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[Debate] [Aktionsbuendnis Urheberrecht] Auf dem Weg zum Dritten Korb



Liebe Unterzeichner der Goettinger Erklaerung!

Wir moechten Sie auf den aktuellen Stand der Anstrengungen des
Aktionsbuendnisses bringen, ein bildungs- und
wissenschaftsfreundliches Urheberrecht zu erreichen.

Die Urheberrechtsanpassung des Zweiten Korbs ist mit Beginn 2008
Gesetz geworden, und auch wir koennen nicht verhehlen, dass das Ziel
der Bundesregierung, "ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches
Urheberrecht" zu formulieren, weitgehend gescheitert ist. Die
meisten der fuer Bildung und Wissenschaft als positive Schranken
gedachten Regelungen entsprechen kaum den Beduerfnissen und der
Praxis der in diesen Bereichen Arbeitenden. Erneut hat sich das
starke Lobbying der Informationswirtschaft offenbar als zu stark und
die Politik ueberzeugend erwiesen.

- Unzureichend ist weiter die zeitliche Begrenzung der eigentlichen,
  aus dem Ersten Korb stammenden Wissenschaftsschranke Paragraph 52a
  UrhG (gueltig nur bis Ende 2008, wenn nicht eine erneute
  Entscheidung getroffen wird).

- Die Regelungen fuer die Rechte an bislang unbekannten Nutzungsarten
  eroeffnen an sich neue Spielraeume fuer Nachpublikationen im
  elektronischen Umfeld, beruecksichtigen aber nur unzureichend die
  urspruenglichen Rechte der Urheber. Hier hat das Aktionsbuendnis
  Ihnen ja Hilfestellung gegeben, wie Sie gegenueber den Verlagen
  Ihre Rechte besser sichern koennen.
- Auch die neuen, auf die fuer Bildung und Wissenschaft
  unverzichtbaren Bibliotheken ausgerichteten Paragraphen 52b
  (Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplaetzen in
  oeffentlichen Bibliotheken,..) und 53a (Kopienversand auf
  Bestellung) haben jetzt schon mehr Unruhe und Verunsicherung
  beschert, als dass sie angemessene Loesungen dieser Probleme
  bereitgestellt haben.

- Fuer Bildung und Wissenschaft ist weiter nicht akzeptabel der auch
  ueber das Urheberrecht rechtlich geschuetzte Einsatz von technischen
  Schutzmassnahmen (Digital Rights Management). Ebenso steht die
  Behandlung weiterer wichtiger Probleme an, wie z.B. die Regelung des
  Umgangs mit verwaisten Werken oder die Neuregelung des Paragraph
  38, der den Autoren gegenueber den Verlagen die Rechte an ihren
  Werken besser sichern soll (dazu weiter unten).

Als Erfolg der Arbeit des Aktionsbuendnisses kann sicher gewertet
werden, dass der Bundestag bei der Verabschiedung des Zweiten Korbs
beschlossen hat, einen Dritten Korb einzusetzen, der ausdruecklich
ein Bildungs- und Wissenschaftskorb sein soll. Ob dieser noch in
dieser Legislaturperiode zu einem Ende kommen wird (oder zumindest
auf den Weg gebracht werden kann), mag unsicher sein - sicher aber
ist, dass es fuer den Zugang zum Wissen und zur digitalen
Information und damit fuer das Aktionsbuendnis in den naechsten 
Jahren noch sehr viel zu tun gibt.

Das Aktionsbuendnis hat aus dem gewissen Scheitern der bisherigen
Bemuehungen um ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches
Urheberrecht versucht die Konsequenzen zu ziehen: Es wird sicher
nicht ausreichen, ausschliesslich auf die Kraft und Wirkung der
Argumente zu setzen. Diese muessen mit entsprechenden politik- und
oeffentlichkeitswirksamen Massnahmen begleitet werden. Man kann das
auch Wissenschaftsmarketing oder -lobbying nennen. Sicherlich werden
wir nie der Verlagswirtschaft vergleichbare Finanzmittel dafuer
aufbringen koennen, aber wir wollen uns bemuehen. Da dies ueber das
Aktionsbuendnis selber nicht geht, haben wir den Verein
"Urheberrecht fuer Bildung und Wissenschaft" gegruendet, der als
gemeinnuetzig anerkannt ist. Dieser Verein soll die Ziele des
Aktionsbuendnisses durch entsprechende Aktionen unterstuetzten. Dazu
sollen z.B. gehoeren:

- Eine professionellere Presse- und Oeffentlichkeitssarbeit 
- Aufklaerungskampagnen online und offline, bis hin zu
  Plakatierungsaktionen
- Erstellung von Broschueren/Flyern und anderen
  Informationsmaterialien, auch zur Einwerbung weiterer Unterstuetzer
- Einrichtung eines kleinen Bueros in Berlin zur Wahrnehmung der
  politischen Kontakte und der organisatorischen Aufgaben des
  Aktionsbuendnisses bzw. des Vereins
- Bestellung von Gutachten zu speziellen rechtlichen Fragen, bis hin
  zur Absicherung moeglicher Verfassungsbeschwerden wegen
  Einschraenkung der Wissenschaftsfreiheit 
- Durchfuehrung von Veranstaltungen
- Vernetzung mit aehnlich ausgerichteten Initiativen in Europa mit
  dem Ziel der Ueberpruefung und Revision der EU-Richtlinie von 2001 im
  Sinne der Interessen von Bildung und Wissenschaft
- Finanzierung von notwendig werdenden Reisen der im Aktionsbuendnis
  Aktiven

Alle diese und sicher noch weitere Aktionen sind wichtig und noetig,
aber eben auch abhaengig von den verfuegbaren Ressourcen. Wir wenden
uns daher mit der Bitte an Sie zu ueberpruefen, ob sie das
Aktionsbuendnis, dem Sie, zusammen mit vielen anderen, ja schon
durch Ihre Unterzeichnung der Goettinger Erklaerung breite
oeffentliche Bekanntheit und Akzeptanz gegeben haben, durch eine
Spende unterstuetzen koennen. Jeder Betrag ist willkommen!

Ueberweisen Sie Ihre Spende bitte mit dem Vermerk "B&W-freundliches
Urheberrecht" an den "Verein Urheberrecht fuer Bildung und
Wissenschaft"
	Konto-Nr. 335 380 00
	Raiffeisenbank Oldenburg eG
	BLZ 280 602 28
Wenn Sie uns bei der Ueberweisung Ihre Anschrift mitteilen, erhalten
Sie von uns eine Spendenbescheinigung.

Als kleinen Anreiz dafuer koennen wir Ihnen - wie aber natuerlich
auch allen anderen Personen - anbieten, das gerade erschienene Buch
des Sprechers des Aktionsbuendnisses kostenfrei zu Ihrer Nutzung
herunterzuladen (Sie koennen es aber auch als Buch kaufen). Es mag
Ihnen helfen, die komplexen Themen und Probleme des Urheberrechts,
auch in seinen Konsequenzen fuer Bildung und Wissenschaft, leichter
nachzuvollziehen (s. dazu die Information am Ende dieser
Mitteilung).

Aktuell hat das Aktionsbuendnis vor, 

a) sich fuer den Erhalt und die Verbesserung des erwaehnten
   Wissenschaftsparagraphen 52a einzusetzen und der durchaus nicht von
   der Hand zu weisenden Gefahr der Privatisierung der informationellen
   Absicherung von Bildung und Wissenschaft entgegenzuwirken. Diese
   besteht durchaus, wenn Paragraph 52a wegfallen sollte und jede
   Nutzung von Information, z.B. auch fuer Kurse an den Hochschulen
   oder fuer die Arbeit in den Forschungsgruppen, ueber
   Lizenzvereinbarungen mit der Wirtschaft einzeln finanziert werden
   muss,

b) in den Dritten Korb einen Vorschlag zur Regelung des Umgangs mit
   verwaisten und vergriffenen Werken einzubringen,

c) sich - einen Vorschlag des Bundesrats aufgreifend - fuer die
   Veraenderung des Paragraph 38 UrhG einzusetzen. Danach soll die dort
   vorgesehene Einjahresfrist fuer den Rueckfall der Rechte an die
   Autoren nach Moeglichkeit auf Null gesetzt werden. Zu dieser Frist
   sollen auch jetzt schon die Autoren wieder die Rechte an ihren
   Zeitschriftenarbeiten erhalten, es sei denn, es wurde (was leider
   haeufig der Fall ist) vertraglich anderes vereinbart. Solche
   einschraenkenden vertraglichen Vereinbarungen sollen, auch nach dem
   Bundesrat, nicht mehr erlaubt sein. D.h. parallel zur
   Verlagsveroeffentlichung soll dann die eigene oder institutionelle
   oeffentliche Zugaenglichmachung ueber Open Access gesetzlich
   geregelt sein. Das Aktionsbuendnis strebt allgemein an, dass fuer
   wissenschaftliche Arbeiten den Verlagen nur ein einfaches
   Nutzungsrecht eingeraeumt werden soll, so dass alle Rechte, z.B.
   fuer Open Access, bei den Autoren verbleiben.

Ausfuehrlich werden Sie weiter auf der Website des
Aktionsbuendnisses informiert. Dort finden Sie auch die Namen und
Adressen der drei Sprecher sowie der Mitglieder der insgesamt
18-koepfigen Lenkungsgruppe, die Sie bei Bedarf jederzeit
ansprechen koennen.

Rainer Kuhlen
(Sprecher des Aktionsbuendnisses Urheberrecht fuer Bildung und
Wissenschaft)

Anhang:
======= 
Zum Buch 
Rainer Kuhlen 
"Erfolgreiches Scheitern - eine Goetterdaemmerung des
Urheberrechts?"
Schriften zur Informationswissenschaft; Bd. 48. vwh - Verlag Werner
Huelsbusch: Boizenburg 2008

Ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht - so hatte
es die gegenwaertige Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung
gewollt. Leider entspricht das mit Wirkung Anfang 2008 gueltige
Gesetz kaum den Erwartungen und Beduerfnissen von Bildung und
Wissenschaft. Der positive Nebeneffekt dieses Scheitern koennte
aber sein, dass immer mehr Personen in Bildung und Wissenschaft
bewusst wird, dass sich nicht gegen, aber doch unabhaengig vom
Urheberrecht neue freie, selbstbestimmte Formen des Umgangs mit
Wissen und Information (Open Access) entwickeln muessen. Das Buch
gibt nicht nur eine umfassende Einfuehrung in das Urheberrecht und
in das wissenschaftliche Publikationswesen auf den
Informationsmaerkten, einschliesslich Open Access, sondern zeichnet
auch genau die Problematik der bisherigen Urheberrechtsanpassunge
nach. Schliesslich werden die von Bildung und Wissenschaft zu
verfolgenden Ziele fuer den anstehenden dritten Korb der
Urheberrechtsanpassung formuliert.

bestellbar: 
https://shop.strato.de/epages/Store8.sf/?
        ObjectPath=/Shops/61236266/Products/978-3-940317-21-6
kostenfrei herunterladbar: 
http://www.inf-wiss.uni-konstanz.de/RK2008_ONLINE/node/30



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http://www.urheberrechtsbuendnis.de/intern-inst/
dienen die folgenden Login-Daten:

Username: urhg-inst
Passwort: buendnis

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