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WG: Stellungnahme der Bertelsmann AG




Stellungnahme der Bertelsmann AG zum Vorgang "Rechtsextremistische
Literatur
und e-commerce"


Gütersloh, 10. August 1999. - Das Simon Wiesenthal-Center hat die
Ver-breitung nationalsozia-listischer Literatur wie beispielsweise
Hitlers
"Mein  Kampf" über die online-Anbieter amazon.com und barnesandnoble.com
kritisiert und die Einstellung der Lieferun-gen nach Deutschland
gefordert.
Dazu ist seitens des Hauses Bertelsmann festzu-stellen:

- barnesandnoble.com ist ein amerikanischer e-commerce-Anbieter primär
für
amerikanische Kunden, an dem Bertelsmann mit ca. 40 Prozent beteiligt
ist.
Der andere Hauptgesellschafter (ebenfalls ca. 40 Prozent) ist Barnes &
Noble,
Inc., die bekannteste Buchhandelskette in den USA. Zu amazon.com kann
Bertelsmann keine Stellung nehmen, da wir an diesem Unternehmen nicht
beteiligt sind.

- In der US-amerikanischen Verfassung ist freie Meinungsäußerung eines
der
höchsten Rechtsgüter. Deshalb entsprechen restriktive Eingriffe nicht
der
Gesetzeslage und dem Selbstverständnis der freiheitlichen amerikanischen
Gesellschaft. Die vom Wiesenthal-Center kritisierten Bücher sind
infolgedessen in den USA ungehindert auf allen Vertriebs-wegen zu
erwerben.

- In Deutschland ist der Vertrieb volksverhetzender Schriften, zu denen
auch
"Mein Kampf" zählt, verboten. An dieses Verbot müssen sich auch
ausländische
Anbieter halten, die nach Deutschland exportieren.

- Es gehört zum Wesen des Mediums Internet, daß es globale
Kommu-nikation und
globalen e-commerce ermöglicht. Insofern können auch deutsche Bürger bei
barnesandnoble.com problemlos Bücher ordern.

- Ein unmittelbares Weisungsrecht des Gesellschafters Bertelsmann für
die
Entscheidungen des barnesandnoble.com-Managements besteht nicht.
Bertelsmann
hat allerdings im Gespräch mit dem Chairman of the Board und
Mitgesellschafter von barnesandnoble.com, Len Riggio, auf die nationale
Gesetzeslage in Deutschland hingewiesen und sich dafür eingesetzt, daß
in
Zukunft nationalsozialistische Propaganda-Titel nicht nach Deutschland
geliefert werden.

- Eine solche Einzelfallregelung, wie sie von Bertelsmann als
Gesell-schafter
von barnesandnoble.com angestrebt wird, löst allerdings nicht das
grundsätzlich bestehende Problem, zwischen unterschiedlichen
Auf-fassungen
zum Recht auf freie Meinungsäußerung einerseits und dem
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Schutz der Demokratie vor extremistischen Einflüssen andererseits
ab-wägen zu
müssen - und das auf globaler Ebene.

- Aufgrund unterschiedlicher nationaler Gesetze ist der Verkauf
bestimmter
Bücher in einem Land erlaubt, während sie in einem anderen Land verboten
sind. Es muß ein Hauptanliegen von Politik und Wirt-schaft sein, den
internationalen Rechtsrahmen für e-commerce zu harmonisieren, um solchen
Widersprüchen zu begegnen und damit Rechtssicherheit für Anbieter und
Konsumenten zu schaffen. Inwieweit faktisch ein solcher Abgleich mit den
Rechtsordnungen aller Staaten und Wirtschaftsgemeinschaften überhaupt
erfolgen kann, ist derzeit noch in der politischen Diskussion.



Für Rückfragen:

Marie-Luise Barth
Tel.: 0 52 41 / 80 - 79 55

Markus Payer
Tel.: 0 52 41 / 80 - 25 35

Helmuth Runde
Tel.: 0 52 41 / 80 - 24 66