FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Im Rueckblick: Internetstandort DE - "Null Ahnung"

http://www.zdf.msnbc.de/news/44232.asp


Aktuelles Interview mit Felix Somm Der Ex-Compuserve-Chef berichtet über sein Leben nach dem Urteil

Von Nico Ernst (Tecchannel)

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FRAGE: Der Richter selbst hat heute nochmals betont, dass Sie 1995 und 1996 alles getan haben, um den Strafverfolgungsbehörden zu helfen. Haben Sie das jemals bereut?

h SOMM: Eigentlich nicht. Für mich war immer das Ziel: Wir wollten etwas dagegen tun. CyberPatrol war sicher die beste damals mögliche Lösung, wenn wir andere gehabt hätten, hätten wir auch das noch gemacht. Jeden, den man irgendwo erwischen konnte, wollten wir erwischen. Wie haben bei der ersten Durchsuchung schon gesehen: Die Polizei hat sehr, sehr wenig Ahnung, wie das Internet funktioniert. Sie hatte Null Ahnung, wie man irgendeine Spur zurückverfolgen kann. Und damals haben wir gesagt: Wir haben die Experten da, also nutzt die, denn wir haben ein Interesse, dass die gefasst werden. Ich würde das Gleiche heute noch tun. Wenn wir irgendjemandem helfen können, einen Verbrecher zu finden, und wir haben auch in der heutigen Firma die Experten, dann bin ich der Erste der sagen würde: Die Zeit ist gut investiert.

FRAGE: Wann haben Sie zum ersten Mal davon erfahren, dass man über CompuServe strafbare Inhalte aus Newsgroups abrufen kann? Erst dann, als die Staatsanwaltschaft Sie angeschrieben hat?

SOMM: Die haben uns nicht angeschrieben. Die standen mit drei Bussen voller Polizisten vor der Tür, und hatten wohl gedacht, dass es da viel abzutransportieren gäbe. (Anm. d. Red: CompuServe unterhielt damals in Deutschland kein eigenes Rechenzentrum.) Dass im Internet grundsätzlich Probleme da sind, das kann niemand verleugnen - das hat jeder gewusst. Das Interessante war ja auch, dass mir der Staatsanwalt das vordemonstrieren wollte an dem Tag, und es nicht konnte. Von daher haben wir im Anschluss der Durchsuchung gesagt, da muss irgendwas sein, und haben gesucht. Aber keiner der Beamten konnte während der Durchsuchung etwas finden oder uns etwas aufzeigen. Wir haben dann die Problematik erkannt: Die Polizei hatte andere Newsreader und andere Grafiksoftware eingesetzt. Wenn ich natürlich ganz konkret den Hinweis habe, bis auf den Punkt genau - dann finde ich das Zeug. Das war sicher auch ein Problem im Nachhinein: Wir haben die Pädophilie-Newsgroups gesperrt, auf Grund eines konkreten Hinweises. In der Menge der News ist aber das Suchen und Sperren nicht unbedingt etwas, das ich sehr einfach und schnell tun kann.

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FRAGE: Hat CompuServe Inc. jemals daran gedacht, die deutsche Niederlassung zu schließen, weil man dort den Geschäftsführer vor den Kadi zerrt?

SOMM: Nein, weil die deutsche Niederlassung jahrelang die prosperierendste in Europa war. Wir hatten damals - das kann man auch noch nachlesen - die Absicht, in ein relativ großes Gebäude in Unterhaching zu ziehen. Wir hatten damals auch noch die Idee, ein Rechenzentrum aufzubauen mit Internettechnik, um besser auf die lokalen Bedürfnisse eingehen zu können. Das ist damit natürlich alles auf Eis gelegt worden. Die Entwicklung ist dann ganz anders gegangen. Wie sie sonst gelaufen wäre, kann heute keiner einschätzen. Damals sind wir von einem Unternehmen unterstützt worden, das mit Hundertprozent Volldampf in die Zukunft gefahren ist. Schließlich hat man dann gesagt: Wollen wir in Deutschland investieren? Wir haben ja noch England, wir haben ja noch Paris. Wo ist der richtige Standort? Und das war natürlich nicht mehr das Argument, dass wir sagen können, wir haben hier alle Unterstützung der Welt...

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