparenz
daherkommen: Es gibt mittlerweile behördliche Karten der
Mobilfunkmasten, warum keine Karten installierter Kameras mit den
Informationen der Betreiber, des Zweckes, der Ansprechpartner?
Einsehbare Protokolle oder Berichte der Videoaufzeichnungen, besonders,
wenn biometrische Analysemethoden hinzukommen und eventuell
Verknüpfungen zu Personendaten hergestellt werden. Dokumentation dieser
möglicherweise vorhandenen Verknüpfungen/Netzwerke. In der Zukunft, wenn
die Robotik Fortschritte macht, mobile Cop-Roboter mit Videokamera, die
die teuren Schupos teilwweise ersetzen könnten oder Rückbau fest
installierter Kameras und Aufstockung des Polzeipersonals - aber die
Kassen sind ja leer...

-- 
Ciao
Kai

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