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Latentrecht



Kristian Köhntopp schrieb:

> aktuelles Patentrecht in Bezug auf Software eine ganze Reihe von
> Strukturbugs, obwohl es grundsätzlich eine gute Sache ist:
> ...

stimme zu und freue mich, dass diese Diskussion hier anlaeuft.
Noch ein paar Zusaetze:
 
> 1. Viel zu lange Laufzeiten (25 Jahre, richtig? 10 wären schon 
>    sehr lange).
> 2. Erteilung von sehr breiten Trivialpatenten (XOR und 
>    vergleichbare Techniken).
> 3. Kein Zugang zu patentierten Verfahren für Open Source
>    Bewegung.

4. Vorrang des Anmeldedatums vor dem Erfindungsdatum (in Europa und Japan)

Dies beguenstigt Buerokraten und Juristen und macht Erfindern, die wenig
Interesse an kommerzieller Verwertung haben, das Leben schwer.  Die
Offenlegung in Form von quelloffener Software sollte ebenso
anspruchsbegruendend sein wie die Offenlegung in Form von Patentanmeldung. 

> Angenommen man hätte eine formale, verwaltungstaugliche Definition von
> "Open Source" für Software und von "Schnittstellenoffenheit" für
> Datenformate (SGML vs. Wordformat...) und einen Zertifizierungsprozeß
> zur Erteilung dieser beiden Prädikate. Dann muß man bei der
> Monopolgewährung für den Innovator diejenigen Leute ausnehmen, die
> zertifizierte Open Source Software produzieren oder die Programme zum
> Umgang mit zertifiziert offenen Datenformaten erzeugen. 

Ein solches Zertifizierungssystem fordere ich seit einiger Zeit in
http://www.a2e.de/phm/konkrefde.html.  Vielleicht koennte man das etwas
feiner ausarbeiten und einen Gesetzesvorschlag auf www.fitug.de stellen.
 
> daß jemand, der Open Source Software erstellt (und sich das offizielle
> Open Source Siegel dafür holt) automatisch unlimitiert und kostenfrei
> Lizenzen zur Nutzung patentierter Verfahren in seiner Software bekommen
> muß. Die Lizenz gilt natürlich nur, solange das betreffende Programm

Und zur Patentierung der von ihm veroeffentlichten Technologie.
Veroeffentlichung von quelloffener Software als ein
patentanspruchsbegruendender Rechtsschritt (vorausgesetzt Neuheit
der Methoden wird in einem getrennten Verfahren zu einem
beliebigen spaeteren Zeitpunkt nachgewiesen).  Ein solcher Patentanspruch
darf selbstverstaendlich wiederum nur die kommerzielle Verwertung 
und nicht den gebrauch in offener Software einschraenken.   

> Sprengstoff liegt bei der ganzen Sache auf dem Gebiet der
> Komponentenware. Es ist ein Leichtes, OCXe, shared libraries oder
> Kernelmodule zu schreiben, die Open Source sind und deren einziger Zweck
> die lizenzkostenfreie Nutzung der patentierten Sachen ist. Konkurrenzen
> des Patentinhabers würden solche Komponentenware herausgeben und dann
> propietäre Software erstellen, die nur mit diesen freien Komponenten
> zusammen ablauffähig ist. 
 
Hauptsache, die freien Komponenten sind nicht umgekehrt nur zusammen mit
proprietaerer Software lauffaehig.  Dies auszuschliessen gehoert mit zur
Definition von offen.  S. meine Definition in dem Vereinssatzungsentwurf
von http://www.a2e.de/phm/mlugsatzde.html.

Ferner koennte man fuer patentierte Verfahren eine besonders restriktive
freie Lizenz (GPL statt LGPL) vorschreiben, die verhindert, dass die 
freien Teile von unfreien genutzt werden.

> Es ist die Frage, ob man an dieser Problematik öffentlich rühren möchte,
> bevor man ein solides Konzept hat...

Die Befuerworter der Softwarepatente haben erst recht kein solides
Konzept.  
 
> Die Herangehensweise wäre auf jedenfall von der Reihenfolge her die
> folgende:

....

moeglicherweise parallel:
Gruendung einer Genossenschaft Softwarepatentbesitzern, die mit ihren 
Patenten schon in dem von uns erstrebten Sinne verfahren, bevor dies
Gesetz geworden ist.  Wer der Genossenschaft beitritt, erhaelt
verbilligten Zugang zur kommerziellen Verwertung ihrer Patente.
Die Genossenschaft durchforstet freie Software auf Patentfaehigkeit
und meldet moeglichst viele Patente an.

Patentleft oder Latent liesse sich das auch nennen.
"Genossenschaft der Latentrechtsinhaber e.V."

> Dabei sollte man nicht vergessen, daß Softwarepatente vom Wesen her
> wesentlich weitgehender sind als gewöhnliche Patente: Software ist
> kristallisiertes Expertenwissen, darüber hinaus kann sie auch
> Prozeduren  kondensieren und in formale Abläufe gießen, was zuvor nicht
> "genormt" war. Kontrolle über Software ist immer auch Kontrolle über
> Abläufe innerhalb bestimmter Gemeinschaften. Schon alleine deswegen
> können Softwarepatente ohne ein Schlupfloch wie freie Open Source
> Lizenzen nicht erfolgreich sein: Sie zementieren sonst Dinge, die
> beweglich bleiben müssen.

Und wenn sie das unbedingt tun will --- in diese Richtung bewegt sich die
Industrie im Moment, und sie ist kaum ansprechbar --- dann wird der Bedarf
nach einer Latentrechtsgenossenschaft umso groesser.  Eine solche
Genossenschaft haette dann die Chance, Kraefte zu buendeln und
schliesslich das in den Graben gefahrene Patentrecht zu korrigieren.