Lauschangriff aus Brüssel

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Donnerstag NACHRICHTEN 3.12.98

Lauschangriff aus Brüssel

Telefon, Fax, Handy, Internet: Alles soll überwacht werden

Bonn/Brüssel - Die Regelungswut der Brüsseler Eurokraten macht vor nichts mehr halt: Jetzt wollen sie auch das Überwachen von Telefonen, Handys, Fax-Sendungen, e-mails und Internet durch Polizei und Europol festschreiben.

"Enfopol 98" heißt das "vertraulich" gezeichnete Papier der Brüsseler Polizeiexperten, das die Innen- und Justizminister der 15 EU-Staaten demnächst beschließen sollen. Es soll kein Kommunikations-Schlupfloch mehr offen- bleiben:

Das Telefon kann abgehört werden, egal ob die Verbindung über Kabel oder Satellit geht. Oder per Internet.

Mobilfunk-Unternehmer müssen garantieren, daß kein Handybesitzer unentdeckt bleibt, auch wenn er über das Ausland oder mit Wertkarten telefoniert.

Internet-Provider müssen bei Überwachungsmaßnahmen sogar die Paßwörter ihrer Kunden herausrücken.

Verschlüsselung von Daten soll nur erlaubt sein, wenn der Schlüssel hinterlegt wird.

Überhaupt keine Rücksicht nimmt die Verordnung auf rechtsstaatliche Regelungen wie in Deutschland, wo Abhören nur mit richterlicher Genehmigung erlaubt ist.

Die ersten Proteste kommen bereits aus dem Koalitionslager. Der grüne Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sprach von einem "gefährlichen, teuren und fragwürdigen Vorhaben", und die SPD-Internet-Arbeitsgemeinschaft "Virtueller Ortsverein" forderte Innenminister Otto Schily auf, sich dem europäischen Überwachungsstaat zu widersetzen. Schilys Sprecherin meinte allerdings, in dem Entwurf stehe nichts, was nicht mit deutschen Recht verträglich sei.

Ulrich Rosenbaum


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