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[Spy Book] Reiner Rupp aka Topas
- To: debate@fitug.de
- Subject: [Spy Book] Reiner Rupp aka Topas
- From: stephan@tmt.de
- Date: Wed, 30 Dec 1998 13:26:03 +0100
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Medienexperimente, mal was fürs Herz, aber auch wg. offener Bücher, Historie,
Hintergrundinfo, diesmal aus einer Papierquelle:
Polmar/Allen: "Spy Book. The Encyclopedia of Espionage", Random House, 1997,
ISBN 0-679-42514-4. Die Übersetzung ist (c)1998 FITUG und wird unter
GPL (http://www.gnu.org) vertrieben.
Rupp, Reiner (geb. 1945)
Bediensteter der North Atlantic Treaty Organization (NATO), der
1977 bis 1989 für die DDR spionierte. Er und seine Gattin verhalfen
der DDR --- und damit der Sowjetunion --- zu Kopien von schätzungs-
weise 10000 Dokumenten. Ihre Spionagetätigkeit, so ein dt.
Ermittler, "hätte der NATO einen Krieg kosten können."
Rupp, geb. in Westdeutschland, wurde 1968 in die Stasi rekrutiert,
als er Student war. Ihm wurde nahegelegt, weiter zu studieren und
auf weitere Anweisungen zu warten. Im Jahr 1970 traf er in Brüssel
die in England geborene Ann-Christian Bowen. Als Sekretärin im
Londoner Verteidigungsministerium war sie 1968 mit der britischen
Militärmission zur NATO gesandt worden. Zu jener Zeit konzentrierte
sich die Stasi auf Sekretärinnen bei der NATO und westdeutschen
politischen und militärischen Stellen. Die Stasi nannte ihre
verführerischen männlichen Agenten "Romeos", aber Rupp hatte wohl
tiefergehende Empfindungen für die britische Sekretärin übrig.
Sie verliebten sich und Rupp gestand ihr, von der Stasi rekrutiert
worden zu sein. Zu diesem Zeitpunkt waren sie sich über ihre
antiamerikanischen und anti-Vietnamkrieg-Ansichten einig. Ohne
weiteres akzeptierte sie seine Spionagetätigkeit und begleitete ihn
nach Ostberlin zum Training, wo sie ebenfalls einverstanden war, zu
spionieren. Sie heirateten 1972.
In ihrer Handtasche schmuggelte sie NATO-Dokumente aus dem Hauptquartier;
einige der Dokumente hatten den Stempel "COSMIC", die höchste NATO-
Geheimhaltungsstufe. Zuhause wurden diese dann von Rupp mit einer
von der Stasi gelieferten Kamera fotografiert und von ihr am nächsten
Tag zurückgebracht. Über ein Stasi-Funkgerät erhielt er verschlüsselte
Anweisungen. Bei ihren Führungsagenten hatten die beiden die Namen
Topas und Türkis.
1977 begann Rupp einen Job in der internationalen Wirtschaftsabteilung
der NATO; er hatte nun auch Dokumente nach Hause zu schaffen und zu
fotografieren. Ann-Christian Rupp spionierte weiter bis 1980, als
sie das erste ihrer drei Kinder zur Welt brachte. Sie sagte später,
sie wurde vom Kommunismus enttäuscht und fühlte, daß Mutterschaft und
Spionage keine gute Mischung ergaben. Die Führungsagenten des Paars
akzeptierten ihre Entscheidung. Rupp machte weiter, aber, wie
Ann-Christian später sagte, "hatten wir ständige Diskussionen und
ich versuchte, ihn dazu zu bringen, aufzuhören."
Rupp bekam Zweifel, ironischerweise weil er aus den NATO-Dokumenten
herauslesen konnte, daß die NATO-Pläne defensiv waren; nach dem
sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979 war er an der Reihe,
enttäuscht zu sein. Er erzählte seiner Frau, er hätte aufgehört, aber
das war gelogen. Geld könnte eine Rolle gespielt haben - die Stasi
zahlte ihm 1500 Dollar im Monat und er machte weiter, als die Berliner
Mauer fiel.
Nach der Wiedervereinigung Oktober 1990 suchten westliche Geheimdienst-
Ermittler in den Stasiakten nach einem Spion mit dem Codenamen Topas.
Schlußendlich, mit Hilfe eines Informanten, kamen sie auf Rupp und
verhafteten ihn und seine Frau, als sie Juli 1993 seine Verwandten
in der BRD besuchten.
"Ich habe falsch gehandelt und bin bereit, dafür zu bezahlen," sagte
Rupp November 1994, als er wg. Verrat zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt
wurde. Ann-Christian bekam 22 Monate auf Bewährung.
Soviel zu diesen schillernden Personen. Meine pers. Meinung: wenn Rupp
glaubhaft machen kann, daß er nicht erpreßbar ist, weder von den einen noch
den anderen, mag seine Einsetzung angehen - es hat sicher Vorteile, jmd mit
diesbzgl. Erfahrung in den Ausschüssen zu haben; daß die Kontrolleure selbst
kontrolliert werden, sollte inzwischen selbstverständlich sein.
Aber wer sind die anderen Kontrolleure?
ralf
--
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