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Re: [telepolis] Verlust der Geschichte (fwd)



> > Ein gutes Sprachsystem ermoeglicht sowohl Ein- als auch Mehrdeutigkeit
> > und stellt die Wahl dem Sprecher frei.  Ein schlechtes erzwingt
> > Mehrdeutigkeit und gibt dem Sprecher weder Freiheit noch Verantwortung.
> 
> Du hast IMMER das Problem der Mehrdeutigkeit, in jeder Form der Kommunikation,
> es sei denn, Du unterhaeltst Dich in boolescher Algebra. Aber selbst dann

Die aus syntaktischer Ambiguitaet resultierenden Mehrdeutigkeiten sind
normalerweise nicht erwuenscht, werden aber durch die Unzulaenglichkeiten
wildwachsender ("natuerlicher") Sprachen erzwungen.  Lojban hat sie nicht,
im Gegenteil, der Referenzparser, der einem SGML-Parser sehr aehnelt
(wobei die Lojban-Woerter wie die GIs einer DTD konzipiert sind, mitsamt
elidierbaren Anfangs- und Endmarkierern)  erzwingt ihre Beseitigung. 

Wenn ich japanische Patentschriften uebersetze, wuensche ich mir immer,
ich koennte sie statt nach Deutsch oder Englisch nach Lojban uebersetzen.
DE und noch mehr EN zwingen mich, Ambiguitaeten einzufuehren, oder unter
Anwendung plumper und problematischer Mittel zu umgehen.  DE und EN
erlauben mir nicht, den Sinn adaequat auszudruecken.  JA ist schon 
wesentlich besser, aber auch viel schlechter als LB.  EN ist hervorragend
fuer Patentanwaelte:  sie koennen nach Bedarf die Patentansprueche
aufgrund syntaktischer Ambiguitaeten uminterpretieren.  Das geschieht
tatsaechlich haeufig.

Ein besonders triviales Beispiel einer solchen Ambiguitaet ist:

  Er waescht die Teller im Waschbecken.

Heisst das

  (1) Er waescht die (Teller im Waschbecken)

oder

  (2) Er (waescht .. im Waschbecken)  (die Teller)

?

Auf Japanisch waere beides unterschiedlich, auf Deutsch laesst sich
(1) disambiguieren:

 Er waescht die im Waschbecken befindlichen Teller

(2) bleibt diffus.

Aber das Englische kennt noch nicht einmal Partizipialkonstruktionen.

--
Hartmut Pilch
http://www.a2e.de/phm/