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[Debate] Kampagne "SPD,CDU und CSU gegen Vorratsdatenspeicherung" gestartet



----- Forwarded message from Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung <presse@vorratsdatenspeicherung.de> -----

Pressemitteilung vom Mittwoch, den 18. April 2007:

Kampagne "SPD, CDU und CSU gegen Vorratsdatenspeicherung" gestartet

Den heutigen Beschluss des Gesetzentwurfs zur 
Vorratsdatenspeicherung durch die Bundesregierung kontert der 
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung mit einer neuen Kampagne: 
Mitglieder, Mandatsträger und Untergliederungen der Volksparteien 
SPD, CDU und CSU sollen sich öffentlich gegen die "drohende 
Zwangsspeicherung des Telekommunikationsverhaltens der gesamten 
Bevölkerung" aussprechen. Der Virtuelle Ortsverein der SPD (VOV) 
unterstützt den Aufruf bereits.

Der Appell mit dem Titel "Risiken der Vorratsdatenspeicherung ernst 
nehmen - und keine Fakten schaffen!" führt Zweifel an der 
Angemessenheit einer generellen Datenspeicherung und das 
Missverhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ergebnis der 
Vorratsdatenspeicherung an. "Noch 2005 ist eine generelle, 
verdachtsunabhängige Speicherung von Verkehrsdaten im Bundestag auf 
parteiübergreifende Ablehnung gestoßen. SPD und Union müssen zu 
diesem Konsens und auf den Boden unseres Grundgesetzes 
zurückkehren", fordert Patrick Breyer vom Arbeitskreis 
Vorratsdatenspeicherung, einem bundesweiten Zusammenschluss von 
Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern.

Mitglieder von SPD, CDU und CSU können den Aufruf ab sofort auf der 
Internetseite http://spdcducsu.vorratsdatenspeicherung.de 
unterzeichnen. Erster Unterstützer des Appells ist der Virtuelle 
Ortsverein der SPD (VOV). Arne Brand, Pressesprecher des VOV, 
erklärt: "Eine Denkpause ist dringend notwendig, denn es geht um die 
Wahrung der Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger. Ob mit der 
Vorratsdatenspeicherung tatsächlich mehr Sicherheit erreicht wird, 
ist umstritten. Es kann nicht angehen, dass nur das 
Bundesverfassungsgericht immer wieder die Versuche 
unverhältnismäßiger staatlicher Überwachung stoppt und per Urteil 
die Freiheitsrechte wahrt - das zu tun ist zuallererst die Aufgabe 
der gewählten Volksvertreter."

Unterdessen haben junge Aktivisten heute morgen unter dem Motto 
"Stasi 2.0: Der Staat weiß jetzt alles" in einer Kunstaktion vor dem 
Bundestag auf die Folgen einer Totalüberwachung hingeweisen. Da 
immer noch viele Menschen meinen, sie hätten "nichts zu verbergen", 
regten die Künstler durch plakative Darstellung der kleinen oder 
großen Geheimnisse, die jeder von uns mit sich herum trägt, zum 
Nachdenken an. Sie richteten Pfeile mit Aufschriften wie 
"schwanger", "Affaire", "verschuldet" und "HIV" auf Menschen.


Der Appell im Wortlaut:

Risiken der Vorratsdatenspeicherung ernst nehmen - und keine Fakten 
schaffen!

Der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung 
sieht vor, die verdachtsunabhängige und flächendeckende 
Protokollierung aller Verbindungsdaten der Kommunikation sämtlicher 
Bürgerinnen und Bürger in Deutschland einzuführen -- egal ob per 
Telefon, Handy, E-Mail oder Internet. Wir, besorgte Mitglieder, 
Mandatsträger und Gliederungen der Volksparteien SPD, CDU und CSU, 
fordern die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen 
Bundestags auf, dieses Vorhaben so lange zurückzustellen, bis eine 
Klärung der berechtigten Zweifel an der Angemessenheit dieses 
tiefgreifenden Eingriffs herbeigeführt wurde.

1. Zweifel an der Angemessenheit

Die Speicherung aller Verbindungsdaten der Kommunikation völlig 
unbescholtener Bürgerinnen und Bürger stellt einen schweren Eingriff 
in das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf informationelle 
Selbstbestimmung dar. Wer wann mit wem von welchem Ort aus 
kommuniziert hat -- dies zu wissen berührt den Kernbereich privater 
Lebensumstände sowie Geschäftsgeheimnisse. Es ist bisher in keiner 
Weise überzeugend dargelegt, dass die Speicherung solch sensibler 
Daten in Fällen, in denen nicht einmal ein Anfangsverdacht vorliegt, 
angemessen ist.

2. Gefahr des Missbrauchs

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die 
Informationsfreiheit hat öffentlich vor einem möglichen Missbrauch 
der Daten gewarnt, die bei zahlreichen Telekommunikationsunternehmen 
und Internetprovidern gespeichert werden sollen. Schon die 
Befürchtung von Missbrauch schreckt von unbefangener 
Telekommunikation ab, auf die Menschen in Notlagen (z.B. bei 
Gesundheits-, Ehe- oder Drogenproblemen) ebenso angewiesen sind wie 
die demokratische Gesellschaft insgesamt (z.B. Schutz von 
Informanten der Presse als Voraussetzung der Aufdeckung öffentlicher 
Missstände).

3. Kosten-Nutzen-Analyse

Die Vorratsdatenspeicherung verursacht nach Angaben der 
Wirtschaftsverbände erhebliche Kosten für die Anschaffung und den 
Betrieb der notwendigen Technik. Diese Kosten gehen letztlich zu 
Lasten der Verbraucher und der Steuerzahler und stehen damit 
beispielsweise nicht mehr für gezielte Projekte zur 
Kriminalprävention zur Verfügung. Bisherige Möglichkeiten der 
Telekommunikationsüberwachung und die Möglichkeit, in 
Verdachtsfällen auf kurzzeitig gespeicherte Verbindungsdaten (bspw. 
"Quickfreeze") zurück zu greifen, haben sich in der Praxis als 
ausreichend erwiesen. Das Missverhältnis zwischen Aufwand und 
möglichem Ergebnis ist augenfällig.

4. Zweifel an der Pflicht zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur 
Vorratsdatenspeicherung

Namhafte Experten weisen darauf hin, dass für die EU-Richtlinie, die 
mit dem Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung umgesetzt werden 
soll, keine Ermächtigungsgrundlage besteht. Die Zusammenarbeit im 
Bereich Justiz und Inneres muss über die "Dritte Säule" erfolgen, in 
der nur einstimmige Entscheidungen getroffen werden können. Irland 
hat deswegen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angestrengt 
mit dem Ziel, die Richtlinie für unwirksam erklären zu lassen. Eine 
vorherige Umsetzung wäre vorauseilender Gehorsam, der uns unter 
Umständen teuer zu stehen kommen könnte. Diese Klage sollte 
zumindest abgewartet werden. Außerdem verstößt die Richtlinie nach 
Meinung namhafter Experten gegen die im Europarecht verankerten 
Grundrechte.

Wir fordern unsere Parteien daher auf, die Umsetzung der allgemeinen 
Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten auszusetzen und zunächst 
in einem offenen Dialog mit ihren Mitgliedern und den Bürgern die 
Risiken der Vorratsdatenspeicherung zu erörtern. So sehr wir uns 
eine wirksamere Bekämpfung des Terrorismus wünschen, so wenig 
möchten wir durch unüberlegtes Handeln neue Gefahren 
heraufbeschwören und die freiheitlichen Grundrechte einschränken, 
deren Verteidigung gerade das Ziel des Kampfes gegen Terrorismus und 
andere Feinde einer demokratischen und offenen Gesellschaft ist!


Unterzeichnung des Appells: 
http://spdcducsu.vorratsdatenspeicherung.de

Bilder der Kunstaktion: 
http://www.flickr.com/photos/familienpolitik/463836941/in/set-72157600088736461

Diese Pressemitteilung im Internet: 
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/?/content/view/101/55/

Bildmaterial zur Vorratsdatenspeicherung: 
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/?title=Plakate

----- End forwarded message -----
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