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(fwd) Bundestag zu Krypto und Providerverantwortung



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Subject: Bundestag zu Krypto und Providerverantwortung
Followup-To: de.soc.zensur
Date: 21 Jun 1996 10:10:27 GMT
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Lines: 167
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Summary: Abschnitt 1:  Kompetenzen von Bund und Laendern
          Abschnitt 2:  Freier Marktzugang; Datenschutz 
                und Datensicherheit.
          Abschnitt 3:  Zugang der Buerger zur 
		Informationsgesellschaft; Foerderung des 
		Erwerbs von Medienkompetenz.
	  Abschnitt 4:  Wirksamkeit von Rechtsnormen in globalen
		Datennetzen.
	  Abschnitt 5:  Datenschutzrecht.
	  Abschnitt 6:  Epilog.
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Deutscher Bundestag			Drucksache 13/395
13. Wahlperiode				20.06.96


BESCHLUSS

im Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und
Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuß)


zum TAB-Bericht ``Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen'' -
Drucksache 13/2475


Bereits im Mai 1995 hat das Büro für Technikfolgenabschätzung beim
Deutschen Bundestages [sic!] (TAB) einen Abschlußbericht zur Vorstudie
``Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen'' vorgelegt.
Schwerpunkt dieses Berichts waren insbesondere die technischen
Rahmenbedingungen für Anwendungen im geschäftlichen, privaten und
öffentlichen Bereich, der Einsatz von ``Multimedia'' zur
Wissensvermittlung, sowie die Mediensprache.  Um die Auseinandersetzung
mit diesen Fragestellungen fortzusetzen und zu vertiefen, hat der
Deutsche Bundestag die Enquete-Komission ``Zukunft der Medien in
Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die
Informationsgesellschaft'' eingerichtet, die sich darüber hinaus auch
mit den weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen, die durch die
neuen Techniken befördert werden, befaßt.

Das Thema ``Multimedia'' ist inzwischen auch schon von einer Reihe
anderer Arbeiten behandelt worden.  Zu nennen sind besonders

- der Ausschußbericht der Multimedia-Enquete des Landtages von
  Baden-Württemberg vom Oktober 1995,

- die Empfehlungen des ``Rates für Forschung und Technologie'' der
  Bundesregierung zur ``Informationsgesellschaft'' vom Dezember 1995,

- die Empfehlungen der Experten des ``Petersberger Kreises'',

- der Bericht ``Info 2000:  Deutschlands Weg in die
  Informationsgesellschaft'' der Bundesregierung vom März 1996.

Insbesondere unter Bezugnahme auf die Empfehlungen des Technologierates
und des Petersberger Kreises, hat der bundesminister für Bildung und
Forschung inzwischen Eckwerte für ein ``Informations- und
Kommunikationsdienste-Gesetz'' vorgelegt.  Dadurch sollen alle Arten von
``Multimedia''-Anwendungen einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen
erhalten.

Anknüpfend an die Vorstudie des TAB und die bereits in der
Enquete-Kommission geleisteten Arbeiten unterstützt der Deutsche
Bundestag das Anliegen, in Deutschland einheitliche rechtliche
Rahmenbedingungen für die Nutzung neuer Informations- und
Kommunikationsdienste zu schaffen.  Er hält dabei die folgenden
Grundsätze für besonders wichtig:

1. Die neuen Anwendungen sprengen die traditionellen Dualismen Rundfunk
   versus Presse, Massen- versus Individualkommunikation und Anbieter
   versus Rezipient, um den Raum dazwischen stufenlos auszufüllen:  Wie
   heute schon am Beispiel des globalen Netzwerkes Internet zu sehen
   ist, kann sich der rechtliche Schwerpunkt deshalb je nach Anwendung
   einmal im Bereich der verfassungsmäßigen Kompetenz der Länder, einmal
   in der des Bundes befinden.  Will man unauflösbare
   Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden, ist eine strenge Trennung
   zwischen diesen Rechts- und Politikbereichen künftig nicht mehr
   möglich.  Bund und Länder müssen sich daher gemeinsam um einen
   angemessenen, bundeseinheitlichen Rahmen bemühen.  In diesem
   Zusammenhang begrüßt der Deutsche Bundestag die eingeleiteten
   Bemühungen der Länder und des Bundes zur Klärung der offenen Fragen.

2. Aufgabe verantwortungsvoller Telekommmunikations- und Medienpolitik
   ist es, den gleichberechtigten Zugang von Anbietern und Nutzern zu
   Kommunikationsinhalten und Übertragungswegen flächendeckend zu
   sichern und die Schaffung einer modernden[sic!], zukunftsfähigen
   Informationsinfrastruktur in der Bundesrepublik zu befördern.  Dazu
   muß für die Anbieter in einem freien Wettbewerb genügend
   Handlungsspielraum bestehen und der Marktzugang (im Rahmen sonstiger
   Gesetze) ohne besondere Zulassungs- und Anmeldeerfordernisse
   gewährleistet werden.  Um die Entwicklung und Verbreitung neuer
   Dienste zu fördern, ist durch staatliche Maßnahmen die Transparenz
   von Angeboten und Preisen zu sichern, die Festlegung von Standards
   durch die Beteiligten zu fördern, die Bedingungen von Datenschutz und
   Datensicherheit zu verbessern und das Urheberrecht anzupassen.  Um
   Voraussetzungen für elektronischen Dokumentenaustausch und
   Rechtsverkehr zu schaffen, ist für die Nutzung digitaler Signaturen
   schrittweise eine geeignete Sicherungsinfrastruktur einzuführen und
   der Austausch von digitalen Dokumenten und Willenserklärungen zu
   regeln.  Zur Sicherung der Vertraulichkeit grenzüberschreitenden
   Geschäftsverkehrs sind wirksame teilnehmerautonome
   Verschlüsselungsverfahren weiterhin im Rahmen von Art. 10 GG
   zuzulassen.  Wo nötig, sollte durch eine Experimentierklausel der
   Erprobung neuer Techniken und Anwendungen der notwendige
   Handlungsspielraum eröffnet werden.

3. Die Sicherung des Zugangs zu Informationen gewährleistet allein noch
   nicht die aktive Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der
   Informationsgesellschaft, bildet aber die Grundbedingung.  Der
   Schlüssel für eine in ökonomischer wie gesellschaftlicher Hinsicht
   positive Zukunft Deutschlands, [sic!] liegt in der Fähigkeit seiner
   Menschen, mit Informationen sowohl in technischer, als auch
   kultureller Hinsicht kompetent und verantwortungsvoll umgehen zu
   können.  Der Deutsche Bundestag hält es deshalb für dringend
   erforderlich, die Anstrengungen zu verstärken, um in der allgemeinen,
   beruflichen und betrieblichen Bildung und Fortbildung den Erwerb
   kultureller Medienkompetenz zu fördern, um so möglichst viele in die
   Lage zu versetzen, sowohl das vorhandene Angebot souverän zu
   rezipieren, als sich auch aktiv an der Ausgestaltung des entstehenden
   Informationsraums beteiligen zu können.  Das große Interesse an dem
   Projekt ``Schulen ans Netz'' zeigt sowohl die Notwendigkeiten solcher
   Initiativen, als auch die bestehenden Defizite.

4. Viele Normen deutschen Rechts entfalten in einer Welt globaler
   Datennetze nur noch dann Wirksamkeit, wenn auf internationaler Ebene
   für ihre Durchsetzung gesorgt ist.  Die Verbreitung strafbarer oder
   jugendgefährdender Inhalte kann daher nur im Rahmen internationaler
   Zusammenarbeit und supranationaler Strukturen befriedigend bekämpft
   werden.  Entsprechende Initiativen auf Ebene der G7, der EU oder
   anderer internationaler Organisationen sind deshalb mit Nachdruck
   voranzutreiben.  Ziel muß dabei die Bekämpfung der Urheber sein.  Da
   in internationalen Computernetzen wie dem Internet verantwortliche
   Betreiber fehlen und die Verbreitung von Informationen räumlich nicht
   begrenzbar ist, verbietet es sich, darüber hinaus diejenigen, die auf
   technischer Ebene Zugang zu und Funktion der Datennetze sichern, für
   strafbare Handlungen Dritter in Anspruch zu nehmen oder den
   Geltungsbereich deutschen Strafrechts über die Grenzen des
   völkerrechtlich anerkannten hinaus auszudehnen.  Eine Übertragung der
   Verantwortlichkeitsregeln und Mechanismen aus dem Bereich der Presse,
   der Filmwirtschaft und dem Jugendschutz würde ebenfalls ohne die
   erwünschte Wirkung bleiben.  Einen Ausweg können dafür aber
   Mechanismen der freiwilligen Selbstkontrolle von Anbietern und
   Nutzern bieten: Beispiele dafür sind die im Internet gültige
   Netiquette, der freiwillige Aufbau von Qualifikationssystemen und
   eine Vereinbarung über Identifikationspflichten.  Strafverfolgung
   bleibt aber auch dann eine der originären Aufgaben des Staates, die
   Private, bei Aufbürdung entsprechender Pflichten, vor unlösbare
   Aufgaben stellen würde.

5. Die Durchsetzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im
   grenzüberschreitenden Datenverkehr ist eine der wichtigsten
   Voraussetzungen für die Nutzung und Verbreitung neuer Informations-
   und Kommunikationsdienste.  Wenn mittels Telekommunikation
   sensibelste private, medizinische oder betriebliche Daten übertragen
   werden, wird zudem das Fernmeldegeheimnis zum strategischen
   Grundrecht.  Der Schutz sensibler Informationen muß daher gegenüber
   unerlaubten Zugriffen von Dritten und gegenüber unzulässigen
   behördlichen wie unternehmerischen Eingriffen ausreichend
   gewährleistet sein.  Dazu bedarf es einer Reform des deutschen
   Datenschutzrechts und der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene.
   Soweit als möglich muß die Erhebung von Daten vermieden und die
   Anonymität der Betroffenen gewahrt werden.  Außerdem ist
   sicherzustellen, daß personenbezogene Daten nicht ohne ausdrückliche
   Einwilligung erhoben oder gegen den Willen der Betroffenen
   verarbeitet werden dürfen.  Die Bestimmungen zum Datenschutz sollten
   auch durch grenzüberschreitenden Datenverkehr nicht umgangen werden
   können.  Selbstverständlich muß es aber auch erlaubt sein, der
   Verwertung eigener Daten für einen genau bezeichneten Zweck
   zuzustimmen bzw. selbst eine solche Verarbeitung von Daten in
   zumutbarer Weise vornehmen zu können.

6. Aufgrund der Empfehlungen des Büros für Technikfolgenabschätzung
   fordert der Deutsche Bundestag die Beundesregierung auf, die
   möglichen Folgen des Wandels zur Informationsgesellschaft in allen
   Gesellschaftsbereichen, insbesondere auch in den Bereichen Recht,
   Wirtschaft, Arbeit und Bildung, weiterhin wissenschaftlich
   untersuchen zu lassen.  Dabei müssen die Ergebnisse der verschiedenen
   Multi-Media-Projekte Eingang finden.


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