FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

FITUG: Beschränkung von Kryptoexporten sinnlos und gefährlich

Der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (FITUG) wendet sich gegen sinnlose und gefährliche Beschränkungen des Exports von kryptographischer Software.

Laut einer Pressemitteilung des amerikanischen Krypto-Sonderbotschafters David Aaron ist bei den Verhandlungen der 33 Teilnehmerstaaten zum Wassenaar-Übereinkommen Einigung darüber erzielt worden, kryptographische Produkte mit einer Schlüssellänge von über 64 Bit (symmetrisch) einer Exportkontrolle zu unterwerfen.

Die praktische Umsetzung dieser Exportkontrollen in nationalen Regelungen darf nicht dazu führen, daß die europäischen Staaten und insbesondere die Bundesrepublik Deutschland Exportbeschränkungen ähnlich denen einführen, die in den Vereinigten Staaten in Kraft sind.

Beschränkungen der Exportierbarkeit kryptographischer Massenmarktsoftware fordern einen hohen Preis: Die Verteilung derartiger Software per Internet auch im Inland würde eingeschränkt. Der weltweite Einsatz offener Standards zur Datenverschlüsselung und Authentitätssicherung würde verzögert und erschwert. In der Konsequenz beschneiden jegliche Beschränkungen des freien, weltweiten Zugangs zu Verschlüsselungssoftware die Möglichkeiten des Bürgers, seine Privatsphäre zu schützen. Die Kommunikation des gesetzestreuen Bürgers wird schutzlos den Abhörbegehrlichkeiten der Dienste "befreundeter Staaten" wie auch den Angriffen krimineller Organisationen ausgeliefert.

Diesem Preis steht keinerlei Nutzen gegenüber: Den Zugriff verbrecherischer Staaten auf Verschlüsselungstechnologien dadurch einschränken zu wollen, daß die Exportierbarkeit von frei kopierbarer oder frei verkäuflicher Software eingeschränkt wird, grenzt ans Lächerliche. Gleiches gilt für verbrecherische Organisationen gleich welcher Couleur, die sich durch staatliche Beschränkungen sicherlich nicht davon werden abhalten lassen, starke kryptographische Verfahren zum Schutze ihrer Kommunikationswege zu nutzen.

Im Ergebnis führt jede Beschränkung des Zugangs zu kryptographischer Software für Endnutzer zum gleichen Ergebnis: Der Schutz von Telekommunikation gegen Lauscher wird zum Privileg Krimineller, der rechtschaffene Bürger wird der Datensammelwut schutzlos ausgeliefert.

Angesichts einer solchen Entwicklung verkäme der hochgelobte Datenschutz europäischer Prägung zu seiner eigenen Karikatur.

Wie Mosaiksteine passen die verschiedenen Aktivitäten der jüngsten Zeit zusammen: Zu den Exportrestriktionen, die auch eine interne Verteilung hindern, kommt die Forderung der "ermächtigten Behörden", also von Polizei und Geheimdiensten, nach einer möglichst leichten und umfassenden Überwachung der Kommunikation.

Zu einer heftigen Kontroverse innerhalb des Europaparlaments führte die Aufdeckung von Überwachungseinrichtungen, die von den USA und Großbritannien unter dem Namen ECHELON einerseits und von Frankreich andererseits betrieben werden. Diese Einrichtungen dienen der Totalüberwachung jeglicher satellitengestüzter Kommunikation und praktisch des gesamten Internetverkehrs.

Bei diesen Aktivitäten geht es nicht um gerichtlich genehmigte Überwachungsmaßnahmen, sondern um eine Totalüberwachung jeglicher Kommunikation durch Geheimdienste, die die Stasi vor Neid hätte erblassen lassen.

Es ist nicht verwunderlich, daß die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich als Nutznießer dieser Systeme Motor einer Behinderung von Verschlüsselung sind.

Das Bundesverfassungsgericht spricht im Volkszählungsurteil von einer Gefahr für die Demokratie, wenn niemand mehr sich äußern kann, weil er letztlich nicht mehr weiß, was über ihn gespeichert ist, und Repressalien fürchtet. Zukünftig braucht man sich vielleicht keine Sorgen mehr zu machen: Jedes Telefonat, jede E-Mail und jede elektronisch übertragene Information könnte staatlichen Stellen zur Verfügung stehen.

Der FITUG e.V. fordert daher die Bundesregierung und alle Datenschützer auf, sich der öffentlichen Diskussion zu stellen und von einer "amerikanischen" Lösung der Kryptofrage Abstand zu nehmen.

Über FITUG

Der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft FITUG e. V. (FITUG) schafft Verbindungen zur virtuellen Welt der Neuen Medien und der Datennetze. In unserer Satzung heißt es dazu: "Zwecke des Vereins sind die Förderung der Integration der neuen Medien in die Gesellschaft, die Aufklärung über Techniken, Risiken und Gefahren dieser Medien, sowie die Wahrung der Menschenrechte und der Verbraucherschutz in Computernetzen. Durch die genannten Zwecke sollen Kultur, Bildung und Wissenschaft gefördert werden."

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webmaster@fitug.de, Thu Dec 10 13:46:31 MET 1998