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[FYI] More on ENFOPOL



http://www.heise.de/newsticker/data/ame-24.11.98-000/

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ENFOPOL: Immer mehr Details über EU-Überwachungspläne

"ENFOPOL ist eine ganz normale Ratsarbeitsgruppe", sagte Major Rudolf
Gollia vom österreichischen Innenministerium am Dienstag zu Telepolis,
"die sich mit dem Einsatz neuer Technologien in der polizeilichen
Zusammenarbeit beschäftigt." 

Dessen Vorgesetzter, der österreichische Innenminister Karl Schlögl,
hatte auf eine parlamentarische Anfrage im April hin die Existenz der
Gruppe noch dementiert. "Bei ENFOPOL handelt es sich um keine
Arbeitsgruppe oder Organisation, sondern um ein Kürzel für die
Bezeichnung von Arbeitspapieren einiger Ratsarbeitsgruppen, so auch
der RAG 'Polizeiliche Zusammenarbeit'". 

Laut einem Bericht der Sunday Times vom vergangenen Sonntag (22.11),
auf den sich Major Gollias oben zitiertes Statement unter anderem
bezog, sind beim Aufbau der EUROPOL in Holland nicht nur
Polizeibeamte, sondern auch Personen aus dem Nachrichtendienstbereich
beteiligt. Dazu zitiert das Londoner Blatt Ernst Uhrlau, den neuen
Geheimdienstkoordinator des Kabinetts Schröder, der einen EU-eigenen
Geheimdienst "als logischen Entwicklungsschritt der Union" ansieht. 

Die im ENFOPOL Papier auseinandergesetzten Forderungen der "gesetzlich
ermächtigten Behörden" ähneln nicht nur Entwürfen des österreichischen
Innenministeriums frappant, sondern auch so manchen Passagen der
deutschen TKÜV. Klarerweise wollen auch die Europapolizisten Zugriff
auf verschlüsselte Kommunikation haben - nicht nur auf
Verbindungsdaten sondern auch auf Übertragungsinhalte, "in Klarform". 

So verdichten sich die Anzeichen immer mehr, daß der Wunschzettel der
ENFOPOL Arbeitsgruppe - unter reger Mitarbeit der verschiedensten
Polizei- und Sicherheitsbehörden in Europa zustande gekommen - zwar
nicht den Status quo, aber zumindest den "state of mind" seiner
geistigen Väter offenbart: Mehr Rechte für Vater Staat (in diesem Fall
die EU), fast keine für die Bürger, und "keine Schlupflöcher
offenlassen", auch nicht im Digitalzeitalter. 

In Telepolis: 

Erich Moechel: Überwachungsunion Europa - Teil II
Erich Moechel: Auf den Spuren von ENFOPOL, III
Christiane Schulzki-Haddouti: ENFOPOL und Kryptografie, IV 

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http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/1670/1.html

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Überwachungsunion Europa - Teil II

Erich Moechel   21.11.98 

Die Pläne der EU-Arbeitsgruppe "Polizeiliche Zusammenarbeit" für den
paneuropäischen Lauschangriff 

Damit nichts dem Zufall überlassen bleibt, haben die Europolizisten im
Registerteil des Papiers  "Enfopol 98" bereits einen Terminus
technicus für einen internationalen  Abhörstandard definiert. Dieser
trägt den wenig klingenden Namen "International Users Requirements for
Interception" (IUR). Die Umsetzung der darin festgehaltenen
Anforderungen wirft zahlreiche rechtliche Fragen und Probleme auf,
allein schon deshalb, weil die Netzbetreiber "ihre Netzarchitektur 
auf der Grundlage von technischen und finanziellen Fragen" planen und 
nicht so, wie es der Europolizei am liebsten wäre. 

[...]

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http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/1676/1.html

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Auf den Spuren von ENFOPOL, III

Erich Moechel   24.11.98 

Österreichisches Innenministerium: Echelon ist "Schmafu". 

Nachforschungen über eine polizeiliche Arbeitsgruppe beim EU- Rat, die
einmal existiert, dann wieder nicht und laut Sunday Times unter
Mitwirkung von Geheimdiensten betrieben wird. 

[...]

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http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/1677/1.html

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ENFOPOL und Kryptografie

Christiane Schulzki-Haddouti   24.11.98 

Europolizisten wollen Daten in "Klarform" 

Die europäischen Überwachungspläne wären ohne Zugriff auf
verschlüsselte Kommunikation nicht komplett. Und manche Forderungen
klingen bekannt, denkt man zum Beispiel an die TKÜV. Das Schweigen der
Bundesregierung zur Kryptofrage hat daher wohl Methode, und so manches
Problem könnte sich "auf höherer Ebene" (wie der von
Satellitenumlaufbahnen z.B.) lösen. 

[...]


Was jedoch unter Punkt "C. Anforderungen an Diensteanbieter in Bezug
auf Kryptographie" schließlich gefordert wird, hatten nicht einmal die
mit  "Holzhammermethoden" agierenden Autoren der TKÜV gewagt: Die
Forderung selbst mutet etwas kryptisch an: "Vollständige Details über
das Ziel einschließlich der Dienstnummer". Unklar ist dabei, wer
eigentlich das "Ziel" und was eine "Dienstnummer" ist. Vermutlich
handelt es sich bei dem Ziel um die abgehörte Person und bei der
"Dienstnummer" um den entsprechenden Telekommunikationsanschluß. Die
Absicht: Schnellstmöglichen Zugriff auf die "entschlüsselte
Nachricht": 

"Entweder durch die Bereitstellung von kryptographischem
Schlüsselmaterial und der gesamten Information, die erforderlich ist,
um die Daten zu entschlüsseln oder durch Bereitstellung der Daten im
Klartext." 

Mit dieser OECD-Richtlinien-konformen Formulierung wird keinem
EU-Staat vorgeschrieben, welche Kryptopolitik er fahren will.
Hauptsache, die Behörden gelangen an den Klartext. Diese Vorstellung
geht ebenfalls völlig konform mit den Äußerungen von Clintons
Kryptobotschafter  David Aaron bei seinem letzten Besuch in Bonn Mitte
Oktober. Er hatte damals einen bemerkenswert liberalen Satz geäußert,
der auf der Folie der ENFOPOL-Papiere allzu verständlich ist: "Jedes
Land kann das selbst für sich entscheiden." 

Während sich das Bundeswirtschaftsministerium seit dem Aaron-Besuch
öffentlich nicht mehr zu dem Thema geäußert hat, häufen sich in Bonn
die Gerüchte, daß die deutsche Wassenaar-Delegation bei den
Dezemberverhandlungen darauf dringen will, die bislang kontrollierten
Kryptoprodukte aus den künftigen Kontrollregularien auszunehmen. Im
Hinblick auf die jüngsten Liberalisierungen in den USA könnte sie sich
damit in  bestimmten Bereichen wahrscheinlich sogar durchsetzen.
Sicher ist: Die Liberalisierungen werden sich nicht auf starke
Verschlüsselungsprodukte für den Otto-Endnutzer beziehen. Allein das
wäre aber aus datenschutz- und bürgerrechtlicher Sicht ein Erfolg. 

Die scheinbare Wahlfreiheit zwischen Klartext oder Entschlüsselung ist
damit nichts anderes als eine taktische Kompromißformel auf dem Weg
zur europaweiten Kryptoregulierung. Bleiben die Exportkontrollen für
starke Krypto gegenüber dem End-Otto bestehen, greift das
internationale Räderwerk von Verordnungen, Gesetzen und
Exportkontrollen Zahn auf Zahn ineinander: Wird keine nationale
Kryptoregulierung via Gesetz eingeführt, bleiben immer noch die
Steuerungsmöglichkeiten über das  Wassenaar-Abkommen . Dieses erhält
durch die ENFOPOL-Pläne ein starkes Gewicht. 

Eine öffentliche Debatte ist für die Taktiker und Strategen in den EU-
und US-Ministerien "unerwünscht". Nachdem die Lobbyisten aus Industrie
und Wirtschaft bereits weitgehend befriedigt wurden, bleibt das
Kryptoschlachtfeld nurmehr Datenschützern und End-Ottos überlassen.
Falls sich die Diskussion wider Erwarten doch noch in eine für die
"gesetzlich ermächtigten Behörden unangenehme Richtung entwickeln
könnte, könnten noch zu einer beliebten ministerialen Finte greifen
und "Ziel" und "Dienstnummer" ganz nach Bedarf definieren. Alle
Befürchtungen, es handele sich dabei um einen Einschnitt in die
informationelle Selbstbestimmung der Bürger, würden die Beamten dann
als "Mißverständnis" abbügeln. 

Die Autoren des ENFOPOL-Papiers haben auch in einer anderen wichtigen
Sache von den gescheiterten TKÜV-Autoren gelernt: Kein Wort zu den
Kosten. Würden Industrie und Wirtschaft die Kosten für die zu
installierenden Überwachungseinrichtungen vor Ort aufgebürdet, hätten
die "gesetzliche ermächtigten Behörden" von vornherein keine Chancen.
Doch hier schweigt sich das ansonsten beredte Papier aus. Der Ausgang
der Kryptodebatte bleibt somit noch auf längere Zeit ungewiß. 


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