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Die Geruechte wollen nicht verstummen ...



Lieber Herr Engel-Flechsig:
Na so was!
Bizer
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Im Sommer sah es so aus, als waeren die Plaene zur Einfuehrung einer 
restriktiven Krypto-Regulierung zunaechst vom Tisch. Die heftige 
Gegenwehr betroffener Wirtschaftskreise hatte die Surveillance- 
Fraktion um Kanther & Co herum vorerst einmal zum Schweigen gebracht.

Seit einiger Zeit gibt es jedoch wieder Geruechte. Kanther lasse 
einen Clipper-Chip 'Made in Germany' vorbereiten, wurde berichtet.

In der neuesten Ausgabe 14/97 der c't auf den Seiten 22-23 legt Peter 
Panther in einem Beitrag unter dem Titel "Nachdrueckliche Forderungen:
In Bonner Hinterzimmern geht die Krypto-Debatte weiter" nach.

Er berichtet von einer "illustren Runde von Datenschuetzern, 
Geheimdienstleuten und Strafverfolgern", die sich mit Politikern 
getroffen habe. Gastgeber sei die Enquete-Kommission "Zukunft der 
Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die 
Informationsgesellschaft" gewesen.

Ein Kryptoverbot sei als nicht durchsetzbar angesehen worden; quer 
durch die Bank haetten Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, BSI, ZKA 
und die Staatsanwaltschaft des Landgerichtes Muenchen I sich aber fuer
Zwangs-GAK ausgesprochen.

Panther schreibt: "Nachdem 'innere Sicherheit' auf dem 
CDU/CSU-Parteitag zum Top-Thema im Bundestagswahlkampf 1998 erkoren 
wurde, befuerchten Vertreter einer gemaessigt-liberalen Politik nun, 
dass die Kryptoregulierung innerhalb eines Massnahmenpaketes 
verabschiedet werden soll. Auch von seiten der SPD ist kein 
geschlossener Widerstand zu erwarten, da sie sich die innere 
Sicherheit ebenfalls auf die Fahnen geschrieben hat."

Nach von Panther widergegebenen Aussagen von "Insidern" fordern 
Bundeskanzleramt, Bundesinnenministerium und Bundesforschungsministerium 
nach wie vor einen gesetzlich festgeschriebenen Genehmigungsvorbehalt 
fuer Kryptoprodukte zur "Wahrung der innteren und aeusseren 
Sicherheit".

Panther zitiert ferner aus einem "internen Papier des BKA": "Wichtig 
erscheint, dass der Oeffentlichkeit klargemacht wird, dass die 
angeblich 'staken' Verfahren, wie sie zur Zeit verfuegbar sind, 
durchaus das Risiko beinhalten, dass es doch Institutionen auf der 
Welt geben koennte, die damit verschluesselte Nachrichten lesen 
koennen." Fuer gesetzestreue Buerger und Firmen sollte in einer 
"aktiven Informationspolitik" der Pferdefuss des staatlichen Key 
Escrow bei sicherheitsgeprueften Verfahren als lediglich "marginaler 
Nachteil" vermittelt werden.

Ferner wird ausgefuehrt, dass nach Ansicht des Verfassungsschutzes nur 
die bestehenden Abhoermoeglichkeiten nach dem G10-Gesetz erhalten 
bleiben - uebertragen auf die neuen Anwendungen. 

Die Hardliner im Bundesinnenministerium setzten jedoch weiter auf 
eine Ausweitung von Ueberwachungsmoeglichkeiten: Sei es per 
Krypto-Chip mit Hintertuer, 'zertifizierte Schluesselhinterlegung' 
oder zwangsweise Bereitstellung von Abhoereinrichtungen durch 
Service-Provider. Panthers Mahnung: "Aus den Reaktionen auf 
Bundesinnenminister Kanthers Rede im April scheint man allerdings 
gelernt zu haben und bis zur Verabschiedung entsprechender Gesetze 
oeffentliche Diskussionen meiden zu wollen."

Aufgrund dieser neuerlichen Berichte stellen sich einige Fragen:

a) Es ist davon die Rede, auch der Bundesforschungsminister 
befuerworte einen Genehmigungsvorbehalt fuer Kryptoprodukte.
Dies scheint ein gewisser Widerspruch zu frueheren oeffentlichen 
Aeusserungen zu sein.

b) Ist diese Enquete-Kommission inzwischen umfunktioniert worden zu 
einem vertraulichen Forum zur Absprache konkreter Schritte in 
Richtung auf intensivierte elektronische Ueberwachung von Individuen 
und Firmen?

c) Darf man das BKA-Konzept zur Oeffentlichkeitsarbeit als 
bewusste und gewollte Desinformationskampagne auffassen?

d) Darf man die Betonung des G10 und der "aeusseren Sicherheit" 
bei der Rechtfertigung der Forderung nach Krypto-GAK dahingehend
verstehen, dass die Verbrechensbekaempfung nicht den Kern der Motivation
ausmacht?

e) Was ist ueberhaupt von Panthers Bericht zu halten?

Axel H. Horns
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