[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Kosovo-Krieg: Auschwitz-Überlebende ...





=======cut===fwd fyi mfg k.===cut========

## Ersteller: j.a@altmuehlnet.baynet.de
## Betreff:   Auschwitz-Überlebende verurteilen Äußerungen der Bun desregierung zu P
## Erstellt:  15.04.99
## Msg ID:    001101be874f$ef92e420$bd5048d4@barcelona
## Quelle:    /fkf98



++++++ FKF-L: http://www.uni-karlsruhe.de/~listserv/list-info/FKF-L.html ++++++

Auschwitz-Überlebende verurteilen Äußerungen der
Bundesregierung zu Parallelen Auschwitz-Kosovo

Die Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano und Kurt Goldstein
und der WN-BdA-Bundessprecher Peter Gingold, der auch Mitglied
des Auschwitz-Komitees ist, haben sich gemeinsam mit weiteren
jüdischen Überlebenden und Hinterbliebenen des Holocaust gegen
Stimmen gewandt, zugunsten des Auftrages ,,Nie wieder
Auschwitz" dürfe auf das Postulat ,,Nie wieder Krieg" verzichtet
werden. Die Unterzeichner, die zahlreiche Familienmitglieder in
Auschwitz verloren, wiesen diesbezügliche Äußerungen von
Außenminister Joseph Fischer und Verteidigungsminister Rudolf
Scharping zurück. Sie schrieben folgenden Brief an die Minister:


Sehr geehrter Herr Außenminister!
Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister!

Der Verteidigungsminister hatte bereits vor der völkerrechtswidrigen
Aggression der NATO gegen Jugoslawien, an der die Bundeswehr
in verfassungswidriger Weise teilnimmt, bei einem
Bundeswehrbesuch in Auschwitz gesagt: Um ein neues Auschwitz
zu verhindern, "ist die Bundeswehr in Bosnien", und daß sie darum
"wohl auch in das Kosovo gehen" wird. In Erklärungsnot geraten,
berief sich auch der Außenminister auf die neue Art der
Auschwitzlüge, um den verhängnisvollen Verstoß gegen die gerade
auf Grund der Lehren von faschistischem Krieg und Holocaust
geschaffene UNO-Charta zu begründen.

Wir Überlebenden von Auschwitz und anderen
Massenvernichtungslagem verurteilen den Mißbrauch, den Sie und
andere Politiker mit den Toten von Auschwitz, mit dem von
Hitlerfaschisten im Namen der deutschen Herrenmenschen
vorbereiteten und begangenen Völkermord an Juden, Sinti und
Roma und Slawen betreiben. Was Sie tun, ist eine aus
Argumentationsnot für Ihre verhängnisvolle Politik geborene
Verharmlosung des in der bisherigen Menschheitsgeschichte
einmaligen Verbrechens.

Diese Ihre Vorgehensweise soll offenbar einen schwerwiegenden
und nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Charta der Vereinten
Nationen rechtfertigen. Die gegen Deutschland und Japan
siegreichen Völker haben sich diese Charta 1945 gegeben, um
"künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren,
die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die
Menschheit gebracht hat," -- das bekanntlich von deutschem
Boden ausging. Sie beschlossen, die "Kräfte zu vereinen, um den
Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren."

Weltfrieden und internationale Sicherheit werden jetzt gefährdet,
indem gegen ein Gründungsmitglied der UNO Krieg geführt wird,
Krieg von deutschem Boden aus, Krieg gegen ein Land, das größte
Opfer im Kampf gegen Hitler erbrachte und Unschätzbares zur
Befreiung Europas vom Faschismus leistete. Sich als Begründung
für einen solchen Krieg auf Auschwitz zu berufen, ist infam.

Das Vorgehen der jugoslawischen Führung gegen albanische
Minderheiten verstößt gegen die Menschenrechte. Wir verurteilen
es. Wir verurteilen es wie wir das Vorgehen der türkischen
Regierung gegen die Kurden verurteilen und das Vorgehen der
israelischen Führung gegen die Palästinenser verurteilt haben.
Stets haben wir gefordert -- und wir tun es auch jetzt --, daß
dagegen mit den Mitteln vorgegangen wird, die der UNO zu Gebote
stehen. Wer die antifaschistische, den Menschenrechten
verpflichtete Rolle der UNO nicht nutzt, sondern die UNO
ausschaltet und schwächt, der hat jedes Recht verloren, sich auf
antifaschistische Postulate wie ,,Nie wieder Auschwitz" zu
beziehen, zumal er damit zugleich das Recht zum Krieg
begründet. Die Folgen eines solchen Handelns werden ein
Wiedererwachen der Kräfte sein, die 1945 entscheidend
geschlagen zu sein schienen.




Sehr geehrte Herren Minister!

Wir fragen Sie angesichts Ihrer Verlautbarungen und politischen
Praxis:

Soll vergessen sein, daß in diesem Jahrhundert zweimal über
Serbien von deutschem Boden aus Vernichtung und Verwüstung
hinweggingen? Soll vergessen sein das Massaker an einer Million
Serben, begangen von deutschen Nazis im Zweiten Weltkrieg und
ihren in- und ausländischen willigen Vollstreckern? Nach den Juden
hatten die Slawen in Serbien -- gemessen an ihrer
Gesamtbevölkerung -- die meisten Opfer zu beklagen.

Soll vergessen sein, daß die Zerschlagung Serbiens von 1914 bis
1918 jenem Heeresgruppenbefehlshaber und Totenkopfhusaren
August von Mackensen übertragen war, der 1915 und dann immer
wieder das "rücksichtslose Vorgehen" gegen die serbische
Bevölkerung befahl und der dann Hitler bis zuletzt als Propagandist
half -- bis zum Aufruf zum Opfertod der Jugendlichen als
Volkssturm -- und nach dem die Bundeswehr noch immer eine
Kaserne in Hildesheim benennt?

Soll vergessen sein, daß nicht nur kaiserliches Heer, Reichswehr
und Wehrmacht erprobte Serbenschlächter in ihren Reihen hatten,
sondern auch die Bundeswehr? Wir verweisen auf
Wehrmachtoberst Karl-Wilhelm Thilo, der in der Bundeswehr
Generalmajor und Kommandeur der 1. Gebirgsdivision -- jener
Division, die nun wieder auf dem Balkan die deutschen Fahne
vertritt -- sowie stellvertretender Heeresinspekteur wurde. Er
unterzeichnete Massenmordbefehle gegen Jugoslawen, und er
schrieb mit an Büchern, die in der Bundeswehr kursierten, um den
Völkermord zu preisen, so H. Lanz' (Hg.) "Gebirgsjäger - Die 1.
Gebirgsjäger-Division 1935/1945"

Soll vergessen sein, daß der Krieg der Bundeswehr gegen Serbien
eindeutig gegen das Völkerrecht verstößt, nicht nur gegen die UNO-
Charta, sondern auch den NATO-Vertrag, die Schlußakte von
Helsinki, gegen das Grundgesetz und den Zwei-Plus-Vier-Vertrag?
Deutschland hat sich immer wieder zur Einhaltung der UN-Charta
verpflichtet und sie nun mit dem Angriff auf Jugoslawien mit Füßen
getreten. Die Bundeswehr verstieß gegen die Befehle aus dem
politischen Raum. "Darüber hinaus hat die Bundesregierung das
Verbot der Führung eines Angriffskrieges... bekräftigt." (Aus dem
Zwei-Plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990. Zitiert nach
"Weißbuch 1994" der Bundeswehr.)

Soll vergessen sein, daß Jugoslawien mit dem Krieg zur
Unterzeichnung eines Vertrages gezwungen werden soll, der nur
mit dem Münchner Diktat von 1938 verglichen werden kann, mit
dem die CSR zerstört wurde, wie heute Jugoslawien zerstört
werden soll? ,,Ein Vertrag ist nichtig, wenn sein Abschluß durch
Androhung oder Anwendung von Gewalt unter Verletzung der in der
Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätze des
Völkerrechts herbeigeführt wurde." So heißt es im Wiener
Übereinkommen über das Recht der Verträge, Artikel 52.

Wir fordern entschieden: Schluß mit dem Krieg gegen Jugoslawien
und als Sofortmaßnahme: Einstellung der Bombardements.
Verhandeln statt schießen. Wir fordern die Wiederherstellung der
UNO-Charta und Stärkung der UNO. Dies als Beitrag zur
Verwirklichung und Verteidigung der antifaschistischen
Errungenschaften der Völker.


Hochachtungsvoll


Esther Bejarano, Hamburg
Peter Gingold, Frankfurt am Main
Kurt Goldstein, Berlin
Walter Bloch, Düsseldorf
Henny Dreifuß, Düsseldorf
Günter Hänsel, Neuss
Werner Stertzenbach, Düsseldorf

Rückfragen und Möglichkeit der Unterzeichnung bei:
Peter Gingold, Reichsforststr. 3, 60528 Frankfurt am Main,
Tel. und Fax: 069 - 67 26 31 und
Ulrich Sander, Heinrich Sondermann-Platz 14, 44388 Dortmund,
Tel. und Fax: 0231 - 69 80 60

-----------------------------------------------
weitergeleitet von Jesko Arlt

aktuelle Beiträge und Hintergrundinformationen zum Krieg im Kosovo unter
http://www.altmuehlnet.de/news/kosovo/

++++++ Archiv:  http://www.uni-karlsruhe.de/~listserv/archive/FKF-L.html ++++++