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Re: Die Einsamkeit des Surfers vor dem Bildschirm



> 
> On Wed, Sep 02, 1998 at 01:33:52PM +0200, Till Kinstler wrote:
> 
> > Man mag von den Ergebnissen halten was man will, aber man
> > hat sich offenbar zumindest bei dieser Untersuchung mal
> > etwas mehr Muehe gegeben...
> 
> Sieht in der Tat so aus.  Übrigens lassen auch die
> Auftraggeber erwarten, daß diese Untersuchung, wenn sie
> tendenziös und auftraggebergerecht wäre, eher in die
> Gegenteilige Richtung zeigen würde...

Die Frage ist, welche Tendenz man aufzeigen will.
Primitiv waere natuerlich eine auftraggebergerecht Studie, d.h. wenn ein 
E-Business-Unternehmen den Auftrag vergibt, dann kaeme raus, dass da ein
Milliardenmarkt sei.

Soziologen beklagen aber bereits seit der Erfindung der Fernseh-Couch,
dass die Gesellschaft (in diesem Falle durch uebermaessigen TV-Konsum)
vereinsamen wuerde. Der stereotype Computer-User war schon zu Zeiten
des Altair-8800 jener kontaktarme, intelligente Clearasil-Bubi, der
lieber den Bits&Bytes als den Klassenkameradinnen hinterherlief. Das
Aussterben der menschlichen Rasse wurde laengst durch den in den
kommenden Jahren massiv aufkommenden Cybersex prognostiziert (nebst
der drohenden HIV-Pandemie). Mit einem Internet, welches sich zahlenmaessig
alle paar Monate verdoppelt, ist damit nur noch eine Folgerung denkbar:
in ein paar Jahren sitzt selbst der letzte Yanomani-Indianer in Brasilien
- zwar nackt - vor einem WWW-Browser. Derartige Absolutismen sind es, welche
ich bisher bei allen derartigen Studien beobachtet habe. 
Konstruktionsprinzip: wir stellen fest, dass ein Grossteil der untersuchten
Stichprobe sich mit A (Internet) beschaeftigt. Folgerung: wenn wir A haben, 
beobachten wir auch B (Abnahme der Kontakte). Verallgemeinerung 1: da die 
Stichprobe "repraesentativ" sei, werden in Zukunft alle A machen und damit
B unterliegen. Verallgemeinerung 2: Alle machen ausschliesslich A, und 
nichts anderes mehr, und sie werden ihr Verhalten nie wieder aendern.
Schon haben eine Schreckensvision der Zukunftsgesellschaft, der man in
jedem Falle entgegenwirken muss, bevor es zu spaet ist. Ich kann da nur
immer wieder McLuhan als *den* Pointer zum Medienverstaendnis anfuehren.

-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit"at"gmd.de
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