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[FYI] DJT und "Informationsgesetzbuch": Hybris am Horizont?




Ich bin ein bisschen in Sorge, dass hier weitreichende Inititativen 
ausgekocht werden, ohne dass den Akteuren klar ist, was sie da tun. 
Vielleicht ist ein "Informationsgesetzbuch" in zwanzig oder dreissig 
Jahren eine gute Idee, wenn sich die Entwicklung in der 
Informationstechnik beruhigt hat und eine einigermassen kohaerente 
gesellschaftliche Vorstellung darueber besteht, wie der Gegenstand, 
den man da regulieren will, ueberhaupt beschaffen ist. Wer heute 
ueber ein "Informationsgesetzbuch" schwadroniert (und sei es auf 
einem rennomierten Juristentag!) steht unausweichlich in der Gefahr, 
Medien- und Informationstechnikvorstellungen vergangener Jahrzehnte 
in das naechste Jahrtausend hinein zu kodifizieren. Deshalb meine 
ich, dass auch FITUG diese Vorgaenge mit Argusaugen betrachten und 
kommentieren sollte.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/dc1/html/news-stz/19980924eins0003.h
tm

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  Juristen beklagen die Macht der
  Presse

  Rechtsexperten schlagen Beschränkung privater
  Datenmacht vor - Auch Banken betroffen

  Von Stefan Geiger

  BREMEN. Auf dem 62. Deutschen Juristentag wird
  derzeit über deutliche Einschränkungen der
  Pressefreiheit diskutiert. Weil ¸¸private Datenmacht''
  zunehme, habe der Bürger ihr gegenüber ein
  ¸¸ähnliches Schutzbedürfnis'' wie gegenüber der
  Datenmacht des Staates. In einer auf dem Juristentag
  in Bremen am Mittwoch verteilten Beschlußvorlage der
  ¸¸Abteilung öffentliches Recht'' wird dabei ausdrücklich
  auf die Presse und die Informationsmacht der Banken
  hingewiesen. Andere Wirtschaftsunternehmen,
  beispielsweise Adressenhändler, Provider oder
  Versandhändler, sind darin nicht erwähnt.

  In der Beschlußvorlage, die heute verabschiedet
  werden soll, wird unter anderem gefordert, durch
  ¸¸rechtliche Einschränkungen'' der Verbreitung
  ¸¸verwerflicher Informationen'' entgegenzuwirken.
  Was verwerfliche Informationen sind, wird in dem
  Papier nicht näher definiert. Der Juristentag plädiert
  daneben für wirksame technische Vorkehrungen,
  Systemkontrollen, die ¸¸Verantwortlichkeit der
  Dienstanbieter, Selbstschutz und gesellschaftliche
  Selbstregulierung''. Selbstschutz solle Vorrang vor
  staatlicher Kontrolle haben. Das neue Datenschutz-
  und Informationsrecht sei den ¸¸grundrechtlichen
  Schutzbereichen'', darunter auch die Pressefreiheit,
  anzupassen.

  In der Beschlußvorlage wird ein neues
  ¸¸Informationsgesetzbuch'' gefordert. Zur Begründung
  verweisen die Verfasser unter anderem darauf, daß
  der Bürger inzwischen vor privater Datenmacht ebenso
  geschützt werden müsse wie vor staatlicher. Der
  Juristentag ist ein berufsständisches
  Diskussionsforum; seine Beschlüsse wurden in der
  Vergangenheit jedoch bereits mehrfach zur Grundlage
  von Gesetzen gemacht. Vorsitzender der Abteilung
  öffentliches Recht des Juristentags, die die
  Beschlußvorlage erarbeitet hat, ist in diesem Jahr der
  Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof.

  Die Abteilung befaßt sich in diesem Jahr mit der
  Fortentwicklung des Datenschutzrechts. Ausdrücklich
  soll nach der Beschlußvorlage in dem neuen
  Informationsgesetzbuch das ¸¸Vermeiden von Daten
  (Datensparsamkeit)'' und die ¸¸Teilhabe an Daten
  (auch zum Ausgleich von Datenmacht)''
  festgeschrieben werden. Der Juristentag spricht sich in
  der Vorlage ausdrücklich dafür aus, gesetzlich
  vorzuschreiben, daß die Codes für verschlüsselte
  personenbezogene Daten beim Staat zu hinterlegen
  sind.

  Über diese Frage hat es in den vergangenen Monaten eine kontroverse
  Diskussion gegeben. Dabei ging es besonders um staatliche 
  Kontrollen des Datenaustauschs im Internet.

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