FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

dmmv: "Klarstellung"

http://www.newsaktuell.de/4d.acgi$getstory?64757


Klarstellung zu E-mail-Werbung und dem Rauschen im Cyberspace

Düsseldorf (ots) - Die Pressemitteilung des dmmv vom 11.1.1999 (dmmv Europa-Aktivitaten für Electronic Commerce http://www.dmmv.de/presse/eu99_01.htm) hat für einiges Aufsehen gesorgt. Hierzu möchten wir klarstellen: Der dmmv weiß um das Belästigungspotential unkontrollierter Werbeemails für den Nutzer; neben dem Schutz der informativen Selbstbestimmung des Nutzers muß jedoch auch die Freiheit der kommerziellen Kommunikation gegeben sein. Die Diskussion um den Schutz beider Interessen steht noch am Anfang. Der dmmv lädt alle Beteiligten dazu ein!

Ein Teil der Presse und des Publikums hat unserer Pressemitteilung vom 11.1.99 entnommen, daß sich der dmmv bei der EU-Kommission in Brüssel für die Freigabe von E-Mail-Werbung eingesetzt hat. Das steht zwar in der Pressemitteilung nicht explizit drin, kann ihr aber aufgrund der teilweise unglücklichen Formulierung des Textes durchaus entnommen werden. Deshalb sind einige klarstellende Worte zum Hergang und zur Sachproblematik angebracht, aber auch die Lösungsansätze und das Echo sollen hier dargestellt werden.

1.Der Sachverhalt Der dmmv hatte die Gelegenheit, auf die Grundentscheidungen zum Inhalt des Entwurfs der E-Commerce-Richtlinie im Vorfeld der Erstellung des Textentwurfs Einfluß zu nehmen. Die Gesprächspartner des dmmv beabsichtigten zu diesem Zeitpunkt, eine völlige Freigabe von E-Mail-Werbung im Richtlinienentwurf zu verankern. Demgegenüber forderte der dmmv, Werbesendungen zumindest als solche zu kennzeichnen.Diese Anregung ist in den Richtlinienentwurf eingeflossen (vgl. Artikel 7). Die von uns geforderte Volumenbegrenzung von 5 KB ist in diesen Entwurf allerdings nicht aufgenommen worden. Dadurch konnten wir einen Mindestschutz der EU-Bürger vor unverlangter E-Mail-Werbung erreichen (nach dem jetzigen Vorschlag sind die Mitgliedsstaaten berechtigt, strengere Regelungen zu erlassen oder anzuwenden).

2.Die Sachproblematik Die Fehleinschätzung der Lobbyarbeit des dmmv wurde dadurch begünstigt, daß wir - wie der Pressemitteilung zutreffend zu entnehmen ist - keineswegs für ein generelles Verbot von E-mail-Werbung in der EU eintreten. Hierfür gibt es folgende Gründe:*Ein auf den Raum der Europäischen Union beschränktes Werbeverbot wäre praktisch wertlos: Das gelebte Beispiel der Telefaxwerbung zeigt, daß die hierzu geltende Rechtsprechung in Deutschland nur dazu geführt hat, daß die Werbefaxe nunmehr aus dem Ausland oder ganz ohne Absenderkennung verschickt werden.

*Ein auf den Raum der Europäischen Union beschränktes Werbeverbot bedeutete aber auch eine massive Diskriminierung aller Werbetreibenden in Europa, - nicht nur der Werbebranche selbst, sondern jedes Unternehmens, das mit dieser Werbeform auf seine Produkte aufmerksam machen will. Was diesem verboten wäre, wäre gleichzeitig der Konkurrenz in den U.S.A., in Japan, Singapur oder Südafrika erlaubt.Angesichts der Globalisierung der Märkte und der Entstehung einer globalen Community wäre dies aus unserer Sicht ein völlig untragbares Ergebnis!

*Ein abstraktes Verbot von bestimmten Werbeformen wäre einmalig, - selbst in Deutschland: Die Telefaxwerbung ist bei uns keineswegs gesetzlich verboten - sie ist weder strafbar noch kann sie ein Bußgeld nach sich ziehen. Die deutschen Gerichte haben vielmehr lediglich entschieden, daß ein (rein zivilrechtlicher) Anspruch gegenüber dem Absender auf Unterlassung besteht.Überall ist die "unerbetene kommerzielle Kommunikation" (so die Bezeichnung im Richtlinienentwurf) zulässig und gegenwärtig: im Fernsehen, im Radio, in Zeitungen und Zeitschriften und natürlich auch im Hausbriefkasten.

Sachlich beruht die Forderung nach einem Verbot von E-Mail-Werbung auf einer mangelhaften Problemdifferenzierung: Auch die Faxwerbung wird von den Gerichten nicht als Werbeform per se beanstandet, sondern nur deshalb, weil sie Ressourcen des Empfängers in Anspruch nimmt und ihm Kosten verursacht. Dieses Problem kann natürlich auch bei der E-Mail-Werbung bestehen; deshalb tritt der dmmv dafür ein, daß differenzierte Lösungen zur Entschärfung der Problematik entwickelt werden. Ein generelles Verbot dieser Werbeform wäre hingegen nicht nur völlig ungeeignet, sondern ein nicht im mindesten problemorientierter Lösungsansatz, der in seinen Konsequenzen weitüber das an sich verfolgte Ziel hinausschießt.

3.Die diskutierten Lösungsansätze Jede Diskussion über (vermeintliche oder tatsächliche) Unzuträglichkeiten durch E-Mail-Werbung muß - um seriös zu sein - vor dem Hintergrund eines Vergleiches mit anderen Werbeformen geführt werden. Die Probleme, die im Zusammenhang mit Werbung auftreten können, sind nicht neu. Aus der Problembehandlung bei anderen Werbeformen können wir vielmehr sowohl etwas über Interventionsmöglichkeiten lernen, als auch die richtigen Maßstäbe für die Intensität einer Intervention gewinnen: Auch der elektronische Briefkasten ist letztendlich ein Briefkasten - nur eben auf einer anderen technischen Basis (so daß daraus resultierende Besonderheiten zu berücksichtigen sind).

a)Ein grundlegendes Prinzip ist aus unserer Sicht, daß der Adressat einer Werbemaßnahme eigenverantwortlich darüber entscheiden kann, ob er eine Werbebotschaft erhalten, d.h. die Werbung, wahrnehmen will oder nicht.Wenn die EU-Richtlinie so verabschiedet wird und von den Mitgliedsstaaten auch so umgesetzt wird, wie es im Entwurf steht, entsteht durch die Kennzeichnungspflicht ein wirksamer Schutz des Adressaten; einen geeigneten Mail-Filter besitzen die modernen E-mail-Clients.

b)Ungelöst ist bisher das Problem der Download-Kosten (in der Regel nur Telefongebühren, da inzwischen die meisten Provider den E-Mail-Dienst ohne besonderes Nutzungsentgelt anbieten). Auch der dmmv hält es für richtig, hier geeignete Gegenstrategien zu entwickeln, um den Adressaten vor aus seiner Sicht unnötigen Kosten zu schützen. Denkbare Lösungsansätze sind hier:

*Selektiver Abruf der E-Mails durch den User anhand eines Inhaltsverzeichnisses des elektronischen Briefkastens; geeignete E-Mail-Clients gibt es. Dies entspricht im übrigen ziemlich exakt der Situation bei der Leerung des Hausbriefkastens.

*Filterprogramme beim Provider ("Envelope-Kennzeichnung"): Hier besteht allerdings noch erheblicher Klärungsbedarf. Dies entspricht dem Aufkleber am Briefkasten.

*"Robinson-Liste": Eine derartige Einrichtung für Werbesendungen aus Papier existiert bekanntlich schon lange und mit zufriedenstellendem Erfolg.

c)Opt-in-Listen: hier können sich Nutzer bei Anbietern (Werbeemailversender, Inhalteanbieter, Listversender etc.) eintragen, um von diesen auf eigenen Wunsch Werbung zu erhalten.Dies bedarf alles noch der eingehenden Diskussion. Auch der dmmv steht bei der Meinungsbildung in seinen Gremien erst noch am Anfang.Für jeden konstruktiven Beitrag sind wir dankbar (mailto: werbemail@dmmv.de). Wir bieten hier eine Diskussionsplattform für Anbieter und Nutzer an.

4.Das EchoIn den wenigen Tagen seit Veröffentlichung der Pressemitteilung haben wir mehr Feedback aus der Community erhalten als jemals zuvor. All jenen, die sich sachlich mit der Problematik auseinandergesetzt haben oder auch nur spontan ihre Bestürzung über die vermeintliche Position des dmmv zum Ausdruck gebracht haben, danken wir.Wir haben aber auch Post von einigen Nutzern bekommen, die den Unterschied zwischen E-Mail-Werbung, einer prinzipiell absolut seriös einsetzbaren Werbeform, und einem mißbräuchlichen Spamming nicht begriffen haben. Damit muß man zwar leben, - aber das ist nicht die Diskussion, die jetzt notwendig ist und die wir uns wünschen!Wie dem auch sei: Das Mißverständnis hat jedenfalls die Diskussion positiv gefördert. Der dmmv wird sich auch in dieser Frage dafür einsetzen, daß das große Projekt Internet zum Nutzen beider Seiten - Anbieter und User - weiterentwickelt wird!

5.Schlußbemerkung Der dmmv bedaürt ausdrücklich, daß auf Grund der im Punkt "Kommerzielle Kommunikation" mißzudeutenden Formulierung der Pressemitteilung vom 11.1.1999 ein falscher Eindruck entstanden ist, und daß in der Berichterstattung die wesentlichen Errungenschaften des Vorschlags der EU zur rechtlichen Grundlage von Electronic Commerce nicht gebührende Beachtung fanden.Aus diesem Grunde hier nochmals eine kurze Zusammenfassung:

*Verantwortlichkeit für Inhalte (hier hat sich die EU am deutschen IuKDG orientiert, wonach der Inhalteanbieter für die Inhalte verantworlich ist; weiteres siehe IuKDG)

*Rückbestätigung bei Kauf / Bestellung von Waren im WWW (hier standen der Schutz und die Information des Verbrauchers im Vordergrund, denn nun ist vorgesehen, daß der Verbraucher noch vor der endgültigen Bestätigung des Kaufs genau Auskunft über seinen Kauf erhält (Produkt, Anzahl, Preis, Lieferbedingungen, Rückgabemodalitäten, Produkthaftung, etc.).

ots Originaltext: dmmv Im Internet recherchierbar: http://www.newsaktuell.de


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