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Re: Wildwuchs vs Normierung in Kommunikationssystemen



> Damit ist eine Sprachformalisierung wie Loyban effektiv ad absurdum gefuehrt.

So leicht geht das nicht. 
Heisst uebrigens Lojban.
Die Referenzgrammatik ist eines der besten linguistischen Buecher die
ich kenne, s. xiron.pc.helsinki.fi/lojban/.


> Man stelle sich vor, ein Kuenstler muesste bei seinem Kunstwerk detailliert
> Auskunft geben, wie andere sein Werk sehen. Oder Franz Kafka haette zum
> Schloss die Interpretation gleich mitgeliefert (Jubel bei zig geplagten
> Schuelergenerationen), um keine Zweifel an seiner Intention aufkommen zu
> lassen. Selbst bei Gebrauchstexten: Verwinkelte Beschreibung einer Patent-


Lojban ist keine DML.
Lojban erlaubt (ebenso wie z.B. Japanisch in bezug auf Plural) groesstmoegliche
Unverbindlichkeit ebenso wie extreme Explizitaet.
Lojban befreit den Ausdruck aus den Amalgamzwaengen wildwuechsiger
Grammatiken (was sonst nur das Chinesische tut), und bietet gleichzeitig
die *Moeglichkeit*, beliebig komplexe Syntagmen ohne Ambiguitaet zu bauen.
Lojban bietet somit der Poesie eine interessantere Spielwiese als jede
natuerliche Sprache.  Bei der Poesie geht es naemlich um das Spielen mit
*Moeglichkeiten*, nicht das Erleiden von Sprachzwaengen.
Das einzige Sprachspiel, zu dem sich Lojban nicht eignet, ist das des
C.S.Lewis in Alice in Wonderland: das Spiel mit den Widerspruechen zwischen
den Regeln der Sprache.  Doch das ist ein fuer die Poesie unwesentliches
Randgebiet.  Poesie existiert ohne Sprachmissstaende ebenso wie Humor auch
ohne die DDR existiert.

    
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Hartmut Pilch
http://www.a2e.de/phm/