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Erst schiessen - dann fragen? (was: Re: Internet goes Broadcastmedium?)



Hartmut:
...
>> Der "andere" Weg ist die Drogenwirkung: ein Jahr umsonst anbieten, dann auf
>> Abo umstellen.
>
>Fuer freie Software unbrauchbar.  Noch ein anderer Weg:  Auf jeder Seite

OK, Betrachtung auf Teilmenge "Weltwissen" eingegrenzt im Unterschied zu
"Infoschrott".
Bei allen Schwierigkeiten der Differenzierung im Einzelfall.

Der CCC hat 1984 sein Btx-Programm ueberwiegend als "Freie Denkware"
angeboten und das gratis, obwohl die Grundkosten an die Bundespost rund
tausend DM pro Monat waren.
Das war fuer den damals kleinen Laden ein Haufen Geld, das monatlich
beschafft sein wollte.

Wir haben es vorsaetzlich genau umgekehrt gemacht wie zB der Axel Springer
Verlag.
Bei dem kostete Information (die BILD-Zeitung per Btx) Geld und mit
Spielkram wurde gratis gelockt.
Beim CCC gabs Info gratis und Spielkram, die Neuheit Btx-Movie und
Spendenseite kosteten Geld.
So wurde das Btx-Programm finanziert. Auch die Gratis-Angebote waren bei
Banken gesperrt.
Klartext: Nicht einmal das Vorhalten der freien Weideflaeche reicht aus...

Jetzt gibt es das Logo unseres Provider auf der CCC-Webseite im Rahmen der
Kooperation.
Das ist IMHO voellig OK. Zwar ist das Logo "anybrowser.org" nicht drauf,
aber MSIE ist nicht drauf, weil es nicht passt zum Konzept der
Infofreiheit. Btw. ist das erste animated GIF zu Chaos Radio PayTV drauf,
Tim kam grade reingerollt und hat es mir gezeigt...

Freie Software ist eine gesellschaftliche Machtfrage.
Die Weideplaetze dafuer muessen finanziert werden, allgemein.
Einzelberechnung ist der falsche Weg.
Das Zugaenglichmachen von freiem Wissen ist eine Kulturaufgabe.
Der Kampf um die Finanzierung ist ein Kulturkampf.
Nicht mit Waffen, sondern mit Worten und Bildern.

Andere Baustelle als Beispiel fuer einen Kulturkampf.
Der CCC wird zunehmend als gesellschaftlicher Machtfaktor anerkannt.
Das gelang in einem Hinundhergewoge zwischen Schiessen und Reden.

Wir redeten mit Engelszungen (Luzifer war der Engel des Lichts und nur die
Bremser nannten ihn Bengel)  auf die Bundespost ein wegen der Btx-Macken.
Aber ernst genommen wurden wir erst nach dem ersten Schuss: Btx-Djangos
erlegten 135 000 DM, die sie nicht haben wollten.
Erst die Jagdberichterstattung fuehrte dazu, dass man uns ernster nahm.

Insofern ist es wichtig, offensiv gezielt friedlich zu arbeiten und die
Bitwumme voellig separat einzusetzen. Dass die gelegentlich losgeht, ist
unvermeidlich.
Das laestige sind die Journalisten mit ihren Vorbestellungen fuer Hochsitze.
Das Halali ist ihr Metier.
Diskussionen wie diese sind fuer viele - nicht fuer alle - nur laestige
Pflicht; sie koennten ja einen Jagdaufruf verpassen ;-)

"Frieden ueben" ist Bestandteil der Hackergrundausbildung. Nett ist es, bei
einem Fussballspiel, wo Brasilien spielt, in ein brasilianisches Restaurant
zu gehen und die Stimmung zu geniessen. Eine gute Uebung ist es, bei einem
Spiel Deutschland gegen ein Nachbarland sich mit Freunden in dem
Nachbarland in eine Kneipe zu setzen und fuer Deutschland zu sein. Das
friedlich und im Zweifel deeskalierend durchziehen...

Als Betreiber einer Bitwumme traegt man Verantwortung fuer das Betriebsrisiko.
Dies fuehrt mitunter zu heftigen Diskussionen im CCC, wo bis ums Wort
gestritten wird, das zB auf einer Webseite erscheint oder nicht. Ganz
bewusst faellt bereits das Posten eines Artikels letztlich unter das
Kriegsrecht. Als Stichwort faellt mir "Emser Depesche" ein ohne das mit
meiner historischen Halbbildung naeher ausfuehren zu koennen.

Im CCC sind AFAIK hinreichend viele Pazifisten, die dafuer sorgen, dass
gewisse Perversitaeten beim Umgang mit Schlachtopfern nicht (!) vorkommen.
Denn nicht das Internet ist eine Anhaeufung perverser Schweinereien,
sondern der militaerische Alltag.
Dort schiessen britische Soldaten in Daenemark auf betaeubte Schweine.
Anschliessend wird operiert, weil insbesondere bei komplizierten
Unterleibsoperationen das eine gute Uebung fuer Menschen ist. Bundes-P.
Herzog will Kinder vor Infoschrott schuetzen. Ich setze dagegen: man kann
Kinder auch nicht vor solchem Realitaets-Schrott schuetzen durch
Verschweigen. Und zum soldatischen Geloebnis gehoert solch schweinisches
Wissen sowieso ;-)

Trotzdem waere es derzeit noch fuer etliche Firmen entweder laecherlich
oder hatte den Geruch der Erpressung, wenn der CCC auf eine Firma zugehen
wuerde und sagen wuerde "wir brauchen mal ne Million fuer
Forschungszwecke".
Es ist "Lebenswirklichkeit" und viel  leichter, einer Firma etwas zu
erklaeren, wenn ihr Konzept "Security by Obscurity" gehackt wird und sie
dadurch etliche Millionen Schaden hat.
Dann begreift der Vorstand die komplizierte logische Wahrheit, dass
Offenheit vor Eindringen besser schuetzt als Obskuritaet und dass es
sinnvoll sein koennte, Menschen, die so forschen, mal eben mit ner Million
zu foerdern.
Als Pazifist gefaellt mir das Motto "erst schiessen - dann fragen" nicht.
Im Informationskrieg geht es darum, offensiv Frieden zu leben.

Umgesetzt auf freie Software sehe ich das so, dass man derartige Konzepte
erst in die Koepfe entsprechender Vorstaende "hineinpruegeln muss", wie
andy manchmal in anderem Zusammenhang formuliert. Die Bitwumme dort sind
IMHO hinreichend viele Betriebsunfaelle mit zugenagelter Software.
Und wenn sie es begriffen haben, dann sind sie dran, die Weideplaetze zu zahlen.

Das ist ein Job, der bereits dann beginnt, wenn das erste entsprechende
Programm installiert wird. Ich weiss, dass das Stress ist und dass der
verantwortungsvolle GNU GPLer diesen Job der Erlaeuterung hat - ob er will
oder nicht.
Das dauert.
Dauer ist die Zeit, die ein Dau braucht, bis er begreift.

wau