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Welt(un)ordnung



Lieber Ron,

ja, nach den Gründen hinter der Fassade fragt kaum jemand (zumindest 
kein Politiker).

Ich hab in den letzten Tagen auch oft den Vergleich Milosevic-Hitler
gehört. Was wäre gewesen, wenn die anderen Länder nicht ihre
Beschwichtigungsmasche gefahren hätten und so... Damals gab
es allerdings erstens noch keine UNO, zweitens wäre auch nach UNO-
Charta beim ersten Angriff Deutschlands auf ein anderes Land die
Möglichkeit der kollektiven Selbstverteidigung gegeben gewesen.
Und auch da hat damals der Rest der Welt versagt, der Westen genauso
wie der Osten. Ich gebe zu, das hätte den Juden auch nicht geholfen,
zumindest nicht denen in Deutschland. Aber ich meine nicht Appeasement
sondern Containment, den Konflikt sich nicht ausbreiten lassen sondern 
vor Ort zu lösen versuchen. Und was wurde getan? Die NATO hat der
UNO das Zepter aus der Hand genommen - damit regiert auf der Welt 
jetzt nicht mehr der Versuch des gegenseitige Verständnisses zwischen
den Nationen, sondern reine militärische Macht und Schlagkraft. 
Von einer bessere Umsatzsteigernde Maßnahme könnte die Rüstungs-
industrie nicht einmal träumen. Das Resultat: mehr Rüstung, mehr 
Kriege, mehr Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. 
Was für eine humanitäre Aktion. (Übrigens stiegen die Umsätze
der amerikanischen Rüstungsindustrie nach dem Golfkrieg um ein
Drittel. Danny Schechter, ehemals bei CNN und jetzt bei Globalvision,
bezeichnet CNN als einen "Home shopping channel for the military".)

Mit der raus-aus-der-NATO-Bewegung hätte ich auch so meine 
Bedenken. Erster Kandidat dafür wäre wohl Griechenland. Das könnte
allerdings einen Krieg zwischen Griechenland und der Türkei nach 
sich ziehen. Darin wäre Griechanland sehr unterlegen, da die Türkei
sicherlich in der NATO bleiben wollen wird. Ob das dann reichen würde,
um wirklich den Atomschlag Rußlands zu veranlassen, weiß ich natürlich
nicht.

Weltkriege fangen nicht so an, wie wir es uns jahrzehntelang eingeredet
haben. Sie beginnen nicht damit, daß in Minutenschnelle einer nach dem
anderen auf's Knöpfchen drückt und dann sehr schnell alles vorbei ist.
Weltkriege beginnen schleichend, breiten sich aus, wüten über Jahre.
In der jetzigen Welt(un)ordnung ist ein regional begrenzter Atomkrieg 
schon fast führbar geworden. man wird vor der totalen Vernichtung 
zurückschrecken, aber den "gelegentlichen" Einsatz von Atomwaffen
immer mehr in Betracht ziehen.

Meine herzlichen Glückwünsche an den großen Humanisten Schröder!

Ralf Hesse