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Klare Worte [FWD: eco-Verband der deutschen Internet-Wirtschaft ..]



Schneider und Konsorten mögen die Geister, die sie gerufen
haben, nicht bezahlen.

			Patrick

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Date: 07 May 98 12:01
Message-Id: <E0yXNT6-0003Q1-00@mail.newsaktuell.de>
Subject: eco-Verband der deutschen Internet-Wirtschaft / eco mit "Erklärung ...
From: "ots.Computer" <ots.Computer@listserv.newsaktuell.de>

eco-Verband der deutschen Internet-Wirtschaft / eco mit "Erklärung
zur Freiheit im Internet": Behörden ignorieren Willen des
Gesetzgebers

   Frankfurt am Main/Köln (ots) - Mit einer "Erklärung zur Freiheit
im Internet" wendet sich der Verband der deutschen
Internet-Wirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. (Köln), gegen
staatliche Übergriffe auf das globale Datennetz. Das Informations-
und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG), im Sommer 1997 als
historische Übereinkunft zwischen der Internet-Wirtschaft und der
Bundesregierung geplant, drohe zu scheitern. Das sogenannte
"Multimedia-Gesetz" werde von Staatsanwälten, Staatsschützern und
Trittbrettfahrern des Jugendschutzes schrittweise umgedeutet, in
Zweifel gezogen oder durch neue Gesetzgebungsvorhaben entwertet,
heißt es in einer offiziellen Erklärung des eco-Verbandes.

   Michael Schneider, Vorstandsvorsitzender des eco Electronic
Commerce Forum, Vorsitzender der Beschwerdestelle der Freiwilligen
Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter (FSM) und Leiter des
Direktorates "Regulation and Self-Regulation" der European Internet
Service Providers Association (EuroISPA), stellte die
"Freiheits-Erklärung" am 7. Mai auf der Messe "Internet World Spring
98" in Frankfurt am Main vor.

   Die "Erklärung zur Freiheit im Internet" lautet im Wortlaut:

   "Ein guter Tag für Deutschland" war der 13.6.1997 nach Ansicht des
Abgeordneten, der an diesem Tage die Aussprache zum Informations- und
Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) eröffnete. Tatsächlich waren
sich die Bundesregierung und die Internet-Wirtschaft nach langem
Ringen endlich einig: Der Gesetzgeber sollte die Rahmenbedingungen
für das Informationszeitalter schaffen, Rechtsicherheit herstellen
und die kontraproduktive Diskussion um die Verantwortlichkeit von
Providern für Inhalte Dritter beenden. Der Fall "radikal", der 1996
für internationale Verstimmungen sorgte, dürfe sich - so die
einhellige Meinung - nicht wiederholen. Die Branche verpflichtete
sich im Gegenzug, das ihr mögliche beizutragen, um einem Mißbrauch
ihrer Dienste entgegenzuwirken. In der Folge wurden erhebliche Mittel
in Maßnahmen des Jugendschutzes sowie in eco-Projekte wie die
"Internet Content Task Force" (ICTF) und die Freiwillige
Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter (FSM) investiert.

   Der historische Kompromiß wurde als "wegweisend" gefeiert und die
Bundesregierung wird nicht müde, das Gesetz in Europa und weltweit
als Prototyp für die bereichsspezifische Regulierung zu präsentieren.
Das Einvernehmen ist nun jedoch gefährdet, denn Staatsanwälte und das
Bundesinnenministerium geben offen zu erkennen, den Willen des
Multimedia-Gesetzgebers ignorieren zu wollen.

   Die Bundesanwaltschaft beispielsweise erklärt in ihrer
Abschlußverfügung zu dem "radikal"-Verfahren, Provider auch künftig
für Internet-Inhalte im Ausland verantwortlich machen zu wollen. In
der Verfügung heißt es, der Gesetzentwurf der Bundesregierung gehe
zwar davon aus, die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Provider
sei im IuKDG abschließend geregelt worden. Diese Auffassung habe
jedoch "im Wortlaut der nunmehr Gesetz gewordenen Vorschrift keine
Stütze" gefunden. Die obersten deutschen Ermittler sind demnach der
Ansicht, dem Bundesgesetzgeber erklären zu müssen, was er gewollt
hat. Die Interpretation dessen, was angeblich aus dem IuKDG zu
entnehmen ist, liest sich dann in weiten Teilen wie ein Paradestück
aus dem Zensurkabinett. Insbesondere seien die Provider verpflichtet,
Internet-Verkehr zu filtern und zur Vorbereitungen von Sperren im
World Wide Web Zwangs-Proxyserver einzurichten. Geradezu zynisch fügt
die Bundesanwaltschaft hinzu: "Was den finanziellen Aufwand angeht,
so kann nicht außer Betracht bleiben, daß der generelle Anschaffungs-
und Installationsaufwand nur einmal entsteht". Wer dieser
Aufforderung nicht folgt, kann sich - daran läßt die
Bundesanwaltschaft keinen Zweifel - weiterhin darauf einrichten,
strafrechtlich verfolgt zu werden. Das entspricht den Auffassungen
von Regierungen in Peking und Singapur.

   Als wäre das nicht genug, untergräbt auch das
Bundesinnenministerium (BMI) den Konsens des vergangenen Sommers.
Kanthers Staatsschützer arbeiten bereits an einer Änderung des
Teledienste-Datenschutzgesetzes, das der Bundestag als Bestandteil
des IuKDG verabschiedete. Man beobachte, so heißt es im BMI, daß
"politische Extremisten jeglicher Couleur die Möglichkeiten der neuen
Teledienste, insbesondere Internet, zum Austausch von Nachrichten und
zur Agitation gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung"
nutzten. Daher müssen man die Branche einer gesetzlichen
Auskunftsverpflichtung unterwerfen und das Datenschutzgesetz
entsprechend aufweichen. Weitere Verpflichtungen will das BMI mit
einer novellierten "Telekommunikations-Überwachungsverordnung" durch
die Hintertür einführen. Aus der Begründung zu der Verordnung, die
sich ursprünglich an die "Carrier" richtete, ergibt sich ganz
eindeutig, daß die Internet-Wirtschaft demnächst auf eigene Kosten an
der Überwachung ihrer Kunden mitwirken soll. Wenn sich Kanther nicht
eines Besseren besinnt, werden Provider künftig kostenaufwendige
Abhörschnittstellen und spezielle Kundendatenbanken installieren
müssen, die staatlichen Stellen eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit
bieten. Daß auch das kontrovers diskutierte und im Ergebnis sinnlose
Kryptographieverbot im BMI noch nicht völlig ad acta gelegt ist,
bedarf da kaum noch einer Erwähnung.

   Zur Klarstellung: Es ist selbstverständlich nichts dagegen
einzuwenden, wenn Ermittlungsbehörden und Jugendschützer ihren
gesetzmäßigen Auftrag erfüllen. Etwas anderes ergibt sich jedoch,
wenn der Schutz der Privatsphäre im Internet in unverhältnismäßiger
Weise eingeschränkt wird, oder wenn Provider dazu angehalten werden,
den großen Lauschangriff auf ihre Kunden mit großem Aufwand gleich
selbst durchzuführen.

   In einem Klima, in dem bereits staatliche Stellen Gesetze in Frage
stellen, ist es kaum verwunderlich, daß private Trittbrettfahrer
Kapital aus der allgemeinen Verunsicherung schlagen. So weisen die
Entwickler der Scansoftware "Perkeo" (Programm zur Erkennung
relevanter kinderpornografisch eindeutiger Objekte) ganz offen darauf
hin, daß bei deutschen Providern "die Angst umgeht; die Angst vor der
Staatsanwaltschaft, die unerbittlich ermittelt." Gegen diese Angst
hat die Vertriebsfirma freilich ein probates Mittel. Wörtlich:
"Glücklicherweise gibt es jetzt einen Schutz vor dem Schmutz auf dem
eigenen Rechner: Der Perkeo filescan ist eine unbestechliche
Software, die dem Schmutz nachspürt und ihn stellt. Von einem
Mitarbeiter des Landeskriminalamtes in Wiesbaden entwickelt, erkennt
Perkeo strafbare Dateien, egal welcher Formate".

   Zwangsproxies, Abhörschnittstellen und die Vertriebsstrategien der
Perkeo-Entwickler: Sie alle zeigen deutlich auf, daß sich in
Deutschland zur Zeit Allianzen bilden, die sich mit den klaren
Regelungen des IuKDG nicht abfinden wollen. Sie verfolgen andere
Ziele und versuchen, geltendes Recht auf den Kopf zu stellen. Wenn
die Bundesregierung derartigen Entwicklungen nicht Einhalt gebietet,
wird auch die Wirtschaft die im letzten Jahr getroffenen
Vereinbarungen aufkündigen. Deutschland würde damit zum
Internet-Entwicklungsland.

   eco: Entwicklung in Deutschland kritisch beobachten

   Damit das nicht geschieht, fordert eco Electronic Commerce Forum
e.V. alle Interessenvertreter der Internet-Wirtschaft im In- und
Ausland nachdrücklich auf, die Entwicklung in Deutschland kritisch zu
beobachten, und, wo immer dies möglich ist, unverhältnismäßigen
Einschränkungen der Informations- und Kommunikationsfreiheit
entgegenzuwirken.

   eco Electronic Commerce Forum e.V. ist der Verband der
Internet-Wirtschaft in Deutschland. Ziel ist die kommerzielle Nutzung
des Internet voranzutreiben, um die Position Deutschlands in der
globalen Internet-Ökonomie und damit den Wirtschaftsstandort
Deutschland insgesamt zu stärken. eco Forum versteht sich in diesem
Sinne als Interessensvertretung der deutschen Internet-Wirtschaft
gegenüber der Politik, in Gesetzgebungsverfahren und in
internationalen Gremien.

ots Originaltext: eco Electronic Commerce Forum e.V.
Im Internet recherchierbar: http://www.newsaktuell.de

Weitere Informationen:
eco Electronic Commerce Forum e.V.
Tel. 0221/9702407, Fax. 0221/9702408
E-Mail: info@eco.de, Web: www.eco.de

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