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Re: Dem Internet ist es egal, wie man es speichert



> > > das ueberleben, wofuer jetzt jemand bereit ist, es zu sammeln und
> > > aufzubereiten. In Prinzip ist das auch ein Filter, jedoch ein voellig
> > 
> > Oh, sh*t! Das ist doch genau *das*, was nicht klappt. Mein Beispiel mit
[...]
> Das ist richtig, jedoch aus meiner Sicht schlicht unvermeidlich.

Warum :-> ? Ich dachte eigentlich, jetzt nehme ich einmal das AwBH-Argument
daher und postuliere genau die endlosen Speicherkapazitaeten, die wir in
wenigen Jahren haben werden - Stichwort 1 Menschenleben komplett = 1 Petabyte
(+/- die eine oder andere Null, aber immer noch auf der Ebene Wuerfelzucker-
speicher: Informationsmenge in Mol gemessen), und nun entwertest Du genau
dieses Argument?

Vielleicht gibt es ja nur einen Menschen auf der Welt (ausser mir), der 
bereit waere, meine (gedachte, nicht existente) Lyrik zu lesen, und diese
Person bekommt dummerweise nichts davon mit, weil sie den Text nicht auffinden
kann? Vor Jahrhunderten war Informationsverlust unvermeidlich, da es Monate
oder Jahre brauchte, bis ein Moench im Schreibzimmer ein Buch manuell kopiert
hatte und die Zahl der Schreibkuenstler begrenzt war. Und Backups gab es
auch nicht, falls mal so eine Abtei, wie bei Ecos Name der Rose, abfackelte.

Das Kapazitaetsthema ist keines mehr, bleibt bestenfalls die Frage nach
der Selektion. Ein Filtermechanismus nach Art des menschlichen Gedaechtnisses
(bei dem 99% der in die Sinne einstroemenden Information schlicht verworfen
wird - vergessen wird), ist bequem, aber nicht mehr zeitgemaess (und damit
auch nicht "unvermeidlich"). Daraus spricht noch am ehesten eine Haltung,
dass "alles, was Sie hier sagen, kann mal gegen Sie verwandt werden", weswegen
man bestrebt ist, bestimmte Objekte bereits rechtzeitig zu beseitigen.

[...]
> Ich sehe nur ein Problem ganz einfach mit unter Zeitdruck zentral
> organisierter Digitalisierungen, die zwangslaeufig das erwaehnte
> Problem der Bibliothek zu Babel vs Auswahl aufbringen und zwangslaeufig
> nicht die gleiche Qualitaet bieten koennen.
> 
> > Ein Sammler wird einen Gegenstand mit aller Liebe ueber eine Generation,
> > hier vielleicht 50 Jahre, konservieren koennen, danach werden die Kinder
> > den Gegenstand selbst bewerten und entweder behalten oder wegwerfen. Das
> > bedeutet auf lange Sicht grundsaetzlich immer einen Verlust.
> 
> Es muessen ja nicht die Kinder sein, die so etwas uebernehmen. Jeder, der
> mit Sorgfalt etwas ueber laengere Zeit pflegt, wird auch Anhaenger finden
> und daraus kann sich auch ein Nachfolger ergeben. Das ist bei freier
> Software genauso und das Uebergabe-Problem wurde von Eric Raymond so
> treffend beschrieben.

Es gibt bereits jetzt genuegend Beispiele fuer "orphaned" Software, etwa
Spiele, die man in der DOS- oder Amiga-Zeit gerne und stundenlang gespielt
hat, und die in absehbarer Zeit vergessen sind. Ein paar Beispiele aus
der Computerei: vom Apple-][ hat wohl jeder schon mal gehoert, aber wer
weiss noch etwas ueber den Oric-1, oder den QL, oder ZX80, oder Northstar 
Horizon, Wavemate Bullet, Heath-H11, oder auch HP25, HP65, TI52? Das ist
noch nicht mal 25 Jahre her!

> Ich persoenlich glaube nicht, dass Inhalte ohne kontinuierliche Pflege
> ueberleben koennen.

ACK.

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