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[FYI] EP - Elektronischer Geschäftsverkehr im Binnenmarkt



http://www.europarl.eu.int/dg3/sdp/journ/de/n9905061.htm#2

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Elektronischer Geschäftsverkehr im Binnenmarkt 

Bericht Oddy (SPE/UK) über den Vorschlag für eine Richtlinie über
bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im
Binnenmarkt Dok. A4-248/99, ***I Debatte und Annahme: 6.5.1999

Erläuterungen zur Abstimmung:

Angenommen wurde eine große Anzahl von Änderungen zum
Kommissionsvorschlag. Eine Mehrheit fand sich beispielsweise dafür,
daß die Verbraucher sich in ein "Opt-out"-Register eintragen lassen
können, das die Diensteanbieter regelmäßig kontrollieren müssen.
Dadurch kann der Empfang unerbetener kommerzieller Kommunikation
vermieden werden. Die Kommission hatte lediglich vorgesehen, daß
unerbetene Kommunikation als solche gekennzeichnet werden muß. 

Eine weitere Änderung regelt explizit, daß die Richtlinie 92/28/EWG
über die Werbung für Arzneimittel von dieser Richtlinie unberührt
bleibt.

Der Richtlinienvorschlag der Kommission soll einen einheitlichen und
übergreifenden Rechtsrahmen für den elektronischen Geschäftsverkehr
schaffen und die freie Erbringung von Dienstleistungen der
Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen.
Die Dienste der Informationsgesellschaft werden dabei definiert als
"jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf
individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung". Nach
Artikel 22 sind vom Anwendungsbereich ausgeschlossen das Steuerwesen,
der Schutz der natürlichen Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten, Tätigkeiten der Notare, Vertretung und
Verteidigung eines Mandanten vor Gericht und Gewinnspiele mit Ausnahme
derjenigen, die zum Zwecke der kommerziellen Kommunikation
durchgeführt werden.

Der Vorschlag führt einen Grundsatz ein, wonach Anbieter von Diensten
der Informationsgesellschaft die Bestimmungen des Staates, in dem sie
niedergelassen sind, einhalten müssen. Dadurch wird auch die
Freizügigkeit der Dienste der Informationsgesellschaft sichergestellt.
Die Mitgliedstaaten können sich nicht auf ihre nationale Gesetzgebung
berufen, um sich dem freien Verkehr zu widersetzen.

Elektronischer Geschäftsverkehr, so die Berichterstatterin Christine
Oddy (SPE/UK), sei ein sehr komplexer Bereich. Er biete Vorteile
sowohl für die Verbraucher als auch die Unternehmen. Die Verbraucher
könnten über das Internet einkaufen und sich über das Angebot sehr gut
informieren. Unternehmen haben den Vorteil, daß sie einen größeren
Markt bedienen können.

Es gebe jedoch auch Fallen. Besonders gute Möglichkeiten für Betrug
gebe es beispielsweise bei der Eingabe von Kreditkartennummern in
Computer. Oddy erläuterte, der Kommissionsvorschlag wolle das
Vertragsrecht der 15 Mitgliedstaaten harmonisieren. Es müsse klar
sein, wann ein Vertrag als abgeschlossen zu gelten habe. 

Ein weiteres Problem sei das Urheberrecht, das sei im Internet
schwierig zu schützen. Was die Meinungsfreiheit angehe, so seien die
Kontrollen im Internet bereits strenger als bei Post und Telefon. Im
Hinblick auf unerbetene kommerzielle Kommunikation erläuterte Oddy,
sie solle nicht verboten werden, es solle jedoch die Möglichkeit eines
Opt-Out geben.

Für den Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik verwies
Karsten Hoppenstedt (EVP-CD/D) darauf, daß man sich im Bereich des
elektronischen Geschäftsverkehrs zur Zeit häufig noch mit Visionen
beschäftige. Diese Visionen sollten in zwei bis drei Jahren
Wirklichkeit werden; prognostiziert sei für 2001 eine Zahl von 110
Mio. PC für den elektronischen Handel und ein Handelsvolumen von 200
Mrd. Dollar. Viele Fragen seien beantwortet worden durch den Vorschlag
der Kommission und den Bericht des Ausschusses für Recht und
Bürgerrechte. Daher unterstütze die Fraktion der EVP den
Kommissionsentwurf und große Teile des vom Ausschuß für Recht und
Bürgerrechte vorgelegten Berichts. 

Nicht einverstanden sei die EVP-Fraktion hingegen mit einigen
Änderungsanträgen im Hinblick auf die Haftung von Vermittlern. Diese
Anträge verunsicherten das Gerüst und das Konstrukt des gesamten
Berichts. Abzulehnen sei auch der durch den Abgeordneten Glante
eingebrachte Änderungsantrag, dem zufolge die Ausnahmen für die
Definition des Rundfunks neu diskutiert werden sollten.

Er wünsche sich, daß Annex II so abgestimmt werde, wie er im Ausschuß
für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik beschlossen worden sei,
da sich mit dieser Version der Binnenmarkt besser entwickeln könne.
Dies sei auch sinnvoll im Sinne des Verbraucherschutzes. Das
Verkaufserlebnis müsse neu gestaltet werden und diesbezüglich sei man,
so Hoppenstedt, bereits auf einem guten Weg. 

Für den Kulturausschuß erklärte Renate Heinisch (EVP-CD/D), daß diese
Richtlinie grundsätzlich ein gutes Instrument dafür sei, eine
minimalistische Regelung im Bereich des elektronischen Handels zu
schaffen. Der Bericht von Frau Oddy sehe auch eine deutliche Linie im
Sinne des Kommissionstextes vor. Sie begrüße außerdem, daß die
Kommission die Vorschläge des Kulturausschusses übernommen habe. 

Die freie Meinungsäußerung müsse auch in den Informationsdiensten
gewährleistet werden. Je offener die Netze bleiben würden, desto
größer sei die kulturelle Vielfalt in Europa. Trotz allem müsse die
neue Richtlinie in den Bereichen, in denen ein Handeln auf
Gemeinschaftsebene geboten sei, ein hohes Schutzniveau gewährleisten.
Dies beziehe sich insbesondere auf den Jugendschutz und den Schutz der
Menschenwürde. Desweiteren sei es wichtig, so Heinisch, daß das
Internet allen zugänglich sei. Deshalb plädiere sie für
Fortbildungsmaßnahmen. 

Im Zusammenhang mit elektronischem Arzneimittelhandel betonte
Heinisch, daß es seit über 30 Jahren ein komplexes Regelsystem gebe,
das vor allem dem Schutz der Patienten, beziehungsweise der
Verbraucher, diene. Es bestehe jedoch die Gefahr, daß das Internet die
strikte Kontrolle über Markt, Werbung und Verkauf von Arzneimitteln
teilweise außer Kraft setze. Um den Verbraucher zu schützen, müsse
daher unbedingt auch im Bereich des elektronischen Handels mit
Arzneimitteln die Anwendung der Richtlinie 22/9228 EWG vom 31.3.1992
über die Werbung für Humanarzneimittel garantiert werden.

Für die SPE forderte Roberto Barzanti (I), daß für ein Tätigwerden der
EU alle Informationen auf den Tisch müßten. Dabei müsse natürlich das
Recht auf Datenschutz eingehalten werden. Illegales Verhalten und
Mißbrauch müßten durch elektronische Instrumente bekämpft werden. Die
vorgeschlagene Richtlinie wolle nicht das, was mit dem Urheberrecht
und anderen Rechten wie bei der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen"
schon erreicht worden sei, in Frage stellen. Man müsse klar zwischen
den Technologien, der Verwaltung und dem Schutz der Inhalte
unterscheiden, er erinnere hier nur an den Cyberspace. Im Verlauf von
15 Jahren hätte er versucht, Europa etwas mitzugeben, um einen
Pluralismus der Information zu erreichen, den audiovisuellen Sektor
aufzuwerten und der Vielfalt der Kulturen einen neuen Stellenwert zu
geben. Er hoffe, daß das EP auch ohne ihn in Zukunft entschlossen auf
diesem Weg fortfahren werde.

Es sei schwer gewesen, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der
Diensteanbieter und den Interessen der Verbraucher zu finden, so Ana
Palacio Vallelersundi (E) im Namen der EVP-Fraktion. Die Kommission
habe hier eine wichtige Arbeit geleistet. Man könne nicht alles
regeln, sondern nur das, was sinnvoll sei. Das Parlament wäre schlecht
beraten, wenn es das fragile Gleichgewicht stören wolle. Ihr Kollege
Hoppenstedt habe bereits die Meinung der EVP dargelegt, sie wolle nur
ergänzen, daß die EVP gegen einige Anträge des Rechtsausschusses
stimmen werde, so die Anträge Nr. 45, 46, 47, 48 sowie 50-57, diese
zerstörten das erreichte Gleichgewicht. Es habe keinen Sinn, derartige
Einschränkungen vorzunehmen.

Die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für den elektronischen
Geschäftsverkehr sei unabdingbar, so Gerhard Hager (FL/A). Es müsse
gemeinsame Regeln als Voraussetzung für eine effiziente Abwicklung von
Geschäftstätigkeiten geben. Andererseits könne man ohne den
elektronischen Geschäftsverkehr nicht wettbewerbsfähig bleiben. Er
unterstrich, daß die Aspekte der Sicherheit, des Schutzes vor
illegalen Aktivitäten und der Gesundheitsschutz größte Aufmerksamkeit
verdienten. Der regelmäßige und gewerbliche Mißbrauch des Internets
für illegale Aktivitäten sei inzwischen Realität. Er müsse bekämpft
werden durch wirksame Kontrollmechanismen; hier denke er zum einen an
die Entwicklung von Erkennungsprogrammen für illegale Inhalte, zum
anderen an eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Kontrolle durch
die Betreiber selbst. 

Darüber hinaus wolle er noch auf ein Detailproblem hinweisen. Der
Erwerb von Arzneimitteln via elektronischem Geschäftsverkehr ohne
ärztliche Beratung sei angesichts des Gesundheitsrisikos und der
Gefahr großangelegter Betrügereien zu Lasten der Patienten abzulehnen.
Hiervor warne auch die WHO. Insgesamt bewertete er den vorgeschlagenen
Richtlinienentwurf als einen Schritt hin zu einem für die Gesellschaft
nützlichen Internet. Dieses Ziel sei jedoch noch nicht erreicht. 

Astrid Lulling (EVP-CD/L) konzentrierte sich auf einen Gesichtspunkt,
die Haftung beziehungsweise die Urheberrechtliche Verantwortung. Der
ursprüngliche Kommissionsvorschlag habe unterschieden je nach Art des
Anbieters. Satelliten-Netzbetreiber seien ja nicht die Urheber des
Inhalts, sondern lediglich Vermittler, sie hätten für die Information,
die sie weitergeben würden, eine nachträgliche Verantwortung, doch sie
könnten keine permanente Vorab-Kontrolle durchführen. Sie seien
Dienstanbieter und nicht verantwortlich für den Inhalt, man könne sie
etwa mit Druckern vergleichen, die ja auch keine unbeschränkte Haftung
hätten. Deshalb könne man hier keine Zensur einführen. Sie müsse die
entsprechenden Änderungen ablehnen.

Die riesigen Chancen, die der elektronische Geschäftsverkehr böte,
müßten genutzt werden, so Christa Klaß (EVP-CD/D). Insbesondere könne
dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gestärkt
werden. Wichtig sei es jedoch, einen einheitlichen Rechtsrahmen zu
schaffen, um den Verbraucher zu schützen. Zur Zeit seien dem
elektronischen Geschäftsverkehr auf nationaler Ebene keine Grenzen
gesetzt. Sie forderte daher die Mitgliedstaaten und die Kommission
auf, auf die Ausarbeitung von Verhaltenskodizes hinzuwirken. Es solle
insbesondere möglich sein, unerbetene Kommunikation zu verweigern,
nicht zuletzt im Hinblick auf die für den Empfänger entstehenden
Kosten. Der Verbraucher müsse frei entscheiden können, inwieweit er
derartige Dienste nutzen wolle.

Für die Kommission erläuterte Erkki Liikanen, der Oddy-Bericht ergänze
und präzisiere größenteils den Kommissionsentwurf. Die Kommission
könne deshalb auch eine große Anzahl von Änderungsanträgen
akzeptieren, so die Nummern 1, 2, 4, 6, 7, 12, 13, 16 - 20, 22 - 24,
32 - 34, 37, 40, 41, 43, 45 - 57, 62, 63 - 67. Mit kleineren
Änderungen könne die Kommission die Anträge 3, 5, 11, 15, 25 sowie 29
und 35 übernehmen, außerdem Teile von 9, 14, 38, 51, 69 und 73. 

Die übrigen Anträge könne die Kommission aus vier Hauptgründen nicht
akzeptieren. Bei einer ganzen Reihe von Anträgen sei Ziel und Form
unklar, dies würde zu Rechtsunsicherheiten führen und sei deshalb
nicht akzeptabel. Andere Änderungen würden bereits bestehenden
Vorschriften entgegenstehen, wie beispielsweise dem Datenschutz.
Wieder an- dere würden das Interessengleichgewicht zerstören, das sehr
fragil und schwierig zu erreichen gewesen sei. Wieder andere würden
den Zielen des Europäischen Binnenmarktes entgegenstehen. 

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