Unterstützer gesucht ICANN-Wahl: Kandidaten-Schaulaufen hat
begonnen Bernd Kupilas Bei den umstrittenen Wahlen für den
Internet-Verwaltungsrat ICANN hat nun die Auswahl der Kandidaten
begonnen. In Europa haben sich 64 Bewerber selbst nominiert, davon
22 allein aus Deutschland. Sie alle müssen in einer Art Vorwahl
Unterstützer im Wahlvolk finden, bevor sie offizielle
Kandidaten werden können.
HB DÜSSELDORF. Der Wahlkampf für das
Internet-Verwaltungsorgan ICANN (Internet Corporation for Assigned Names
and Numbers) kommt langsam in die heiße Phase: In Europa
bemühen sich nun insgesamt 64 Bewerber um die zwei noch offenen
Kandidatenplätze für die Wahl zum
ICANN-Direktoriumsmitglied. Zusammen mit den fünf bereits von
einem Nominierungskommitee bestimmten Kandidaten werden dann
insgesamt sieben Kandidaten um die Gunst des Internet-Wahlvolks in
Europa buhlen. >>Liste der europäischen Bewerber um eine
Kandidatur
ICANN ist eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in den USA und kümmert sich unter anderem um das Domainnamensystem, das Kommunikation im weltweiten Datennetz erst möglich macht. Der Internet-Wahl wird weltweit mit großem Interesse verfolgt - zumindest von Insidern, von denen viele den ersten virtuellen Urnengang für den ICANN-Vorstand als einmaligen Versuch zur Demokratisierung der Organisation ansehen. Kritiker befürchten, dass es mit der Demokratie auch künftig nicht weit her sein werde. Von 18 Vorständen werden Ende dieses Jahres erstmals fünf vom Internet-Volk gewählt, für jede Weltregion einer. Im kommenden Jahr sollen noch einmal vier Direktoriumsmitglieder gewählt werden. Weltweit haben sich 158000 Internet-Nutzer zur Wahl angemeldet. Die Frist für die Registrierung ist bereits abgelaufen. Die 64 Bewerber haben sich selbst für die umstrittene
Internet-Wahl vorgeschlagen. Doch bevor sie offizieller Kandidat
für die Wahl in das so genannte ICANN-Board werden können,
müssen sie noch eine Hürde nehmen. Sie brauchen die
Unterstützung von mindestens zwei Prozent der registrierten
ICANN-Wähler in ihrer Region. Bei 35 942 Wählern, die sich
in Europa für die Wahl registrieren ließen, macht das
mindestens 719 Unterstützer. Noch bis Ende August reicht die
Frist, bis zu der die Bewerbern ihre Lobby gefunden haben
müssen. Von den 64 Bewerbern kommen allein 22 aus Deutschland. Damit bestätigt sich der Trend, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein sehr grosses Interesse an den ICANN-Wahlen zeigt. Schon bei der Wählerregistrierung hatten die Deutschen die Nase vor. Von insgesamt fast 36&nbsP,000 europäischen Internet-Nutzern, die sich bis Ende Anfang August zu der Wahl angemeldet haben, stammen 20475 aus Deutschland, aber nur 3040 zum Beispiel aus Frankreich. Unter den Bewerbern finden sich kuriose Querköpfe, aber auch sehr ernst zu nehmende Internet-Fachleute. So läßt die Selbstdarstellung von Jörg Clausen eher auf eine Spaß-Bewerbung schließen. Der gibt nämlich offen zu, dass er keine Ahnung von der Materie hat, sieht sich aber als „Experte für das Stellen dummer Fragen“ - und somit als ausreichend qualifiziert. Sein zentrales Wahlversprechen: „Sollte ich gewählt werden, würde ich gerne bei ICANN aktiv mitarbeiten." Andere Bewerber sind wohl geeigneter, wie zum Beispiel Jeanette Hofmann vom Wissenschaftszentrum Berlin. Sie kennt sich in der Problematik der Domainnamen aus, dem zentralen Arbeitsfeld von ICANN. Auch aus der Wirtschaft kommen etliche Selbstnomienierungen. So bewirbt sich zum Beispiel Florian Korff, Vorstandsmitglied des Deutschen Multi-Media-Verbandes (dmmv) in Düsseldorf. Auch Axel Zerdick kann auf Unterstützung aus der Wirtschaft hoffen. Er wird von der Initiative D21 unterstützt. | ||||
HANDELSBLATT, Dienstag, 15. August 2000 |