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"Nutzer" des Internets aller Laender...




>Path: as-node.jena.thur.de!jengate.thur.de!news.uni-jena.de!news.dfn.de!scsing.switch.ch!swsbe6.switch.ch!news.belnet.be!news.be.innet.net!INbe.net!news.nl.innet.net!INnl.net!hunter.premier.net!uunet!inXS.uu.net!news.gtn.com!nuki.NetUSE.de!white.schulung.netuse.de!not-for-mail
>From: kris@schulung.netuse.de (=?ISO-8859-1?Q?Kristian_K=F6hntopp?=)
>Newsgroups: de.soc.zensur,de.soc.netzwesen
>Subject: Re: "Nutzer" des Internets aller Laender...
>Date: 8 Jul 1996 17:04:48 +0200
>Organization: =?ISO-8859-1?Q?entf=E4llt?=
>Lines: 110
>Message-ID: <4rr82g$oin@white.schulung.netuse.de>
>References: <68094.uzs106@ibm.rhrz.uni-bonn.de> <4rqg03$dne@white.schulung.netuse.de> <177BEB8B5S85.UZS106@ibm.rhrz.uni-bonn.de> <4rr30f$m9n@white.schulung.netuse.de>
>NNTP-Posting-Host: white.schulung.netuse.de
>X-Copyright: (C) Copyright 1996 Kristian Koehntopp -- All rights reserved.
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kris@schulung.netuse.de (=?ISO-8859-1?Q?Kristian_K=F6hntopp?=) writes:
>UZS106@ibm.rhrz.uni-bonn.de (Heiko Recktenwald) writes:
>>Bleiben wir mal bei News und nehmen wir die Unis: heisst das, dass
>>der Logfile ueber das Einloggen auf dem Server per FTP erreichbar sein
>>muss??
> [ Meine Antwort geloescht ]

Ich habe Deine Frage falsch gelesen. Das kommt davon, wenn man
in Eile ist. Ich hatte Deine Frage so verstanden, als wuerdest
Du wissen wollen, ob die Regelung auch die FTP-Server von Unis
betreffen wuerde (was durchaus denkbar waere. Eine Uni am Netz
ist auch dauerhafter Erbringer von Telekommunikationsdienstleistungen).

Wie die Kundendaten abgerufen werden, gibt die
Regulierungsbehoerde vor. Das kann sein, was immer ihr gefaellt.
Auf vorhandene Schnittstellen und Standardsoftware
zurueckzugreifen ist sicherlich sinnvoll. Zum Beispiel koennte
die Regulierungsbehoerde Dir vorschreiben, dass Du einen
FTP-Server zum Abruf der Daten aufsetzen musst. Sie koennte Dir
aber auch den Betrieb eines Windows NT mit Oracle und einer von
Siemens eigens zu diesem Zweck erstellten Abfrageanwendung
vorschreiben. Die Kosten fuer die Vorkehrungen in Deinem Bereich
(und das schliesst die Software ein) traegst Du.


Man muss hier deutlich unterscheiden:

1. Ein zentrales Verzeichnis aller Nutzer von
   Telekommunikationsdienstleistungen macht auf den ersten Blick
nicht nur behoerdlich, sondern auch wirtschaftlich Sinn. Die
behoerdliche Version haette alle Eintraege, auch die
Geheimnummern/Geheimadressen. In der oeffentlichen Version kann
der Benutzer fuer jeden seiner Eintraege selbst entscheiden, ob
dieser sichtbar sein soll oder nicht.

Die Eintraege in diesem Verzeichnis duerfen anders als bei den
jetzigen Telefonbuechern und dem Hickhack um D-Info nicht
urheberrechtlich geschuetzt sein, sondern muessen frei
verfuegbar sein.

2. Auf den zweiten Blick macht ein solches Verzeichnis weniger
   Sinn, insbesondere in der Form, wie es im TKG steht. Denn im
TKG wird geschrieben, dass die Regulierungsbehoerde das
Verfahren zum Abruf vorgibt und bis jetzt sieht es so aus, als
sei dies kein billiges Verfahren. Die Struktur der
Telekommunikationslandschaft bei den Nicht-Sprach-Diensten ist
aber selbst hierzulande viel privatisierter, als die
Bundesregierung sich das vorzustellen mag.

Beispiel: Ein Konzer kauft IP-Kontingente bei einem Provider.
Der Provider routet jetzt nur rohe IP-Pakete zum Konzern und hat
deswegen selbstverstaendlich keine Kundendaten ueber den
Konzern. Nur im Konzern existiert eine vollstaendige Liste von
allen Accounts von Mitarbeitern und eine vollstaendige Liste von
angebotenen Netzwerkdiensten.

Also muss nicht der Provider, sondern der Konzern eine
Nutzerdatenbank unterhalten und fuer die Regulierungsbehoerde
abfragbar bereitstellen.

Beispiel: Ein anderer, multinationaler Konzern hat eine
firmeninterne, weltumspannende Telefonanlage und ein
firmeninternes, weltumspannendes Netz. Nach TKG muss der Konzern
fuer diese beiden Netze ein Verzeichnis unterhalten und fuer die
Regulierungsbehoerde abrufbar bereithalten. Frage: Muessen dort
die Benutzer deutscher Nation eingetragen sein oder die Benutzer
in Deutschland oder alle Benutzer weltweit?

Dasselbe Beispiel in viel kleiner: Ein mittelstaendisches
Unternehmen moechte sich eine Telefonanlage anschaffen und seine
PCs vernetzen. Nach den Buchstaben des TKG wird eine
Abfrageinstallation fuer die Regulierungsbehoerde zu bezahlen
sein.

Beispiel: Ein Onlinedienst mit Zentrale und Benutzerregister im
Ausland bietet in Deutschland nur Einwahlpunkte an. Dieses
Register liegt nicht im Bereich deutscher Jurisdiktion und ist
deswegen fuer die Regulierungsbehoerde nicht zugreifbar. Ein
Grund fuer Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen ins
Ausland zu gehen, spart es doch den Stress mit der
Regulierungsbehoerde.

Beispiel: Eine Gruppe von politisch aktiven Menschen betreibt
oeffentlich zugaengliche Rechner, die untereinander Daten
austauschen. Da kommt die Regulierungsbehoerde zu jedem
einzelnen von denen und will ihr Verfahren installiert haben,
dessen Kosten den Wert der restlichen Kommunikationsanlage weit
uebersteigen duerften.

Mir ist jedenfalls noch nicht klar, wo und nach welchen
Massstaeben hier die Grenzen gezogen wirden. Mir ist aber klar,
dass die Macher dieses Gesetzes nicht die leiseste Ahnung
hatten, worueber sie entschieden und was die Konsequenzen ihres
Tuns sein wuerden. Solche Qualitaetsarbeit ist mir gerne 25%
Diatenerhoehung wert.


Es ist klar, dass die Behoerden ein solches zentrales Register
gerne haetten und noch lieber haetten sie es gratis.

Es ist auch klar, dass bei dem hohen Privatisierungsgrad und den
niedrigen Einstiegskosten in die Nicht-Sprach-Kommunikation die
Kosten fuer ein solches Verfahren in keinem Verhaeltnis zu den
Kosten des eigentlichen Nutzbetriebes stehen.

Kristian
-- 
Kristian Koehntopp, Wassilystrasse 30, 24113 Kiel, +49 431 688897
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