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http://www.spiegel.de/spiegel/deutschland/52032.html
LAUSCHANGRIFF
Auf einem Ohr blind
Auch die neue Regierung will, daß der BND unkontrolliert im Äther lauscht. Das Bundesverfassungsgericht muß entscheiden, ob die Schnüffelpraxis legal ist.
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Kein Außenstehender blickt durch, auch die nicht, denen die Kontrolle des Apparats von Gesetzes wegen obliegt. Der SPD-Abgeordnete Claus Arndt leistete im Karlsruher Gerichtssaal den Offenbarungseid. Der stellvertretende Vorsitzende der G-10-Kommission des Bundestages - eines geheimen Zirkels, der die Abhöroperationen des BND überwachen soll - gestand, eine wirksame Kontrolle sei bei dem Umfang der Aktivitäten nicht mehr möglich. Arndt, Lauschexperte seit 30 Jahren: "Ich habe Bauchschmerzen."
Wie erfolgreich der Raubzug auf den globalen Datenautobahnen tatsächlich ist, gehört bei allen Diensten zu den Top-Geheimnissen. Längst ist die weltweite Kommunikation vogelfrei, der tausendfache Lauschangriff inzwischen Gewohnheitsrecht von Regierungen und ihren Geheimdiensten. Grenzen setzen nur technische und finanzielle Möglichkeiten.
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In Monschau in der Eifel erfaßt der BND in der Kurzwelle flächendeckend "fremde diplomatische Verkehre", auch die verschlüsselten Telefonate und Faxe aller Botschaften in Bonn. Mit Hilfe von amerikanischen Cray-Supercomputern versuchen Spezialisten, die Codes zu entschlüsseln, mehr als ein Dutzend hat der BND bereits geknackt; die der Japaner und der Italiener trotz heftiger Anstrengung noch nicht.
Im Umgang mit Material aus dem Äther sind die Pullacher pingelig: Nicht einmal das Kanzleramt erhält Originalmitschnitte. Mit farblichen Markierungen weist der BND die Empfänger auf die besondere Sensibilität der Informationen hin: Ein gelber Strich am Rand ("Gelbstrich") steht für abgefangene Telefonate, Faxe und Telexe. "Rotstrich" kennzeichnet geknackte diplomatische Funkpost. Empfänger: das Auswärtige Amt von Joschka Fischer.
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UDO LUDWIG, GEORG MASCOLO